Mittwoch, 29. Mai 2013

Und bist du nicht willig


Wer sagt, dass Sitzungen der EU-Kommission langweilig und trocken sein müssen? Müssen sie gar nicht. Vor drei Stunden wurde während der Pressekonferenz von Kommissionspräsident Barroso der folgende kapitale Bock geschossen:
"Ich glaube, alle Länder in Europa sind in der Lage, sich selbst zu regieren, vorausgesetzt, sie folgen den Empfehlungen der Kommission."
Volltreffer, versenkt. Wie es heißt, sei die Erheiterung im Saal nicht endend wollend gewesen. Ich halte mir jetzt noch die Rippen.

Dienstag, 28. Mai 2013

Selbstaufrichtend für den Verkehr


Was einmal steht, hat für immer zu stehen. Schlapp machen gilt nicht. Jedenfalls nicht in einer von Global-City-Metropolen-Wahn dauererigierten Stadt wie Frankfurt. Hier wird nicht geschwächelt, hier hängt keiner schief in der Gegend herum, nein, hier wird stramm und dauerhaft aufrecht gestanden. Weil, wie sieht das denn sonst aus?

So sieht das aus. Hier in Frankfurt.

Und jetzt her mit der blauen Pille.

Montag, 27. Mai 2013

Kuh-Faktor


Es gibt so Momente, da wäre ich gern eine Kuh. 


Und zwar immer dann, 
wenn ich denke, 
unser fabelhaftes System 
ist wie ein Auto im Winter:
hochgetuned
kältestarr
blöd in der Gegend rumstehend
und bei näherem Hinsehen 
schrottreif.

Vom Hinschauen und Wegsehen


"Auf die Angriffe von Neonazis, die an Heftigkeit zunehmen, reagiert die Polizei mit Wegsehen."
Kommt einem irgendwie bekannt vor. War das nicht, ja richtig, das war doch in Griechenland, oder? Na gut, vielleicht ist war das falsche Wort, vielleicht wäre ist das zutreffendere Wort, aber okay, dann ist das halt so in Griechenland, kennt man ja inzwischen, diese Geschichten rund um die Neonazis von Golden Dawn, und dass die bei ihren öffentlichen Angriffen von der Polizei toleriert werden, ist ja nun auch nichts Neues mehr, hat man sich irgendwie dran gewöhnt, holt ja keinen Hund mehr hinterm Ofen vor, irgendwie, weil, ist halt so in Griechenland, was soll man groß machen, klar kann man sich darüber empören, aber was soll's, kann sich schließlich kein Mensch pausenlos über griechische Neonazis empören, irgendwann ist ja dann auch gut, ne, also, nee, gut ist das natürlich nicht, was da in Griechenland abläuft, aber so läuft's halt in Griechenland, ne, das mit der Krise dort und den Neonazis und der öffentlichen Jagd auf Immigranten, hat inzwischen jeder schon zum tausendsten Mal davon gehört und irgendwann interessiert es einen halt nicht mehr so dolle, weil, ist halt so in Griechenland, aber ist ja nur in Griechenland so und überhaupt, Griechenland ist ja schon ein Fall für sich, wegen der Krise dort und so, also, mehr so eine Art Spezialfall irgendwo da unten in Südeuropa, kann man doch so sagen, irgendwie, ne?

Nein. Kann man nicht sagen.

Das Zitat entstammt einem ausführlichen Bericht über die seit sieben Tagen anhaltenden schweren Straßenkämpfe in Schweden. Kämpfe von Menschen aus den ärmsten Vierteln Stockholms, meist Jugendlichen aus (mittlerweile 15) Immigrantenvierteln. Kämpfe, die sich mit jedem Tag auf mehr Städte des nordeuropäischen Landes ausbreiten.

In denselben Städten, in denselben Vierteln organisieren sich mit jedem Tag mehr Neonazi-Gruppen, die den kämpfenden Immigranten den Kampf ansagen, nur dass die Immigranten von den Neonazis nicht Immigranten genannt werden, sondern "Schweineherden", und die Neonazis sich nicht Neonazis nennen, sondern "Bürgerwehr" oder "Bürgerselbstschutzgruppen" oder "Ordnungshüter",  denn wo Schweineherden toben, müssen selbsternannte Ordnungshüter für die Sicherheit der Bürger sorgen und für, wie der Name schon sagt, "Recht und Ordnung", während die anderen Ordnungshüter, also diejenigen, die sich Polizisten nennen, "wegsehen", oder sagen wir, sie tolerieren die Kollegen von der Bürgerwehr, warum auch nicht, weil, sagen die Polizisten, die Kollegen von der Bürgerwehr "sich keines Verbrechens schuldig machen", die randalierenden Immigranten hingegen durchaus, also bitte.

Na ja, Schweden halt. Auch ziemlich weit weg, ne. Irgendwo da oben in Nordeuropa. Wie, schon seit sieben Tagen? Ist ja dann auch nichts Neues mehr, also, könnte man sich fast schon wieder dran gewöhnen, irgendwie, ne.

Nein. Kann man nicht.

Samstag, 25. Mai 2013

Hoch die Schuhe


Wenn das kein runder Geburtstag ist:


Vier Jahre,
vier Tage,
zwei Stunden,
fünf Minuten,
sechzehn Vögel
und
ein Paar rote Schuhe.

Freitag, 24. Mai 2013

Gehen Sie ins Gefängnis


Begeben Sie sich direkt dorthin.
Gehen Sie nicht über Los.
Glauben Sie ja nicht, von uns kriegen Sie was zu essen.

Systemrelevant müsste man sein! Heißa, wäre das ein Lotterleben!
Auf Rosen gebettet, mit Samthandschuhen angefasst, stets hofiert wie ein rohes Ei, mit öffentlichen Geldern ebenso beworfen wie mit richterlicher Milde und niemals jenen Härten ausgesetzt, die einen systemirrelevanten Normalsterblichen zermalmen können, wenn er sich mal daneben benommen hat.

Systemrelevant heißt auf Englisch bekanntlich Too big to fail, also
zu groß zum Scheitern, genauer: zu groß um bankrott zu gehen, und bezieht sich auf global operierende Finanzinstitute, die allen möglichen betrügerischen Scheiß bauen, kriminelle Geschäfte im großen Stil betreiben, sich beim Zocken gewaltig überheben, ganze Volkswirtschaften (vulgo: Menschenleben) ruinieren und eben deshalb keinesfalls bankrott gehen dürfen, denn ein Bankrott, so heißt es gebetsmühlenhaft, zöge immensen Kollateralschaden nach sich und würde - na? - genau, ganze Volkswirtschaften ruinieren.

In aller Regel zieht der Blankofreibrief Too big to fail den nicht minder ein Lotterleben versprechenden Persilschein Too big to jail nach sich, also zu groß zum Einbuchten, genauer: zu groß, um strafrechtlich verfolgt werden, und bezieht sich auf besagte verbrecherische Organisationen, deren straffällig gewordene Akteure niemals einen Knast von innen sehen werden; auch davor schützt sie ihre Systemrelevanz. Und zwar mit genau derselben Begründung: Das Verknacken von systemrelevanten Investmentbankern zöge immense Kollateralschäden nach sich und könnte ganze Volkswirtschaften ruinieren.

Woraus wir erstens lernen: Egal, ob ein systemrelevanter Banker verknackt wird oder nicht - seine verbrecherische Organisation wird ganze Volkswirtschaften ruinieren, so oder so. Und zweitens: Offenbar gehört das Ruinieren ganzer Volkswirtschaften zum Geschäftsmodell global operierender Finanzinstitute und kennzeichnet im engeren Sinne das, was unter Systemrelevanz verstanden wird.

Wo wir schon beim Reimen sind und zu fail sowie jail jeder systemirrelevante Normalsterbliche das Wort bail assoziiert: Die Logik der Systemrelevanz will es, dass all jene globalen Finanzplayer, die too big to fail und daher too big to jail sind, keineswegs als too big to bail gelten, im Gegenteil: Wer systemrelevant unterwegs ist, wird für den Scheiß, den er baut, vom Staat finanziell rausgehauen, kriegt also zur Belohnung fürs Ruinieren des Lebens anderer Leute ein Bail-out, kann somit lustig dem fail weiter frönen und dem jail entgehen, derweil der Staat die Kohle fürs bail seinen Bürgern aus der Tasche zieht, vorzugsweise denen, die eh keine Kohle in der Tasche haben, was ganz prima funktioniert über das drastische Kürzen von Sozialprogrammen, vorzugsweise denen, die eigentlich dazu gedacht waren, die Armen zu unterstützen, nun aber dringend zur Unterstützung von systemrelevanten Reichen gebraucht werden.

Potztausend, da geht noch was! Da kann noch mehr eingespart werden! Da gibt es doch dieses verschwenderische Sozialprogramm namens SNAP (Supplemental Nutrition Assistance Program), geschaffen, um unter der Armutsgrenze lebende Menschen mit food stamps (Lebensmittelmarken) zu unterstützen, damit sie nicht verhungern. Viel zu kostspielig, dieses Programm, hat ein amerikanischer Senat vorgestern herausgefunden - da können noch ein paar Daumenschrauben angezogen werden.

Im Visier der sparwütigen Schrauber: Menschen, die, irgendwann mal straffällig geworden (fail), rechtskräftig verurteilt in den Knast (jail) gesperrt wurden, eine jahrzehntelange Strafe abgesessen haben, längst aus der Haft entlassen wurden und es seither trotzdem nicht zum Millionär gebracht haben, vielmehr für sich und ihre Familien samt Kindern(!) auf Unterstützung (bail) angewiesen sind. Ha! Erst fail, dann jail, und dann wollen die auch noch bail? Nix da. Die gehören bestraft! Die sollen doch verhungern! Die kriegen ab sofort keine food stamps mehr! Und zwar lebenslänglich! Warum nicht? Weil, ja, eben darum, weil eben: Strafe muss sein. Findet der republikanische Senator von Louisiana. Ohne Widerrede abgenickt von seinen demokratischen Kollegen im Senat von Louisiana.

Weil, Strafe muss sein. Besonders für die Menschen, die ohnehin be- und gestraft, mithin von keinerlei Systemrelevanz sind, und das sind in einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten nun mal überwiegend Afro-Amerikaner. Wozu sollten die durchgefüttert werden? Die sollen hungern! Weil, je mehr sie hungern, desto größer die Chance, dass sie irgendwann vor lauter Hunger und Armut erneut straffällig und zurück in den Knast gesperrt werden. Eigentlich hätte man sie ja gleich beim ersten Mal drin lassen können. Und zwar lebenslänglich. Auch da geht bestimmt noch was.

Erfreut über die aktuelle Sozialgesetzanpassung unter dem aparten Namen "amendment" (=Nachbesserung) dürfte sich vor allem die prosperierende amerikanische Gefängnisindustrie zeigen -
"Die private Untervertragnahme von Gefangenen zur Lohnarbeit schafft finanzielle Anreize, Menschen hinter Schloss und Riegel zu bringen. Die Gefängnisse sind auf diese Einkommensquelle angewiesen. Großaktionäre, die an Gefangenenarbeit Geld verdienen, betreiben Lobbying für längere Haftstrafen, um ihre (billigen) Arbeitskräfte zu vermehren. Dieses System ernährt sich selbst", so eine Studie der Progressive Labor Party, die die Gefängnisindustrie beschuldigt, "eine Kopie von Nazideutschland zu sein hinsichtlich Zwangssklavenarbeit und Konzentrationslagern."
- aber nicht nur die:
Der Gefängnisindstrie-Komplex ist eine der am schnellsten wachsenden Industriebranchen der Vereinigten Staaten, und ihre Investoren sind in der Wall Street beheimatet. 
Mit anderen Worten:

Just fail.
Go to jail.
We take the bail.

Dienstag, 21. Mai 2013

Wohin mit dem ganzen Müll?


Allmählich bahnen sich Lösungen an.

Saubere, endgültige Lösungen mit einem für alle klar verständlichen, eindeutigen Schlusstrich: Lösungen, die radikal Schluss machen mit den lästigen Problemen von Armut, Alter, Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit. Endlösungen eben.

Die magische Formel heißt: Macht sie alle zu Kriminellen!

Wie das gehen soll? Ganz einfach: durch neue Gesetze. Radikale Lösungen erfordern nun mal radikale Gesetzesentwürfe, und sind die erst mal in Papier gegossen, lösen sich die lästigen Probleme wie von selbst.

Der neueste Hit zur großflächigen Verbrechensbekämpfung - hier: Verfolgung antisozialer Kleinkrimineller - nennt sich Anti-Social Behaviour, Crime and Policing Bill, kommt aus Großbritannien und reißt die strafrechtliche Deutungshoheit an sich über alles, was im öffentlichen Raum so kreucht, fleucht, flucht, krakeelt und herumlungert. Vorzugsweise im Visier: auf der Straße abhängende, meist arbeitslose Jugendliche. Ganz besonders auf dem Kieker:
auf der Straße lebende, da obdachlose Menschen.

Dass es sich dabei um nichts als antisoziales Pack handelt, war eh schon die ganze Zeit klar, aber nun kann endlich juristisch reiner Tisch und die sozial auffällige Zielgruppe unschädlich gemacht werden, denn von nun an gilt per Strafgesetz die Gleichung: antisozial = kriminell. Verhaften, abführen, einbuchten, fertig. Problem gelöst. Hauptsache weg. Am besten mithilfe nächtlicher Polizeistreifen sowie geeigneter Einsatzfahrzeuge - ich stelle mir PS-starke, schußsichere Kombis vor mit großen, geräumigen fensterlosen Anhängern, so ähnlich wie die Dinger, die man von Vieh-Massentransporten kennt. Na gut, nicht bloß von Vieh-Massentransporten.

Ein großes Fassungsvermögen müssen diese Transportanhänger schon deshalb haben, weil ja die Kriminalitätsrate stetig steigt, weil ja immer mehr Menschen auf der Straße leben, weil ja immer mehr obdachlos werden, weil ja immer mehr sich die Wohnungsmieten nicht mehr leisten können, weil ja immer mehr - infolge bedroom tax und gekürzten Sozialbudgets - immer weniger Geld verfügbar und außerdem immer weniger einen Job haben. Logisch, oder? Also her mit den Viehkarren.

Wer das unlogisch findet, hat sich mit der Logik der britischen Regierung noch nicht hinlänglich vertraut gemacht. Deren Logik geht so: Im ersten Schritt schaffen wir Obdachlosigkeit, im zweiten kriminalisieren wir sie. Oder, etwas langsamer zum Mitschreiben: Im ersten Schritt besteuern wir eure Wohnungen, vertreiben euch - zweitens - so aus euren Wohnungen, zwingen euch - drittens - auf die Straße, stellen ferner - viertens - sicher, dass es keine Jobs gibt, ziehen - fünftens - ein neues Gesetz aus der Tasche, mithilfe dessen wir Obdachlosigkeit als antisozial und - siebtens - infolgedessen als illegal definieren.

Ach so, fast vergessen: Wir erklären - achtens - , das neue Endlösungsgesetz diene ausschließlich dem Schutz und der Sicherheit der Bevölkerung - also, der restlichen, noch verbliebenen, naturgemäß immer kleiner werdenden Bevölkerung, die sich aus lauter Angst vor Kriminalisierung schon nicht mehr auf die öffentlichen Plätze traut - und haben schließlich das, was uns schon immer vorschwebte: einen sauberen, sicheren, menschenleeren öffentlichen Raum. Können wir jetzt bitte endlich die erforderlichen Einsatzfahrzeuge für den Massenabtransport bestellen? Wo? Na dort, wo wir kürzlich - Stichwort: sauberer, menschenleerer öffentlicher Raum - auch diese hypermodernen Wasserwerfer bestellt und geliefert bekommen haben. Weil, dort haben sie das Knowhow, ehrlich, die wissen aus Erfahrung, wie's geht.

Wobei, muss man sagen, (im Vergleich mit den britischen) die amerikanischen Behörden mit der Kriminalisierung ihrer Obdachlosen wesentlich geschmeidiger verfahren, oder sagen wir mal: pragmatischer. The culture of the Wild West, you know. Die brauchen nicht groß irgendwelche neuen Gesetze und darum auch keine Viehkarren. Die verfrachten kurzerhand die obdachlosen Menschen von Detroit in ihre Streifenfahrzeuge, fahren sie bis weit über die Stadtgrenze, setzen sie dort aus, knöpfen ihnen sicherheitshalber vorher das eventuell vorhandene Kleingeld ab - könnten sich ja sonst in den Bus setzen und zurück in die City fahren -, haben einen Riesenspass dabei und nennen das ganze Transportunternehmen
"We take them for a ride", auf deutsch: Wir machen mit ihnen eine Spazierfahrt. So eine Gaudi! Ach ja, übrigens gibt es für We take them for a ride noch eine Slangübersetzung, die lautet: Wir verarschen sie nach Strich und Faden. Selten so gelacht auf nächtlichen Streifen in Detroit.



Okay. Das mit der Kriminalisierung der Obdachlosen wäre gebongt. Das mit dem Abtransport auch. Bis die Arbeitslosen ebenfalls per Gesetz zu Verbrechern abgestempelt und abtransportiert werden, dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein. Weil, wenn das Gesamtkonzept erst mal greift - da tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf!

Ich sage nur: Lager für die Armen und Obdachlosen, schön mit Stacheldraht und Hochspannungszaun, man muss es ja nicht KZ nennen, da fällt uns zu Tarnzwecken schon was Griffigeres ein, wie wär's mit, ähm, Sonderwohnbezirken? Asylstätten? Schutzräumen? Herbergsunterkünften? Oder vielleicht Ghettos? Na ja, Ghettos, vielleicht ein bisschen belastet der Begriff, dann doch eher so was wie Umerziehungsunterkunft. Oder Zwischeninternierung. Oder Sammellager. Oder ganz einfach: Durchgangslager! Das rockt! Durchgangslager dienen ja bekanntlich dem Zusammenstellen von Transporten von ca. 1.000 (über die Richtwerte hat man sich noch nicht geeinigt) Gefangenen. Transport wohin? Ist doch egal, Mensch, Hauptsache weg, aus den Augen, aus dem Sinn, maßgeblich sind die Vernichtungskapazitäten im Endlager, oops!, das ist uns jetzt so rausgerutscht, wollten wir eigentlich nicht so drastisch formulieren, aber gut.

Wenn da nur nicht das leidige Problem mit den Kosten wäre! Weil, so eine komfortable nationale Beherbergungsstättenkultur, die stampft man ja auch nicht von heute auf morgen aus dem Boden, das dauert seine Zeit, und dann die Kosten! Die Kosten, die so eine Infrastruktur verursacht! Jenes Land mit den hypermodernen Wasserwerfern hat es da besser, weil, also, die Infrastruktur ist ja dort vorhanden, im Prinzip jedenfalls. Gut, gegenwärtig haben die ihre ollen Lager zu Museen umdesigned, zumindest vorübergehend, aber da geht noch was, ohne Frage, denn immerhin, das ganze Schienennetz und die Straßen, alles vorhanden bei denen, also, das hat schon was.

Wie gesagt: Wir bleiben dran. Wir arbeiten konsequent an Entsorgungskonzepten für menschlichen Müll. Insbesondere denjenigen, den wir selbst produziert haben. Und sollte das mit den Lagern zu teuer kommen, bleiben uns immer noch alternative, sprich: effizientere Optionen.

Weil, vom Wasserwerferland lernen heißt siegen lernen.

Freitag, 17. Mai 2013

Gekonnt gekontert


Wow. Wenn ich etwas liebe, dann ein wohlplaziertes cooles Kontra. Ein scharfes, scharfzüngiges, unerbittlich mitten ins Herz des unwürdigen Gegners verabreichtes Kontra.

Besonders, wenn es aus weiblichem Mund kommt:
"Sehen Sie, und deshalb liebe ich die Oper und das Theater! Da wird sogar uns armen Frauen jenseits der 30 gestattet, mithilfe von Schminke und Beleuchtung sowie ohne Close-Ups ein würdevolles Karriereleben zu führen."
Wie war nochmal die Frage?
"Sie sind fast 47 Jahre alt und offensichtlich nicht geliftet. In Hollywood hätten sie länger schon ziemliche Schwierigkeiten."
Solcherart sensibel und unter Aufbietung allen Respektes, dessen ein schreibendes teutonisches Trampeltier mächtig ist, wird ein Interview mit der italienischen Sopranistin und Intendantin Cecilia Bartoli eröffnet. Wo? Bitte selber googeln. Links auf das Ätzniveau giftender Schmierfinken werden hier nicht gesetzt.

Lektüreempfehlungen für dreckschleudernde Schreiberlinge im besten Mannesalter (47) hingegen schon:


Und selbstverständlich auch Porträts einer großartigen, intelligenten Künstlerin voller Wärme, Inbrunst und Humor:



Montag, 13. Mai 2013

Kriminelle Hauptgeschäftsstelle


Frankfurt heute voll in den Negativschlagzeilen.

"Frankfurt für höchste Kriminalitätsrate bekannt"

"Frankfurt ist die gefährlichste Stadt Deutschlands"

"Frankfurt am Main bleibt Hauptstadt des Verbrechens"

"Frankfurt wird zur Verbrecher-Hochburg"

Sagen alle.

Außer manchen.

Aber sonst wirklich alle.

Muss was dran sein.

Gefährliche Stadt.

Gehört hinter Gittern.

Gut gebrüllt


Aus Anlass des zweijährigen Geburtstages 
der spanischen Indignado-Bewegung 15-M 
gab es gestern in Madrid 
einen riesigen kollektiven stummen Schrei:


Ab etwa 1:00 min entlädt der Schrei sich zu lautstarkem Jubel.

¡Felicidades, amigos indignados!

Samstag, 11. Mai 2013

Schneeballprinzip Solidarität


Wenn man nicht aufpasst wie ein Fuchs, verpasst man die tollsten Geschichten. Geschichten, die mit Fug und Recht als Erfolgsgeschichten bezeichnet werden können. Die man jedoch in den Medien vergeblich sucht, weil sie keiner jener glamourösen Erfolgsstories entsprechen, über die Medien gern berichten.

Geschichten, geschrieben von Arbeitern, die von der Arbeitslosigkeit bedroht waren.

Geschichten einer von Arbeitern besetzten (O-Ton: "Wir haben alles beschlagnahmt, alles in der Fabrik gehört uns.") bankrotten Fabrik, deren Manager sich aus dem Staub gemacht hatten ("Wir können dieses Unternehmen führen - nachdem sie's nicht können, können wir das."). Sie können es. Inzwischen führen die Arbeiter das Unternehmen.

Geschichten, erzählt ausschließlich von Arbeitern. Nicht von Gewerkschaftsfunktionären, nicht von Parteibonzen, nicht von irgendjemandem, der von höherer Warte den Arbeitern meint sagen zu müssen, wo es lang geht. Sondern von Arbeitern. Sie können es.

Geschichten, packend erzählt von der ersten bis zur letzten Minute:


(deutsche Untertitel) 

Der Protagonist der Geschichte trägt einen Namen. Er heißt: Solidarität.
"Was der Kapitalismus uns vor allem anderen zu verstehen gibt: Geeint zu sein ist der wichtigste Faktor, um weiter zu kämpfen und diesen Kampf zum Erfolg zu führen. Es gab einen Zeitpunkt, wo viele Kollegen, die sich nur ungern dem Kampf anschließen wollten, ihre Meinung änderten und dazustießen.
Wir, die Arbeiter von Vio.Me, haben einen Anfang gemacht. Aber wir ruhen uns nicht darauf aus. Weitere Fabriken, gewerbliche Unternehmen, multinationale Unternehmen werden folgen. Dann werden die Bauern beginnen, die Produktion nach den Bedürfnissen der Armen zu organisieren und darauf achten, dass niemandem etwas fehlt."
Dass es der Kapitalismus ist, der uns lehrt, uns zu solidarisieren - dieser Gedanke war mir ungewohnt. Wo doch der Kapitalismus uns hartnäckig belehrt, einander zu misstrauen, zu bekämpfen, zu verachten und uns lautstark überlegen zu fühlen gegenüber allen, denen wir uns überlegen fühlen. Andererseits, wer sonst sollte uns die Solidarität lehren, wenn nicht der Kapitalismus? Weil, es rettet uns ja bekanntlich sonst kein höh'res Wesen.

Neulich hatte ich ein paar kluge Zeilen gelesen über den Kapitalismus, der, indem er uns jegliches Bedürfnis nach Solidarität auszutreiben versucht, genau dieses Bedürfnis in uns wachruft.
Solidarität: ein Wort auf der Suche nach Fleisch 
Der Geist der Solidarität mag sich im Exil befinden, jedoch wäre es vorschnell zu kapitulieren in der Annahme, er würde niemals zurückkehren. Er wird immer wieder zurückkehren, verstohlen, aber beharrlich. Geduldig wartet das Wort 'Solidarität' auf das Muskelfleisch, zu welchem es werden kann. Und es wird nicht aufhören, begierig und voller Leidenschaft dieses Fleisch zu begehren, bis es ihm gelingen wird.
Worte, die verschüttete Saiten ausgraben und zum verstohlenen Schwingen bringen. Saiten, die vom Schwingen ins Klingen gebracht werden, wenn griechische Arbeiter solche Töne anschlagen:
"Wir sagen, dass die Arbeiter von Vio.Me, die Kollegen und Mitstreiter, nur eine Handvoll Leute sind. Sie sind nur wie eine Handvoll Schnee. Wir machen einen Schneeball daraus und werden ihn werfen. Wir werden ihn von der Klippe werfen, und er wird beginnen zu rollen, und im Runterrollen wird er wachsen, indem er mehr Schnee bekommt, mehr und mehr, und wenn der Ball wächst und noch größer wird und mehr Schnee sammelt und die Arbeiter, die Arbeitslosen, die Hausfrauen, die Studenten, die Bauern an sich zieht - natürlich, Solidarität. Die Solidarität wird gewährleisten, dass der Ball nicht abstürzt und zerbricht, sodass er den Fuß der Felswand unversehrt erreicht. Und er wird so groß werden wie die Erde, und nur dann, Kollegen und Mitstreiter, werden wir sagen können, dass wir gewonnen haben."
Solidarität. Ein Wort auf der Suche nach Fleisch.

Luftkampf


Wie kürzlich bekannt wurde, werden in russischen Kampfgebieten aufblasbare, täuschend echt aussehende Dummy-Panzer als Köderziele für feindliche Waffensysteme eingesetzt.

Zweck der Übung: die echte militärische Hardware vor Angriffen zu schützen.

Im Inneren der aufgeblasenen Attrappen sind Simulatoren eingebaut zur Erzeugung von Radar- und thermischer Strahlung ("gezielte Täuschungsmanöver mit wirkungsvollem Bluff-Effekt"), welche die Signaltechnik von echten russischen Panzern imitieren, um so den Feind hinters Licht zu führen.

Mithilfe einer langjährig erprobten Pumptechnologie lassen sich die Panzer-Plagiate in weniger als zehn Minuten zur Originalgröße aufblasen.

Unter feindlichem Beschuss hinterlässt die Panzer-Luftnummer nichts als heiße Luft.


Wie erst jetzt bekannt wurde, werden in deutschen Wahlkampfgebieten aufblasbare, täuschend echt aussehende Dummy-Parteipolitiker als Köderziele für feindlich gesinnte Wählereinheiten eingesetzt.

Zweck der Übung: die echten Parteipolitiker vor Angriffen zu schützen.

Im Inneren der aufgeblasenen Attrappen sind Simulatoren eingebaut zur Erzeugung von willkürlichen, zufallsgenerierten Geräuschen und standardisierten Phrasensätzen ("gezielte Täuschungsmanöver mit wirkungsvollem Bluff-Effekt"), welche die Signaltechnik von echten Parteipolitikern imitieren, um so den Wähler hinters Licht zu führen.

Mithilfe einer langjährig erprobten Pumptechnologie lassen sich die Politiker-Plagiate in weniger als zehn Minuten zu Lebensgröße aufblasen.

Unter feindlichem Beschuss hinterlässt die Politiker-Luftnummer nichts als heiße Luft.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Problemgruppe auf Rädern


Problemgruppen heißen so, weil sie Probleme machen. Wer Probleme macht, macht sich nicht besonders beliebt und gehört deshalb bestraft. Nachdem hoffnungsvolle Ansätze der Problemlösung - etwa Umerziehung mit starken Strafreizen - bereits existieren für die Problemgruppe arme Kinder, oder Kinder armer Eltern, wird es Zeit, sich einer weiteren Problemgruppe zuzuwenden.

Da wäre beispielsweise die Problemgruppe alte Menschen. Gelten alte Menschen per se als Problemgruppe? Na ja, potentiell schon, spätestens seit sich das Mantra Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen auf breiter Ebene konsensual durchgesetzt hat und alte Menschen nun mal irgendwann zum Arbeiten zu alt und darum nur noch ökonomisch nutzlose Fresser sind. Okay, okay, wollen wir mal nicht so sein, schränken wir das Problemgruppenpotential wohlwollend ein und sagen: Solange alte Menschen imstande sind, ihr Essen aus eigener Kraft zu finanzieren und zuzubereiten, drücken wir ein Auge zu. Weil, die fallen ja niemandem groß zur Last, trotz verminderter ökonomischer Nutzenstiftung, sind also allenfalls als Problemgruppe zweiter Ordnung anzusehen.

Dagegen verursacht die Problemgruppe arme alte Menschen Probleme ungeahnten Ausmaßes. Die wollen essen und nichts dafür tun! Genau wie ihre Problemkollegen am anderen Ende der demographischen Skala, nur dass die armen Kinder viel leichter in den Zwangsgriff zu bekommen sind als die armen Alten. Ein echtes Problem. Wie soll man arme alte Leute bestrafen? Geht ja irgendwie nicht, weil, wie sieht das denn aus. Ein Aufschrei der rührseligen Öffentlichkeit wäre womöglich die Folge. Also, lieber nicht bestrafen. Andererseits, es muss etwas geschehen. Denn so kann es nicht weitergehen. Schließlich ist die Problemgruppe arme alte Menschen explosionsartig am Wachsen und im Begriff, unserer tüchtigen Leistungsgesellschaft die letzten Haare vom Kopf zu fressen.

Nun hat der amerikanische Kongress eine geniale Problemlösungsstrategie aus der Tasche gezogen und auch gleich ganz schnell verabschiedet. Auf die Frage: Wie lässt sich ein Problem lösen? hat er die einzig durchschlagende Antwort gefunden: indem das Problem abgeschafft wird. Mit anderen Worten: indem die Problemgruppenangehörigen abgeschafft werden. Im Falle der problematischen armen alten Menschen geht das ganz einfach und noch dazu schön unauffällig, sodass keiner etwas mitkriegt und sich niemand echauffieren muss über drakonische Sparmaßnahmen, die wie üblich die Falschen treffen:  Man will die armen alten Menschen einfach aushungern.

Dazu wird zweckmäßigerweise der Hebel an Sozialprogrammen angesetzt. Essen auf Rädern? Viel zu teuer. Was hocken die auch alle zuhause herum - arm, alt, gebrechlich, gehbehindert - und warten gierig auf warme Mahlzeiten, Lieferung frei Haus, ohne die geringste Gegenleistung? Das kann so nicht weitergehen. Rabiates Kürzen der Zuschüsse ist das Mittel der Wahl. Im Einzelfall werden dann halt - statt bislang 1.500 - pro Tag 200 Mahlzeiten weniger ausgeliefert. Und ab 1. Mai die Zahl der Bedürftigen mit Anspruch auf Essenslieferung "eingefroren". Hungry, anybody? Pech gehabt. Dumm gelaufen.
Für euch. Wir müssen sparen, you know. An euch, you know.

Drum setzen wir euch alte, arme, nutzlose Fresser jetzt hübsch auf strenge Diät. Alles weitere erledigt sich von selbst. Passiert ja alles hinter verschlossenen Türen. Bei euch zuhause. Statt euch das Essen auf Rädern in die Wohnung reinzurollen, rollen wir euch in Kürze auf Rädern aus eurer Wohnung raus. Mit den Füßen voraus, wie man so schön sagt. Ist ja ganz normal, dass alte Menschen irgendwann mal sterben. Denkt sich keiner was dabei.

Außer uns: geschafft, wieder eine Problemgruppe weniger.


Montag, 6. Mai 2013

Von nichts kommt nichts



Nur wer arbeitet, soll auch essen. Nichts Neues aus dem satten Mund ehemaliger deutscher Arbeiterparteien. Nutzlose Schnorrer durchzufüttern kann (will) sich dieses System nicht leisten. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Sonst kommt die Jugend noch auf dumme Gedanken, wenn die Eltern ungestraft auf der faulen Haut liegen.

Neu ist, dass die martialische Moralpauke den Heranwachsenden bereits im frühen Kindesalter eingebleut werden soll. Aufgepasst, Kinder: There is no free lunch (deutsch: Nichts gibt es für umsonst). Oder habt ihr etwa gedacht, wir füttern euch mit kostenlosem Schulessen durch, bloß weil eure nutzlosen armen Eltern kein Geld haben, um euch die hungrigen Mäuler zu stopfen? Nope, könnt ihr euch abschminken, because, you know, there is no free lunch, schließlich geht ihr in die Schule, um dort fürs Leben zu lernen.
"Ich halte es für eine gute Idee, wenn wir die Kinder für ihr Mittagessen arbeiten lassen: den Müll raustragen, die Treppenhäuser schrubben, den Rasen mähen - bringt ihnen bei, es (das Schulessen) sich zu verdienen. Wenn sie kein Mittagessen kriegen, werden sie in jener Nachmittagsklasse eben nicht lernen zu rechnen, sie werden nicht lernen, wie man einen Satz richtig aufbaut, sondern sie werden eine viel wichtigere Lektion lernen."
- nämlich die Lektion, dass das Versorgtwerden mit "free lunches" die "Arbeitsmoral" der Kinder verderbe und ihnen suggeriere, man "könne auf die leichte Tour" durchs Leben kommen; Zucht und Ordnung halt, kennt man ja.


Sowie - ganz wichtig - die systemerhaltende Lektion: Wer arm zur Schule geht, kommt auch arm wieder aus ihr heraus, denn das Kind armer Eltern hat frühzeitig gelernt, dass die Berufsbilder Hausmeister oder Putzfrau ihm auf den Leib geschneidert, hingegen Fähigkeiten wie Rechnen oder Schreiben für seinen Lebensweg entbehrlich sind.


Überdies lernt das Kind fast spielerisch die harte Lektion des Verdrängungswettbewerbes und der Ellbogenmentalität, denn irgendjemandem nimmt das schuftende Kind ja den bezahlten Job weg - und sei es den eigenen Eltern, die bislang als Hausmeister oder Putzfrau das wenige Geld verdient haben, von welchem sie ihren Kindern nicht genug zu essen finanzieren konnten. So bleibt quasi alles in der Familie.


Seinen Ordnungsruf wollte der republikanische Abgeordnete keinesfalls als "Bestrafungs-", vielmehr als "Erziehungsmaßnahme" verstanden wissen. Sollten die schlechterzogenen, verwöhnten und verweichlichten Kinder armer Eltern auf die innovative Erziehungsmaßnahme nicht anspringen, bleibt ihnen immer noch der Lebensweg in ein - sicherlich bald wieder in Mode kommendes - Arbeitshaus offen, wo von Armut betroffene Menschen aufgenommen und damit aus der Öffentlichkeit entfernt werden.

Die Umwandlung herumziehender Bettler in wirtschaftlich verwendbare Untertanen sollte durch Methoden der Arbeitserziehung erreicht werden.
Hat der republikanische Abgeordnete so nicht gesagt.
Aber mit Sicherheit gedacht.


Mittwoch, 1. Mai 2013

Mucke zum Aufmucken


Bereits gestern hatte er sich angekündigt, und nun ist er also da, der erste Mai, und mir ist so nach Feiern, irgendwie.

Zum Feiern gehört was Anständiges zu trinken und eine gute Grundlage, also was Fettes, zu essen, also was Anständiges vom Grill und natürlich, ganz wichtig, eine anständig fette Musik, und wer das alles unproletarisch findet, kann mir mal gestohlen bleiben, zumal am ersten Mai.

Nur, wo kriege ich fette Musik um ersten Mai her? Nicht ganz einfach. Soll ja irgendwie international sein, aber eben auch lustig und vor allem groovig, weil, man will ja dann auch anständig abtanzen, weshalb das hier schon mal ein Griff in den - wenn auch international korrekten - Eimer war.

Hab' dann ein bisschen geguckt, wie andernorts gefeiert wird. In Spanien zum Beispiel, wo der erste Mai El Dia del Trabajador genannt wird, also der 'Tag des Arbeiters', haben sie den Feiertag zu Ehren des Arbeiters sehr konsequent und mit viel Sinn fürs Absurde umgesetzt:


- weil, was ist schon ein Arbeiter gegen 6.202.700 arbeitslose Menschen? Kein Wunder, dass der Rest der Spanier dem solidarischen Grillen frönte, weil ihnen alles andere an diesem Tag als reichlich absurd erschien.

Apropos absurd. Und damit zurück zu meiner dem Feiertag angemessenen Musiksuche. Ich hab' schließlich was ganz Tolles, Fettes, Anständiges, Lustiges, Grooviges, Tanzbares gefunden: Mucke aus Apsurdistan. Apsurd ist bosnisch für 'absurd', ist also international leicht verständlich, und Apsurdistan steht nicht etwa nur für Bosnien, sondern ebenso für den durchgeknallten Rest der Welt. Schwer völkerverständigend also. Auf dem Album Apsurdistan gibt es einen Song Prvi maj (erster Mai auf bosnisch), gesungen und gespielt von Dubioza Kolektiv, und wem allein schon dabei - einem dubiosen Kollektiv aus Absurdistan - nicht das Herz lacht und die Schuhe anfangen zu qualmen, dem ist nicht mehr zu helfen.



Prvi maj ist ein fulminanter musikalischer Aufruf zu solidarischem, sinnlichem, ausschweifendem Miteinanderfeiern - "Kein Tränengas, kein Schlagstock, wir lassen uns von der Politik nicht das Feiern verderben", "der Duft von Gegrilltem kitzelt die Nasen", flankiert von "miteinander kämpfenden Pflaumenschnapsflaschen", "niemals lassen wir uns versklaven, unerschrocken feiert ein Kumpel mit dem anderen", "wer fragt nach Klassenkampf, Revolution und Pariser Commune, hier sind zehn Grillwürste zum gerechten Aufteilen!"


Auf den sensationellen Act bin ich übrigens gestoßen bei meinem Lieblingsbulgaren Todor Ovtcharov, selbsterklärter "Low-Life Experte", in Österreich lebend, sich dort über alles mögliche wundernd und darum öfters Zuflucht nehmend zur lebensfrohen Kultur des Balkans. Ovtcharov schließt mit einem Aufruf zum ersten Mai, dem ich mich vollumfänglich anschließe:
Proletarier aller Absurdistans, vereinigt euch!