Montag, 23. Juli 2012

Soziale Explosion


Welch ein Drama. Mir ist heute ein Staubsaugerbeutel explodiert. Einfach so. Also, was heißt einfach so, er war halt einfach zu voll beziehungsweise ich einfach zu faul, rechtzeitig einen neuen, leeren Staubsaugerbeutel einzulegen. Das hat sich nun gerächt. Ohne ins Detail gehen zu wollen, so viel steht fest: Einen explodierten Staubsaugerbeutel wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht.

Statt 'explodiert' könnte ich auch sagen, das Ding ist geplatzt, läuft aber aufs Gleiche hinaus. Zu viel Dreck bekommt einem Staubsaugerbeutel nicht gut, habe ich gelernt, obwohl Staubsaugerbeutel ein ziemlich hohes Fassungsvermögen für Dreck haben, aber irgendwann ist halt Schluss. Wer mehr Dreck in so einen Staubsaugerbeutel stopft, als das Ding bereit ist aufzunehmen, dem fliegt das Ding um die Ohren, und die bittere Lektion daraus ist: selber schuld.

Nach mühevoller Spurenbeseitigung und mit einer dem Explodieren nahen Staublunge machte ich röchelnd einen kurzatmigen Streifzug durchs Internet, um mich abzulenken oder zu entspannen oder wie auch immer, halt irgendwie auf der Suche nach einer de-explosiven Mischung, um wieder runterzukommen; klickte also zwei-, dreimal, las dieses, las jenes und sah mich alsbald mit einer Explosion ungeahnten Ausmaßes konfrontiert. Einer Explosion, von der ich bis dato noch gar nicht wusste, dass es sie gibt: die soziale Explosion.

Herrschaftszeiten. Soziale Explosion! Natürlich ereilte mich sofort ein übler Flashback, weil ich an meinen übervollen Staubsaugerbeutel denken musste, nach Luft schnappte und vor mich hin blubberte: Ja, wenn ihr die Leute mit immer mehr Dreck vollstopft und ihnen dann noch mehr Dreck zumutet und ihnen zu guter Letzt noch eine ultimative Extraportion Dreck reinwürgt, dann dürft ihr euch nicht wundern, wenn den Leuten der Kragen platzt.

Mal ganz abgesehen davon, dass Menschen keine Staubsaugerbeutel sind, will sagen, ihre natürliche Disposition besteht nicht darin, möglichst viel Dreck zu absorbieren, weshalb ihr Dreckfassungsvermögen keineswegs unendlich ist, obwohl das einige Typen auf höchster staubfreier EU-Ebene zu glauben scheinen und sich dann wundern, wenn die Füllstandsanzeige auf unterster EU-Ebene klar und unmissverständlich signalisiert: Das Maß ist voll, bis hierhin und nicht weiter, sonst platzen wir, passt auf, euer Dreck fliegt euch um die Ohren!

Einem sozialdemokratischen EU-Staubsaugervertreter scheint gerade zu dämmern, dass Staubsaugerbeutel kein unbegrenztes Fassungsvermögen haben. Angesichts der "sich verschärfenden Eurokrise" und neuer Proteste gegen Sparmaßnahmen "befürchtet" der Präsident des Europaparlamentes, Martin Schulz (SPD), eine "unkontrollierbare Entwicklung":
"Die Demonstrationen in Spanien zeigen einmal mehr, dass aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Europa eine soziale Explosion droht," warnte Schulz.
Tja, Herr Schulz, von nix kommt nix. Wer den Menschen immer mehr Dreck reinwürgt, der muss halt irgendwann das Fürchten lernen. Noch bitterer die Lektion - aber davon ist die staubfreie EU-Ebene noch weit entfernt -, dass Menschen nun mal kein Staubsaugerbeutel sind, sondern Menschen, verstehen Sie?, einfach Menschen.

Und solange das so bleibt und Sie und ihresgleichen das nicht verstehen, zählen Sie zu meinen ärgsten Feinden, denen ich von Herzen - und jetzt muss ich mich von Herzen revidieren -, einen explodierenden Staubsaugerbeutel wünsche.

Selber schuld.

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