Mittwoch, 12. Oktober 2011

Mut zur Lücke


"Selten war Stille so aussagestark",

schreibt off the record und meint damit ein außergewöhnliches Interview im Handelsblatt. Außergewöhnlich deshalb, weil das mit einem Banker geführte Interview nur aus Fragen ohne Antworten besteht. Wie das?

Off the record lässt sich über die gängige (gängelnde) Praxis aus, Interviews nur nach erfolgter Autorisierung ("Abstimmung") durch den Interviewpartner für den Abdruck freizugeben:
"Manchmal kommen solche Interviews verbessert zurück, manchmal weichgespült, zuweilen dreimal chemisch gereinigt.

Hin und wieder druckt ein Blatt das Interview dann gar nicht, wenn es gar zu sinnentstellend gekürzt wurde. Man erfährt davon selten. Es sei denn, die Redaktion zeigt sich öffentlich erbost und dokumentiert die Schwärzungen."
Daraus darf gefolgert werden, dass im vorliegenden Fall das Handelsblatt extrem erbost ist und sich nicht scheut, dies öffentlich zum Ausdruck zu bringen. So erbost, dass statt Schwärzungen nur noch weißer, unbeschrifteter Raum zu sehen ist - "das Schweigen der Banker".
"Das Interview mit Baudoin Prot, Chef von BNP Paribas, wurde mehrfach überarbeitet, was noch nicht allzu ungewöhnlich ist, dann aber komplett zurückgezogen. Das Handelsblatt druckt nun eben nur die Fragen - und das Schwiegen des Bankers. Lesenswert."
In der Tat. Noch lesenswerter der abschließende Kommentar von otr:
"Selten war Stille so aussagestark. Es sagt mehr über die Eurokrise und das Finanzsystem als alle Kommuniqués und Sprechblasen der vergangenen Wochen, wenn nicht einmal mehr desinfizierte Statement möglich sind."
Was soll man dazu sagen? Worüber man nicht sprechen kann, sollte man besser schweigen.

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