Mittwoch, 4. Mai 2011

Das Runde muss übers Eckige


Oft wird beklagt, dass Kinder heutzutage kaum mehr im Freien spielen. Andererseits wird eingewendet, dass das Spielen auf der Strasse, zum Beispiel mit einem Ball, viel zu gefährlich sei. Oder zu Konflikten führen könnte. Was, wenn der Ball irgendwohin fliegt, wo er nicht hinfliegen soll? Zum Beispiel in Nachbars Garten. Nicht jeder Nachbar sieht die Sache von der sportlichen Seite und freut sich über die torschießerischen Qualitäten des Nachwuchses, noch ist er so freundlich, den fliegenden Fremdgänger wieder herauszurücken.

Bestimmt hatte fast jeder in seiner Kindheit unter so einem nachbarschaftlichen Spielverderber zu leiden. Das ist in Mitteleuropa nicht anders als in Pakistan. Nur, in Pakistan trifft solch herzloses Verhalten die kickenden Straßenkinder noch viel härter, weil die sich ja nicht alle Tage den Kauf eines neuen Balles leisten können. Deshalb sagen jetzt manche, Osama bin Laden sei zu Lebzeiten ein besonders herzloser, kinderfeindlicher Nachbar gewesen, weil er die Bälle, die über die sagenumwobene hohe Mauer seines Grundstückes geflogen kamen, kurzerhand konfisziert hat ("Osama bin Laden hat kleinen Kindern den Fußball weggenommen!").

Mehr noch, er habe den Kindern verboten, das Grundstück zu betreten, um sich ihre danebengeschossenen Geschosse zurückzuholen. Unglaublich! "Hatten Al- Quaida-Mitglieder denn keine Kindheit?", heißt es im Brustton der Empörung. Das Mindeste an zu erwartender Mitmenschlichkeit seitens Osama wäre doch gewesen, den Ball, nachdem er einmal die Achse des Bösen versehentlich überquert hatte, einfach zurückzukicken!

Hat er aber nicht. Er hat, schurkisch wie er war, die Bälle einfach behalten. Was er mit ihnen gemacht hat, ist nicht überliefert. Überliefert ist jedoch, dass er jedem Kind je verschossenem Ball eine Art, nun ja, umgekehrte Fangprämie gezahlt hat in Höhe von 50 Rupien. Unmöglich, dieser Osama. Erst nimmt er den Kids die Bälle weg, dann verdirbt er sie zu kleinen geldgeilen Konsummonstern. Überliefert ist nämlich ferner, dass die Fußballkinder, nachdem sie den Braten einmal gerochen hatten, "anfingen, die Bälle absichtlich über die Mauer ins Grundstück zu kicken, um so an mehr Geld zu kommen."

Was lernen wir? Das Böse und das Geld regieren die Welt. Und der Kapitalismus mitsamt seiner Geldgier, seinem Konsumwahn und seiner moralisch verkommenen Incentive-Kultur sind in der tiefsten pakistanischen Provinz ins Rollen gebracht worden.

1 Kommentar:

  1. Wahrscheinlich hat O. auch alten Omas nicht die Einkäufe nach Haus getragen. Oder sonntags sein Auto vor der Haustür gewaschen. Die Verhausmeisterung der Welt ist in vollem Gange. Zum Glück sitzen wir im Internet dabei immer in der ersten Reihe...

    (Wie mich das alles anödet.)

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