Dienstag, 10. Juli 2012

Verdunkelungsgefahr


Wer fährt schon gerne durch einen dunklen Tunnel?
Niemand.
Worauf wartet jeder, der durch einen dunklen Tunnel fährt?
Auf ein Licht am Ende des Tunnels.
Was, wenn am Ende des Tunnels kein Licht in Sicht ist?
Dann wird's zappenduster.
Wieviele Tunnels gibt es in Europa?
Keine Ahnung, aber bestimmt jede Menge.
Wieviele dieser europäischen Tunnels haben kein Licht am Ende?
Ziemlich viele.
Was tun, wenn es in Europa immer mehr Tunnels ohne Licht am Ende gibt?
So tun, als ob es in Europa keine Tunnels ohne Licht am Ende gäbe.
Was tun, wenn das immer weniger glauben?
Einfach weiter so tun, als ob es in Europa keine Tunnels ohne Licht am Ende gäbe, aber vorsichtshalber hinzufügen: "Wir sind auf einem guten Weg!"
Aha. Wie lange das Ganze?
Bis es kein Schwein mehr glaubt.
Wie lässt sich das verhindern?
Was verhindern?
Dass es kein Schwein mehr glaubt.
Ach so. Indem wir weiter behaupten, mit den notwendigen Sparmaßnahmen würde es bald ein Licht am Ende des Tunnels geben.
Wie nennt sich dieses Vorgehen?
Europäisch-euphemistischer Verdunkelungs-Kauderwelsch.
Können Sie uns dafür ein Beispiel geben?
Gar kein Problem. Hier eines unter vielen, das aktuellste:
In Italien, das Ende 2011 in eine Rezession rutschte, schrumpfte das Bruttosozialprodukt im ersten Quartal 2012 um 0,8 Prozent, infolge einer Reihe strenger Sparmaßnahmen, die darauf abzielten, das Land vor der Euro-Finanzkrise zu retten.
Das war jetzt der Tunnel. Wo bleibt das Licht?
Hier:
"Wir brauchen einen neuen italienischen Geist (new Italian spirit)."
Hat das neue italienische Gespenst auch einen Namen?
Natürlich, Ignazio Visco, Chef der italienischen Zentralbank:
"2012 wird ein negatives Jahr sein, aber wenn sich die Situation nicht verschlimmert, und wenn das Zinsänderungsrisiko fällt, und wenn die Lösung der Krise auf europäischem Niveau geteilt wird..."
...also, wenn alle europäischen Tunnels ohne Licht am Ende miteinander vernetzt werden?
Quatsch, lassen Sie den Mann doch ausreden:
"...dann könnten wir am Ende des Jahres ein Licht am Ende des Tunnels sehen."
Das glaubt dem Mann doch kein Schwein.
Doch, bis jetzt schon. Ist ja auch noch nicht Ende des Jahres.
Aber was, wenn am Ende des Jahres am Ende des Tunnels kein Licht auftaucht?
Bis dahin haben wir noch viel Zeit für weitere Sparmaßnahmen.
Was, wenn's zum Jahresende hin zappenduster wird?
Auch kein Problem. Dann sagen wir vor dem Kurzschluss, ähm, kurz vor Torschluss einfach, das Licht am Ende des Tunnels musste aus Budgetgründen abgeschaltet werden.
Anders gesagt, Sie wollen das Licht am Ende des Tunnels einsparen?
Genau.
Sie sind ja irre.
Was soll's, solange es kein Schwein merkt.
Was, wenn dem Schwein rechtzeitig ein Licht aufgeht?
Können Schweine fliegen?
Nein.
Sehen Sie.
Haben Sie schon mal davon gehört, dass Schweine im Dunkeln besonders gut sehen können?
Nein.
Sehen Sie.

2 Kommentare:

  1. Würde man sich ganz einfach mal umdrehen, könnte man das Licht noch sehen. Aber nicht mehr lange, dann ist auch dieses Licht weg. Irgendwie lustig.

    Danke für die schönen Texte!

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    1. Sehr gerne!

      Song zum Text:

      "down in the tunnels trying to make it pay...hand me down my walkin' shoes...do the walk of life"

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