Sonntag, 8. Mai 2011

Happy Mother's Day



Alles kommt wieder, auch die 50er Jahre. War das nicht schön damals, als Mutti noch genau wusste, wo ihr Platz war? Und das Töchterchen frühzeitig coachte, damit auch ihm beizeiten klar wurde, an welchen Platz es einmal gehören würde?

Ist das wirklich schon so lange her? Mir scheint, die 50er Jahre waren erst gestern. Ach was - heute! Diese Anzeige des Jahres 2011 verströmt den strengen Geruch längst vergangen geglaubter Zeiten. Bereits damals meinte ein aufgepumpter Fettsack männlichen Geschlechts namens Mr. Proper den properen Hausfrauen zeigen zu müssen, wo es lang geht; er tut es heute wieder.

Mit welcher Botschaft? Herr Saubermann - das heißt: die Firma Procter&Gamble - rät den Mädels, am sogenannten Muttertag doch bitte jenen Job zu verrichten, auf den es "wirklich" ankommt. Was er damit wohl meint? Fenster putzen? Boden wischen? Oder, zur Feier des Tages - nur an diesem einzigen Tag - mal keine Fenster putzen, keinen Boden wischen, einfach mal ganz Mutter sein oder was?

"Keep scrubbing, Bitch!", interpretiert der zum Sarkasmus neigende Copyranter die Werbeaussage, nennt Mr. Clean bei seinem bürgerlichen Namen, nämlich "chauvinistic asshole" und schließt seine Exegese mit der Bemerkung: "Werbung, die nach desinfiziertem Sexismus stinkt." Goldene Worte.

Aber man wird doch wohl den sogenannten Muttertag noch stilvoll abfeiern dürfen, oder? Na klar, am besten so:
"It's a day to say: Fuck you, misogynistic Mr. Clean!"

9 Kommentare:

  1. Es könnte mit 'Job' auch die wirkliche Erwerbsarbeit gemeint sein. Weil Mr. Clean so viel Zeit spart, kann sie (oder er) sich um den Job kümmern. ...gewagte Interpretation - aber möglich.

    --- anderes Thema:

    Die 50er werden nicht wiederkehren. Erst wieder zum nächsten Wirtschaftswunder. Daß in nächster Zukunft sich ein solches Wirtschaftswunder ereignet, ist sehr unwahrscheinlich.

    In den 50ern gab es keine Arbeitslosigkeit. Vom Einkommen des Mannes konnte man sich selbst, seine Frau und drei Kinder ernähren. Heute reicht es kaum für ihn selbst. Da müssen Frauen mitverdienen. Für alleinerziehende Frauen bleibt sowieso nichts anderes übrig. Von einem Leben in kleinbürgerlicher Idylle können die Menschen nur noch träumen. Und das sollen sie möglicherweise auch. Man erinnert sich doch gern an gute alte Tage, wo alle Menschen optimistisch in die Zukunft blickten. Diese schöne Erinnerung soll sich mit Mr. Propers Putzmittel verbinden (...glaube ich).

    Heute übliche Zusammenlebensformen wie uneheliche Lebensgemeinschaften ("wilde Ehen"), homosexuelle Lebensgemeinschaften, womöglich noch mit Kindern und alleinerziehende Eltern galten in den 50ern als anstößig. Bedenkt man, wieviele nicht-verheirateten Paare und alleinerziehende Eltern es gibt, ist die Rückkehr der 50er eher unrealistisch. Da kann die Werbung machen, was sie will.

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  2. Erwerbsarbeit? Am Muttertag = Sonntag? Sehr gewagte Interpretation ;).

    "Die 50er werden nicht wiederkehren. Erst wieder zum nächsten Wirtschaftswunder. Daß in nächster Zukunft sich ein solches Wirtschaftswunder ereignet, ist sehr unwahrscheinlich.": Da hast du allerdings absolut recht, für ein herannahendes Wirtschaftswunder fehlt mir auch die passende Fernbrille.

    Es sind ja auch nicht die leibhaftigen 50er, die hier zur Tür reingucken, sondern ihr Geist. Der es übrigens mit dem Leibhaftigen locker aufnehmen kann. Mir gruselt's.

    Nur eins noch: jene "guten alten Tage, wo alle Menschen optimistisch in die Zukunft blickten" - durch die von Frauenhand geputzten Fenster. Setzen, georgi, putz mal wieder dein Fenster in die Vergangenheit ;).

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  3. "Es sind ja auch nicht die leibhaftigen 50er, die hier zur Tür reingucken, sondern ihr Geist. Der es übrigens mit dem Leibhaftigen locker aufnehmen kann. Mir gruselt's."

    Die 50er: Das waren u.a.:
    * übriggebliebene Nazis,
    * hysterische Antikommunisten (McCarthy und so),
    * die Nachwirkungen des Zweiten Weltkrieges, kalter Krieg, Mauer etc.,
    * streng geregelte Lebensentwürfe

    aber eben auch:
    * phantastische Fortschritte in Naturwissenschaft und Technik (Halbleiterelektronik, Raumfahrt, Kernkraft),
    * das Zeitalter der planetarischen Demokratie, d.h. schrankenlose bürgerliche Freiheit für fast jeden,
    * das Zeitalter wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit und des Massenwohlstands, Elvis Presley, Beatles, ...

    In den 50ern hatte (zumindestens in Amerika) fast jeder sein Auskommen. Alle Bereiche waren irgendwie geregelt. Niemand mußte einen Gedanken an seine Zukunft verschwenden, zumindestens dann nicht, wenn er sich an konventionelle Lebensentwürfe hielt. Auf sicherer Grundlage erweiterten die Menschen dann ihren Horizont, schlossen sich sozialen Bewegungen an, kämpften gegen den Rassismus in den USA, gegen Umweltverschmutzung und sogar gegen überkommene Geschlechterrollen, und gegen alle möglichen anderen Mißstände.

    Das war der Geist der 50er! ...nicht die heile Welt des Seifen-Fabrikanten. Den Geist der 50er möchte ich wiederhaben. Der Geist der 50er war beträchtlich erquickender als der Geist der Gegenwart. In den 50ern wurde die Sklaverei abgeschafft, heute wird sie wieder eingeführt. Damals erstrebten die Leute die planetarische Demokratie, heute sprechen sie von Demokrötie oder Postdemokratie. Die Liberalität der 50er wird heute überall als Gutmenschentum beschimpft. Die Rechtstaatlichkeit fiel im Kampf gegen den Terror. Anstatt, daß die Armut zurückgeht, greift die Massenarmut um sich. Im Gegensatz zu den 50ern marschiert der Faschismus, grassieren der Rassismus, Sozialdarwinismus und der Krieg. An die Stelle der zahlreichen Visionäre, die kühne Entwürfe zur Lösung gesellschaftlicher Probleme erarbeiten, und unter den Menschen Zuversicht verbreiteten, sind phantasielose Dogmatiker getreten, die üble Zustände als alternativlos hinstellen.

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  4. "streng geregelte Lebensentwürfe", möchte ich nicht wiederhaben.

    "Alle Bereiche waren irgendwie geregelt", möchte ich nicht wiederhaben.

    "Niemand mußte einen Gedanken an seine Zukunft verschwenden", könnte interessant klingen - "zumindestens dann nicht, wenn er sich an konventionelle Lebensentwürfe hielt", vergiss es, uninteressant.

    "Auf sicherer Grundlage" (welcher? der sicheren Grundlage konventioneller Lebensentwürfe?) "erweiterten die Menschen dann ihren Horizont" (unter Beibehaltung ihrer konventionellen Lebensentwürfe? wie geht das denn?), "schlossen sich sozialen Bewegungen an, kämpften gegen den Rassismus in den USA, gegen Umweltverschmutzung und sogar gegen überkommene Geschlechterrollen, und gegen alle möglichen anderen Mißstände" (außer gegen sicherheitsversprechende konventionelle Lebensentwürfe?).

    Ne ne, will ich alles nicht wiederhaben, lass den Geist mal schön in der Flasche.

    Wen ich allerdings wiederhaben will, ist Bill Haley, mit Haut und Haar und jedem einzelnen Stuhl, der auf seinen RocknRoll-Konzerten kaputtgehauen wurde, gern auch im Doppelpack mit Elvis, aber bitte ohne die Beatles, weil, die waren 60er Jahre, das war wieder ein ganz anderer Geist, über den reden wir dann, wenn die Klementine wieder modern wird (oder wie hieß die nochmal? Tante Omo? Du weißt schon, die unverheiratete Nichte von Mr. Proper, die einfach nicht unter die saubere Haube zu bekommen war.)

    Kurz danach hat's ja dann gekracht, 68, erinnerst dich? Scheinen irgendwie ein Problem mit dem Geist der 50er gehabt zu haben...

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  5. Idealbilder:

    http://www.plan59.com/av/av046.htm

    aber auch:

    http://farm2.static.flickr.com/1097/953434550_ff6ac8798e_o.jpg

    Ansonsten: Volle Zustimmung zu den moppigen Ausführungen!

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  6. He he...die ungezügelte Fleischeslust der 50er Jahre (Bild 2)!

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  7. "Kurz danach hat's ja dann gekracht, 68, erinnerst dich? Scheinen irgendwie ein Problem mit dem Geist der 50er gehabt zu haben..."

    Du hast ein Problem mit der Dialektik. Die 50er waren halt widersprüchlich. Auf der einen Seite Prüderie und rigoroser Konservatismus. Auf der anderen Seite Träume von einer besseren Welt. Zu der anderen Welt gehören auch Elvis Presley und Bill Haley, die belegen, daß Prüderie und rigoroser Konservatismus doch nur einen Teil des Volkes beherrschten, der Teil, der ständig dem anderen Teil des Volkes Vorschriften darüber zu machen pflegte, welches Radioprogramm das richtige wäre, weil es die Welt mit der primitiven vulgären Krachmusik verschonte.

    Vieles, was in den 50ern sich entwickelte, war wesentlich für die geistige Neuausrichtung der westlichen Gesellschaft 1968: Da wäre zunächst die Zulassung breiter Bevölkerungsteile zu den Universitäten, der aufkommende Massenwohlstand, der allgemeine liberale Geist und die Überzeugung, mit Hilfe von Wissenschaft & Technik alle Probleme der Welt in den Begriff bekommen zu können, und andere schöne Dinge, die sich in den 50ern entwickelten. Diese schönen Dinge traten dann in den Widerspruch mit den althergebrachten unschönen Strukturen, woraufhin diese unschönen Strukturen zu Veränderungen gezwungen waren.

    Und die Strukturen wurden schöner. Nun sind diejenigen in den Strukturen vertreten, die an der Verschönerung der Strukturen beteiligt waren, die Gerhard Schröder, Daniel Cohn-Bendit, Joschka Fischer, Oswald Metzger, Ulla Schmidt. Und was machen diese Leute? Sie schaffen die schönen Dinge wieder ab: den Massenwohlstand, den Zugang zu den Universitäten für die breite Masse etc.

    So: Was findest Du besser? Unschöne Strukturen, die schöne Dinge einführen, oder schöne Strukturen, die schöne Dinge abschaffen?

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  8. "Was findest Du besser? Unschöne Strukturen, die schöne Dinge einführen, oder schöne Strukturen, die schöne Dinge abschaffen?"

    Ich wär' ja doof, wenn ich diese Frage beantworten würde, weil, dann würde ich mich ja als komplette Nichtdialektikerin outen. Jedenfalls, wenn ich sie in der gestellten entweder/oder-Form beantworten würde.

    Das Schöne an "Strukturen, die schöne Dinge abschaffen", ist ja, dass sie das nicht endlos tun können, weil ihnen sonst irgendwann höchst unschöne Dinge auf die Füße fallen werden. Alles nur noch eine Frage der Zeit. Und, mit Verlaub, der Dialektik.

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  9. Na, warten wir mal die Zukunft ab. Im Augenblick werden die Strukturen noch schöner, nämlich postdemokratisch, rassistisch, faschistisch, sarrazynistisch, illiberal. Mal sehen, was den Strukturen auf die Füße fällt. Ich denke, bestimmt keine unschönen Dinge. Bevor ihnen das passiert, werden nämlich Arbeitslager für Arme und Moslems eingerichtet und die Folter legitimiert. Da kann dann den Strukturen gar nichts mehr passieren.

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