Sonntag, 29. Juli 2012

Sommermärchen, das sechste


Viel Sommerregen heute früh, warmer, sanfter Sommerregen.

Und jede Menge rain on Spain. Es regnet sinnentleerte rhetorische Dungbrocken in Strömen aus den Wolken von EU und IMF. Kein Rettungsschirm weit und breit.

Erst mal wird ein dickes Lob ausgeschüttet für die Erfolge von Spaniens Austeritäts-, also Totsparmaßnahmen:
Der Internationale Währungsfonds lobte am Freitag Spanien für die Maßnahmen, die es ergreift, um der Krise die Stirn zu bieten.
"Alles in allem verhielt sich die Regierung proaktiv in der Umsetzung ihrer Maßnahmen während der Krise, mit einer bemerkenswerten Intensivierung innerhalb der letzten Monate," sagte der Fonds in seinem Bericht.
Vorbildlich, weiter so, Spanien. Es kann nur noch aufwärts gehen, denn besagte Maßnahmen
...hätten das Potential, Vertrauen wiederherzustellen und die Wirtschaft auf einen nachhaltigen Weg zurückzuführen.
Sanft plätschernde Verbaltropfen, die von der segensreichen proaktiven Fruchtbarmachung der spanischen Dürre künden. Jedoch, es geht noch sanfter:
Jedoch gebe es einen Spielraum für einen sanfteren Austeritätspfad über die nächsten zwei Jahre, um zu vermeiden, dass die Rezession sich noch mehr vertieft.
Was nahelegt, dass unsanfte Austerität in eine unsanfte Rezession geführt hat, weshalb ein sanfterer Austeritätspfad - proaktiv, wie sonst? - die sich vertiefende Rezession besänftigen möge. Darum haben die Regengötter des IMF ein Einsehen und kübeln zur Abwechslung mal andersrum:
Spanien sei mit einer Rezession beispiellosen Ausmaßes konfrontiert, mit sehr hoher Arbeitslosigkeit und rasant wachsender Staatsverschuldung, sagten die IMF-Direktoren nach Abschluss ihrer Beratungsgespräche mit Spanien.
Ah, ein Lichtstreif. Hört es jetzt endlich auf zu regnen?
James Daniel, der Leiter der IMF-Mission für Spanien, sagte, die Arbeitslosenrate für die kommenden Jahre sei "unakzeptabel hoch".
Das finden die meisten Menschen in Spanien auch:
Für die meisten Menschen bleibt der Ausblick düster, denn die 65 Milliarden Euro umfassenden Austeritätsmaßnahmen der Regierung reißen Schneisen der Zerstörung durch das Land, mit allein 63.000 Entlassungen im öffentlichen Dienst von April bis Juni.
Der "einzige Effekt" der Austeritätsmaßnahmen, sagen die Gewerkschaften,
"...sei die Vervielfachung von Entlassungen um ein Fünffaches."
Unakzeptabel, findet auch die stellvertretende Ministerpräsidentin:
"Die Regierung wird fortgesetzt versuchen, diese Situation zu verbessern, die unzweifelhaft durch die Rezession verursacht wurde, durch die Reduzierung der Verschuldung und durch fortgesetzte Strukturreformen."
Zusammengefasst: Fortgesetzt unsanfte Austerität führt zu fortgesetzt sich vertiefender Rezession und unakzeptabel ansteigender Arbeitslosigkeit. War ja eigentlich klar.

Nicht jedem. Bei manchen dauert's länger, bis der Groschen fällt, zum Beispiel bei der Europäischen Kommission, und mit den Groschen - es dürfen auch Cents sein - fällt der rhetorische Regen, sanft, aber sinnentleert, auf dass ihm keine Taten folgen mögen, Hauptsache, wir haben drüber gesprochen:
Jedoch könnte am Ende die Medizin (=Austerität) den Patienten töten: Sogar die europäische Kommission steuert ihre zwei Cents bei, indem sie heute Spanien ermahnt, eine Arbeitslosenrate, die sie (die Europäische Kommission) für unakzeptabel hält, zu reduzieren.
Herr, lass bitte weiter Regen vom Himmel fallen und bloß kein Hirn, denn sie sind zu blöd zum Auffangen.

7 Kommentare:

  1. Das sieht eher nach langer Dürre aus.

    http://uhupardo.wordpress.com/2012/07/28/iwf-verlangt-von-spanien-weitere-mwst-erhohung-in-2014/#comments

    Gruß fischi

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    1. Trifft es auf den Punkt, was uhupardo schreibt: Sie verschreiben Austerität, dadurch kommt es leider zur Rezession, sie sehen die verheerenden Folgen der Rezession (z.B. Arbeitslosigkeit), sagen, daran sei die Rezession schuld, schlussfolgern daraus, dass nicht die Austerität, sondern zu wenig Austerität an der Rezession schuld sei, behaupten, der Rezession gegensteuern zu wollen, womit?, mit noch mehr Austerität. Logisch, oder?

      Ich hätte oben auch schreiben können: Herr, lass bloß keine Logik vom Himmel fallen, denn die Ideo-logische Verblödungsmaschinerie ist viel zu geschickt im Ausweichen. Nur, unsereins wird halt vom ideologischen Fallout hart getroffen und kann zusehen, wo er bleibt :)

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    2. Leider ist das ihre Logik zum restlosen Zerstören von Europa.
      Und die meisten Leute sehen da zu und wissen überhaupt nicht was passiert.
      Da muß man blos die Umfragewerte des Merkel ansehen.

      Gruß fischi

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  2. Wenn ich mir Deine, Mrs. Mop, Beschreibung und diverse andere Beiträge im Netz so durchlese, beschleicht mich das Gefühl "Das wird böse enden!".

    Die andere Seite hat gut ausgebildete und ausgerüstete Leute an ihrer Seite. Und ich glaub nicht, das ich so mutig bin, wie die Leute im Iran oder Libanon.

    Was alles sowieso egal ist, weil eigentlich will keiner was davon hören, wie schlimm, bzw wohin es geht, solange man die Augen und die Ohren noch verschliessen kann, d.h. solange es einem noch selber so einigermaßen gut geht (kommischer Weise habe ich viele Hartz4bekannte, die genau so drauf sind, trotz Schikane vom Amt) solange wendet man sich ab und guckt angestrengt auf die schönen Dinge, oder zumindest auf die, wo man glaubt sie zu beherrschen.

    Seit ich das so ausgeprägt erlebe, kann ich mir auch die 30iger und 40iger Jahre besser vorstellen. Diese Zeit war früher für mich immer etwas komisch, weil ich die Menschen nicht verstehen konnte.


    Ich glaube auch diese Haltung, diese Wirtschaftsidee, (also diese ganze Euro-Lobby-Schmarotzer-Elite-Asozial-Geldraff-Politik) entspringt keiner bösen, niederträchtigen Seele. Sondern ist einfach das Ergebnis eines bestimmten Wirtschaftssystems, in dem sich der Darwinismus austoben darf.

    Also vielzuviel geschrieben, dabei wollt ich mich nur nochmal bei Dir bedanken für Dein tolles Blog.
    Weiter so!

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    1. "Ich glaube auch diese Haltung, diese Wirtschaftsidee, (also diese ganze Euro-Lobby-Schmarotzer-Elite-Asozial-Geldraff-Politik) entspringt keiner bösen, niederträchtigen Seele. Sondern ist einfach das Ergebnis eines bestimmten Wirtschaftssystems, in dem sich der Darwinismus austoben darf."

      Einverstanden. Wobei ich die sich im System austobenden Seelen keinesfalls als gute, wohlmeinende Seelen bezeichnen möchte. Vielmehr müssen diese (z.B. im Post zitierten) Seelen schon über ein ausgereiftes Soziopathen-Naturell verfügen, um mit solchen Sprechblasen die Welt zuzumüllen, nachdem dieselben Leute "Schneisen der Zerstörung" (s.o.) in diese Welt gerissen haben. Um es altmodisch auszudrücken, 'seelenlos' trifft dieses Naturell ganz gut. Seelenlos im Sinne von mental erkaltet, mechanisiert, berechnend, technokratisch funktionierend. Also tot.

      Es freut mich, dass Dir mein Blog etwas taugt, vielen Dank!

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    2. Seelenlos trifft es sehr gut, find ich.

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  3. Obtal, ja aber der Kapitalismus ist ein menschenfeindliches System was ich komplett ablehne.
    Blos das System wird von Menschen gemacht und genau die sind erstmal die Schuldigen.
    Für mich sind die heutigen Zustände doch bestimmten Personen zuzuweisen.

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