Wenn von geschätzten 3.000 Demonstranten auf einen Schlag über 700 verhaftet werden, muss etwas ganz Gravierendes passiert sein, oder? Und so war es denn auch: "Verkehrsbehinderndes Verhalten", hieß es vonseiten der New Yorker Polizei (NYPD), als die Besetzer von #occupywallstreet sich anschickten, über die Brooklyn Bridge zu marschieren. Das Komische war nur: Der Demonstrationszug wurde von der NYPD angeführt.
Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als ich heute nacht den #occupywallstreet Livestream verfolgte. Gut, der Livestream hat seine technischen Tücken, oft wurde das Signal unterbrochen, aber das ohrenbetäubende Geschehen ließ sich dennoch einwandfrei verfolgen. Der Zug marschierte also Richtung Brücke (angeführt von der Polizei), betrat die Brücke (angeführt von der Polizei), immer mehr Demonstranten folgten der Spitze des Zuges auf die Brücke (angeführt von der Polizei). Und plötzlich drehten sich die Polizisten an der Spitze des Zuges um, warfen ihre orangefarbenen Absperrnetze aus, kesselten massenhaft Demonstranten ein, um sie sodann massenhaft zu verhaften. Begründung: Verkehrswidriges Verhalten.
Erstaunlich, wie gesagt.
Die ehrwürdige Tageszeitung New York Times (die sich bisher eher einen Namen mit #occupywallstreet-bashing gemacht hat) berichtet überraschend ausführlich - wahrscheinlich deshalb, weil ihre Live-Reporterin zu den Verhafteten gehört - und fragt sich, wieso eine Demonstration von der NYPD zunächst genehmigt und eskortiert wird, schlussendlich jedoch in einer Massenverhaftung endet. Genau dasselbe fragte ich mich auch, während ich das Geschehen über Livestream verfolgte.
"After allowing the protesters to walk about a third of the way to Brooklyn, the police then cut the marchers off and surrounded them with orange nets on both sides, trapping hundreds of people."
Ich hörte auf zu staunen, als ich folgendes las:
"Bereits am frühen Nachmittag waren zehn Gefangenentransport-Busse - Fassungsvermögen pro Stück: 20 Häftlinge - von (der New Yorker Gefängnisinsel) Rikers Island abgezogen worden; von einem Polizeibeamten bezeichnet als 'geplante Maßnahme gegen die Demonstranten'."
Ach so. Man darf also den Verhaftungsgrund getrost als 'geplant verkehrswidriges Verhalten' bezeichnen.
Nachdem die Bewegung #occupywallstreet bereits zwei Wochen währt und keinerlei Ermüdungsanzeichen festzustellen sind - im Gegenteil, die Bewegung breitet sich aus:
- ist kaum zu befürchten, dass die Protestbewegung mit der "geplanten Polizeimaßnahme" #operationBrooklynbridge totzukriegen ist.
Im Gegenteil:
...und totzuschweigen schon mal gar nicht. Hat jemand behauptet, print is dead?
Irrtum. Print lebt.
Update: Die New York Times hat ihrer Story so geflissentlich wie zeitnah ein Update verpasst:
Hier ein kurzes Video vom Aufmarsch auf die Brooklyn Bridge, angeführt von der Polizei.
Guten Morgen. Ohne Musik geht nichts. Deshalb: Rob Rivieres - Off We'll Go
AntwortenLöschenEinige besitzen viel. Die meisten besitzen nix außer ihrer Arbeitskraft, die aber vielleicht gerade nicht nachgefragt wird.
Fotoserie "Wir sind die 99%"
Vom Tahir-Platz: 99%ige Videogrüße aus Ägypten
Von einigen Balkonen an der Wall Street sieht man dem Treiben gelassen mit einem Gläschen Sekt in der Hand zu: "Wir sind 1%"
Twitterglühen:
- Einige Gewerkschaften wollen sich den Protesten anschließen. Darunter die für Verkehr und Transport in New York.
- Die Proteste greifen auf andere Städte über.
Power to the pizza! Bei "Liberatos Pizza" in nyc kann man eine "OccuPie special" bestellen. Die neueste Variante ist die "Stand-Up-for-Your-Beliefs Special".
AntwortenLöschen(Die Quelle ist leider facebook)
Apropos Pizza:
AntwortenLöschenEs kommen aus dem ganzen Land gespendete Pizzabestellungen bei Liberatos an, um die Bewegung handfest zu unterstützen. An manchen Tagen war das Essen-Spendenaufkommen so hoch, dass die Organisatoren von #occupywallstreet 'stop!' rufen mussten, weil zu viel Essen am Liberty Plaza war.
Übrigens werden die großen Umkartons der Pizzas nicht weggeschmissen, sondern auseinandergefaltet, plattgepresst und dann mit Parolen beschriftet. Deshalb sehen die ganzen Slogan-Pappen, die überall getragen werden, so selbstgebastelt aus.
Spät nachts, wenn sich im Park alle zur Ruhe legen, werden alle Slogan-Pappen flach über dem Asphalt ausgebreitet, dann legen sich die Besetzer drauf, die keine Isomatten dabeihaben. Perfektes Recycling.
Die Süddeutsche schreibt auch etwas über die Festnahmen. Die Rubrik unter der sie das einordnen ist "Geld". Die Rubrik "Kein Geld" erschiene mir sinnvoller. Die gibt es aber leider gar nicht.
AntwortenLöschen"Die Rubrik unter der sie das einordnen ist "Geld". Die Rubrik "Kein Geld" erschiene mir sinnvoller."
AntwortenLöschenDie Rubrik "Geld" ist dem Zusammenhang durchaus sinnvoll. Weil:
Jüngst hat die N.Y. Police Foundation eine millionenschwere Spende von der Bank JP Morgan Chase erhalten:
'New York City Police Foundation — New York
JPMorgan Chase recently donated an unprecedented $4.6 million to the New York City Police Foundation. The gift was the largest in the history of the foundation and will enable the New York City Police Department to strengthen security in the Big Apple. The money will pay for 1,000 new patrol car laptops, as well as security monitoring software in the NYPD's main data center.
New York City Police Commissioner Raymond Kelly sent CEO and Chairman Jamie Dimon a note expressing "profound gratitude" for the company's donation.
"These officers put their lives on the line every day to keep us safe," Dimon said. "We're incredibly proud to help them build this program and let them know how much we value their hard work."'
Noch Fragen?
"These officers put their lives on the line every day to keep us safe", Dimon said.
Mit Betonung auf "UNS", Jamie, nicht wahr?
...
den "eliten" wirds unheimlich. und lieber massenverhaftungen als panzer, dürften sie denken. letztere könnten in der derzeitigen weltlage zu umstürzen führen.
AntwortenLöschen...Link vergessen, sorry. Naked capitalism hatte die Story (beste Überschrift des Jahres):
AntwortenLöschen"Is JP Morgan Getting a Good Return on §4.6 Million 'Gift' to NYC Police? (Like Special Protection from OccupyWallStreet?)"
Die ZEIT kommt gerade zur rechten Zeit, um zum Thema zu sprechen. Irgendwie ist das famos, besonders der Schlußabsatz.
AntwortenLöschenGrüße
@landbewohner
AntwortenLöschen"lieber massenverhaftungen als panzer, dürften sie denken. letztere könnten in der derzeitigen weltlage zu umstürzen führen."
Auf jeden Fall führen Massenverhaftungen wie auch Pfefferspray-Attacken (hier wurde davon berichtet) zu einem gewaltigen Sympathieschub für #occupywallstreet aus der übrigen Bevölkerung. So gesehen, geht auch dieser Schuss nach hinten los.
@KL
AntwortenLöschenMeintest Du den: "Durch die Null-Toleranz-Politik aber sind viele Städte der USA für Weiße wieder bewohnbar geworden."?
Ist an Zynismus kaum mehr zu überbieten. Denn dafür werden die meisten dieser Städte/Stadtviertel für Schwarze unbewohnbar. Spätestens dann, sobald der Siegeszug der weißen Gentrifizierung ihren Einzug hält.
#OccupyTheBridge
AntwortenLöschen#reallyOccupyTheBridge
Video von der Freitagsdemonstration, an der sich bereits die Unionworker der NY U-Bahn und Busse beteiligt hatten (es war ein Marsch auf das NY Police Headquarter).
AntwortenLöschenSchlachtruf des Tages: "Occupy everything!"
More amazing stuff from the bridge:
AntwortenLöschenEin 13-jähriges Mädchen wird in Handschellen abgeführt.
Bericht über die Unions, die sich mit den Wallstreetbesetzern solidarisieren.
AntwortenLöschen"It's kind of a natural alliance with the young people and students - they're voicing our message, why not join them? On many levels our workers feel an affinity with the kids. They just seem to be hanging out there getting the crap beaten out of them, and maybe union support will help them a little bit."
"We plan to be down there from now on ... These folks down at Wall street are singing the same tune we are."
Das mit der Spende von J.P. Morgan hatte ich auch gelesen. Ungeheuerlich. Wir kaufen uns eine Söldnertruppe.
AntwortenLöschenWas mir auffällt: Sobald man in letzter Zeit nur ein bißchen am System kratzt, offenbart sich der ganze Schwindel, daß nämlich Recht und Gesetze dazu da sind, die Besitzenden zu schützen.
AntwortenLöschenGute Zusammenfassung dessen, was sich die NYPD seit dem letzten Wochenende erlaubt hat, in Sachen #occupywallstreet. Hervorragende Fotos aus dem "Nahkampf".
AntwortenLöschenEin Kommentator schreibt treffend:
On May 4, 2011 Mike Bloomberg promoted a work of sculpture
by a jailed Chinese artist, a former NYC street artist, Ai
Weiwei:
“This is a message from America to the whole world that we
are the place where people can come and express themselves,” Mr.
Bloomberg said. “China would be well served to listen to our message
and to copy us.” Mr. Bloomberg, no stranger to criticism as the elected leader of a fractious city, said “freedom is our competitive
advantage” and called free expression “the most valuable of all New York City’s riches.” –Mike Bloomberg
Are these mass false arrests an example of your ideas about freedom, Mr. Mayor?
Robert Lederman, President of ARTIST
(Mike Bloomberg ist der Bürgermeister von NYC.)
AntwortenLöschenDanke wiedermal für wichtige Bericht-Erstattung(auf Dich/Euch kann man sich wirklich verlassen), hab auch an occupywallstreet-journal gespendet(ich möchte aber kein Abo ;-) ich weiß nicht, ob die Versandkosten nach D nicht zu hoch wären- sie wollen es ja als PDF online stellen).Schön, dass das so gut geklappt hat!:-)
AntwortenLöschenFoo Fighters - Pretender http://www.youtube.com/watch?v=EN-3_OR7JoE
das Video ist echt gut!
Sehr Lesenswert(wurde schon in den 80er geschrieben):
Feudalism ...alias American Capitalism
This important online book invites the reader to look behind America's facade to see how Western Democracy really works
http://www.mypage.uniserve.com/~synergy/welcome.htm
Grüße
Bloomberg ist so ein riesen A...(sorry, das musste jetzt sein)
Ich bekenne mich ebenfalls schuldig. Schuldig des "verkehrsbehindernden Verhaltens", begangen 1989 mit Hundertausend Anderen, welche auf dem Innenstadtring in Leipzig demonstrierten. Dies ist besonders schwerwiegend, da dort entlang JEDE Straßenbahnlinie fahren MUSSTE und noch MUSS.
AntwortenLöschenWährend das böse diktatorische System mich und alle anderen Beteiligten deswegen nicht belangte, sorgen "die Guten" der Demokratie nun endlich für Ordnung. Jungs, ich bin stolz auf euch!
(Vorsicht! Beitrag könnte Zynismus enthalten.)
Allerdings. Mußte an den Oktober 1989 in Dresden denken. Aber dort durften die Verhafteten nicht in der Sonne warten, sondern wurden sofort abtransportiert. Scheint doch mehr Liberalität in den USA zu geben.
AntwortenLöschenGrüße
P.S.: Zum Link zur ZEIT - ich meinte den letzten Absatz auf Seite 2. Eigentlich ist der ganze Artikel grotesk. Als ob die JU-Kreisvorsitzende einen Sonntagsaufsatz geschrieben hätte.
Zweimal #occupyLosAngeles.
AntwortenLöschenIch mache mir ernsthaft Sorgen über das Schicksal der verhafteten. Werden die im Schnellverfahren abgeurteilt und gelten fortan als "Vorbestraft", oder droht der Abtransport in "geschlossene Lager" mit ungewisser Zukunft? Was machen die Leute mit Kindern, einem Job und Verpflichtungen? Ich denke, ich bin absolut gegen jede Form von Gewalt und Verhaftungen! Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt! Die Menschen werden noch erleben, wem Amerika gehört, shit!
AntwortenLöschen"Veranstaltungs"hinweis: http://15october.net/de/
AntwortenLöschen"It’s time for us to unite. It’s time for them to listen."
sG
Attacy