Montag, 16. Mai 2011

Laszive Lockenwickler


Paranoia hat viele Gesichter.

Wir leben ja angeblich in einer recht freizügigen Gesellschaft, was immer der einzelne im einzelnen darunter versteht. Nehmen wir zum Beispiel die Titelseiten von Zeitschriften. Halbnackte Frauen, kein Problem, gern auch dreiviertelnackt, aber bitte nicht mit barbusiger Vorderfront. Halbnackte Männer, kein Problem, gern auch dreiviertelnackt, aber bitte mit ordentlich muskulär besixpackter Vorderfront.

Wir sind tolerant, wir sind freizügig, uns kann nichts mehr schockieren. Deshalb verkraften wir so ziemlich alles, was uns an Freizügigkeit auf Zeitschriften-Covers zugemutet wird.


Aber was zu weit geht, geht zu weit.

Die zweimal jährlich erscheinende Kunst- und Kulturzeitschrift Dossier brachte das serbische Model Andrej Pejic auf ihren aktuellen Titel, was die größte amerikanische Buchhändlerkette Barnes & Noble landesweit zur Zensur veranlasste: Sie verkauft die aktuelle Ausgabe von Dossier ausschließlich in schwarzen, blickdichten Polyestertaschen.

Zu gewagt ("too risky") sei diese Titelseite, ließ der Zeitschriftenvertreiber lakonisch verlauten - mehr nicht - und überlässt es dem interessierten Rest der Welt zu rätseln, was um Himmels willen riskiert würde, wenn das beanstandete Foto offen an den Verkaufsständen ausläge.

Dabei muss man nur genau hinschauen und schon entdeckt man den sittenwidrigen Pfahl im Fleisch: Haare aufgedreht auf Lockenwicklern? Bitte? In aller Öffentlichkeit? Geht's noch? Irgendwo muss auch mal Schluss sein mit dem Tabubruch.

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