Eins nach dem anderen.
Thomas Jefferson war der dritte Präsident (1801 bis 1809) der Vereinigten Staaten von Amerika.
Nach ihm benannt ist die sogenannte Jeffersonian Democracy, zu deren Idealen und Kernzielen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Ausdruck der individuellen Persönlichkeit gehört ("Freedom of speech and the press are the best methods to prevent tyranny over the people by their own government.").
In Washington wurde zu Ehren Thomas Jeffersons ein Denkmal errichtet, das Jefferson Memorial.
Anhänger des demokratischen Grundgedankens von Thomas Jefferson nehmen dessen alljährlichen Geburtstag gern zum Anlass, zum Jefferson Memorial zu gehen und dort zu feiern.
Einige von ihnen taten es auch dieses Jahr. Sie wurden in Handschellen abgeführt. Zuvor wurden sie von der Polizei beschimpft, angerempelt, zu Boden geworfen und gewürgt.
Welchen Verstoßes gegen welches Gesetz sie sich schuldig gemacht haben, ist bis heute unklar. Klar ist hingegen, dass sie im Vorhof des Denkmals getanzt haben. Klar ist ferner, dass sie weder einen Rave veranstaltet haben noch ein beunruhigendes Pogo-Event. Auch deutet nichts darauf hin, dass es sich um einen konspirativen Flashmob gehandelt hat. Es wurde teils engumschlungen getanzt, teils wurde Walzer getanzt, einige ergingen sich in harmlosen Freestyle-Bewegungen.
Das Video beginnt damit, dass die Polizei die nichttanzenden Besucher des Denkmals vor den tanzenden Besuchern zu schützen versucht. Dann erfolgt der Zugriff auf die Tanzenden.
Klar ist außerdem, dass keinem der Tanzenden irgendeine Form der Lärmbelästigung nachgewiesen werden konnte, zum Beispiel durch das öffentliche Abspielen von Musik. Allerdings ist unklar, welcher subversiven Art von Musik die Tanzenden über ihre Kopfhörer lauschten.
Als Reaktion auf das jüngst ergangene Gerichtsurteil, demzufolge Tanzen am Jefferson Memorial als illegal gilt, erfolgt hier ein Aufruf zu zivilem Ungehorsam: Leute, kommt an diesem Samstag zum Tanzen ans Jefferson Memorial, und vergesst auf keinen Fall, eure Kopfhörer mitzubringen! Wir wollen Jeffersons Geburtstag so feiern, wie wir Jeffersons demokratische Prinzipien verstanden haben:
"We can dance if we want to!We can leave the courts behind,'cause the judge don't dance,and if he don't dance,then he ain't no friend of mine."
Übrigens zählte zu Thomas Jeffersons demokratischen Grundgedanken auch das "Recht auf Revolution".
Letzte Woche gab es in meinem Kiez ein Open-Air-Musikfestival, alles kostenlos, sehr locker, sehr improvisiert, völlig unkommerziell, d.h. keine Verkaufsstände o.ä. Den einzigen Getränkeverkauf gab es in einem Kiosk in der Nähe des Parks, in dem die Musik lief.
AntwortenLöschenEs war heiß. Lange Schlange vor dem Kiosk. Einige Wartende fingen auf dem Bürgersteig an, zur Musik zu tanzen. Ordnungskräfte von der Polizei kamen. Wir sollen bitte aufhören zu tanzen, dafür sei der Bürgersteig nicht da. Wir: Seit wann ist es verboten, auf dem Bürgersteig zu tanzen? Polizei: Sie können doch in den Park gehen, um zu tanzen. Wir wiederholen unsere Frage. Polizei: Es störe, wenn wir auf dem Bürgersteig tanzten. Wir: wen? Polizei: Es gehe um die öffentliche Ordnung, ums Prinzip. Ein Bürgersteig sei nun mal nicht zum Tanzen da.
Keine Ahnung, ob es in Deutschland ein Gesetz gibt, das das Tanzen auf dem Bürgersteig verbietet. Sollte es eines geben, bitte ich höflich darum, mich als Bürger davon zu unterrichten, z.B. ein Schild anzubringen: Tanzen auf dem Bürgersteig für Bürger verboten. Am Jefferson-Memorial hängt ebenfalls kein Schild. Egal, ob und seit wann es so ein Gesetz gibt - wird hinreichend kommuniziert, dass es dieses Gesetz gibt? Woher soll der Bürger wissen, dass er nicht tanzen darf, wenn es ihm nicht mitgeteilt wird?
Schon klar, warum da keine Schilder hängen: Würde einen äußerst schlechten, undemokratischen, ja totalitären Eindruck machen, so ein Schild (genauso undemokratisch und totalitär wie der polizeiliche Übergriff). Man stelle sich vor, ein Foto von so einem Schild ginge via Internet um die Welt - wie, im "freiheitlichen" Amerika ist es verboten, im Gedenken an die freiheitliche Tradition Jeffersons zu tanzen? Der Bär wäre los.
Ansonsten, "elendstechnisch" sind wir uns völlig einig.
Ausführliche, sehr differenzierte und kritische Berichterstattung zu dem Fall Jefferson Silent Dancing:
AntwortenLöschenhttp://blogs.forbes.com/benkerschberg/2011/05/18/d-c-circuit-opinion-banning-dancing-at-memorials-deserves-very-close-scrutiny/
Jenes ominöse Gesetz schreibt eine "feierliche Atmosphäre" am Jefferson Memorial vor, OHNE zu spezifizieren, was darunter im einzelnen zu verstehen ist.
"Respectfully, could the court please explain–it did not–what viewpoint about Jefferson the Memorial embodies?"
In genau diesem Sinne war meine kleine Kiez-Berichterstattung gemeint.
Es war Emma Goldman, die gesagt hat, wenn sie nicht tanzen dürfe, sei es auch nicht ihre revolution.
AntwortenLöschenUnd ich erinnere mich auch an einen satz von Jefferson, der sagte, ein demokratie müsse immer wieder mit dem blut der revolution gedüngt werden.
Vonwegen feierlich!
Der hätte Emma zugestimmt und sie sofort zum tanzen aufgefordert. Der Typ war nämlich ____kein____ langweiler.
bel
Emma Goldman rocks. Forever.
AntwortenLöschen"Von wegen feierlich!": Hier zeigt die Staatsgewalt, was sie unter angemessener Feierlichkeit versteht.
Irgendwas stimmt mit der Verlinkung nicht:
AntwortenLöschenhttp://coilhouse.net/wp-content/uploads/2011/05/Adam_VS_The_Man_Memorial_Jefferson.jpg