Donnerstag, 31. Dezember 2009

Kehraus



So. Das Jahr ist fertig. Der Weihnachtsmann ist auch fertig, aber endgültig. Fertig gemacht hat ihn die letzte Nacht - es ging hoch her. Es war nämlich die letzte Nacht des gastronomischen Jahres; heute an Silvester bleibt das Restaurant aus alter Tradition geschlossen. Deshalb hat es sich über die Jahre eingebürgert, die Nacht vom 30. auf den 31. Dezember als gigantischen Kehraus zu feiern. Jessas, haben die gefeiert.

Augenzeugen berichten, noch um vier Uhr in der Frühe habe qualvolle Enge und ausgelassenes Treiben geherrscht. Nicht ausgeschlossen, dass Frau Übermop bei Arbeitsbeginn (fünf Uhr) auf unerwartete Gesellschaft getroffen ist; aber da ist sie die Diskretion in Person. Als Mrs. Mop um sechs Uhr loslegte, herrschte Ruhe an Bord. Trügerische Ruhe - bis geschätzte 783 leere Proseccoflaschen einen Höllenlärm machten beim Entsorgen. Flaschen, so weit das Auge reichte, und ein am Klavier versumpfter Weihnachtsmann. Man fragt sich, ob es der Rotwein war, für welchen er hier übrigens keine Werbung macht, oder ob er besoffen ist von den rekordverdächtigen Abverkaufszahlen des Buches. Jetzt schläft er erst mal seinen wohlverdienten Rausch aus. Bis zum nächsten Jahr. Hicks.

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Saumäßig


Es gab hier schon dicke Hunde und fette Katzen. Von Schweinen war noch keine Rede gewesen, schon gar nicht von wohlbeleibten Schweinen (okay, von Schweinshaxen, aber Haxen sind ja keine Tiere). Zur zoologischen Bereicherung dieses Blogs hat heute Frau Übermop beigetragen, indem sie den Spruch zum Jahresausklang absonderte.

Anlass war eine unnötige Betriebspanne zwischen den gastronomischen Jahren, die den Putzfrauen unnötige Mehrarbeit verursachte und Mrs. Mop zu der Bemerkung nötigte, manche Leute könnten halt beim Denken keine großen Sprünge machen. "Große Sprünge?", rief Frau Übermop sarkastisch.
"Manche Leute denken nicht weiter als wie 'ne fette Sau springt!"
Grandios. Man muss dazusagen, Frau Übermop ist ländlicher Herkunft und bringt die Dinge gern deftig auf den Punkt. Als Kind war sie oft bei Hausschlachtungen dabei gewesen und musste immer die wohlgenährten, von der Schlachtbank ausgebüchsten Jungtiere wieder einfangen. Daher die Expertise.

Morgen bekommt sie von mir eine selbstgebastelte Silvesterkarte mit diesem Bild eines drallen Schweinderls.
Wollen mal sehen, wie weit es dieses vollschlanke Exemplar im Weitspringen bringt. Bis übermorgen wird die fette Sau es schon schaffen.

Dienstag, 29. Dezember 2009

Bonuszahlung


Mit Weihnachten hat es sich ja nun ausgeschnullert. Denkt man so. Aber kaum fängt man an, im Supermarkt Ausschau nach den ersten Schokoladeosterhasen zu halten, da spaziert der Weihnachtsmann zur Hintertür wieder herein. Auf leisen Sohlen schlich er sich heute an mich ran und raunte mir zu "du, da gibt's noch was zu Weihnachten für dich!" Wie, zu Weihnachten? Ein Umschlag wurde mir zugesteckt.

Das kam mir bekannt vor. Lag doch erst vor wenigen Tagen in meinem Adventskalender-Päckchen ebenfalls ein Umschlag. In dem Umschlag befanden sich drei Kinogutscheine. Das ist eine nette Geschenkidee, eigentlich; nur halt in meinem konkreten Fall etwa so, wie wenn man einem Vegetarier drei knusprige Schweinshaxen anbietet. Heute also wieder ein Umschlag. "Noch mehr Kinogutscheine?", fragte ich beklommen und dachte, eine knusprige Schweinshaxe wäre mir lieber.

Als Antwort folgte ein Wort, das ich noch nie in meinem Leben gehört hatte und das mich umhaute. Was erzähle ich für einen Unsinn, natürlich habe ich dieses Wort schon oft gehört und weiß, was es bedeutet. Schließlich weiß ich ja auch, was eine Million ist, ohne je eine besessen zu haben. Mit Weihnachtsgeld ist es genauso: Ich weiß zwar, was Weihnachtsgeld bedeutet, habe aber noch nie im Leben welches bekommen, woher auch, als Freiberufler. Seit heute weiß ich, wie es sich anfühlt, Weihnachtsgeld zu bekommen.


Montag, 28. Dezember 2009

Zerreißprobe


Liebe Firma Rewe,

wegen dir habe ich heute einen Tobsuchtsanfall bekommen. Um genau zu sein, wegen eines deiner Produkte. Doch, doch, es handelt sich um dein Produkt und nicht um das irgendeines dahergelaufenen Markenherstellers, für dessen Qualitätsmängel du reflexartig keine Haftung übernehmen willst. Das Produkt trägt den Handelsmarkennamen "ja!", ist damit eindeutig dem Hause Rewe entsprungen und kriegt von mir ein glattes NEIN.

Nicht weil die Alufolie so schlecht ist (obwohl sie dicker sein könnte), sondern weil das Öffnen jeder neuen Rolle Alufolie einer Tortur gleichkommt. Eure Produktdesigner müssen analsadistisch veranlagte Quälgeister sein. Die haben der vollen Rolle so ein zierliches weißes Klebebändchen um den Bauch gepappt (links); wenn man daran zieht - vorausgesetzt, man findet etwas zum Ziehen, also den Anfang jenes Bändchens -, dann reißt das blöde Klebebändchen gleich die an ihm klebende erste Schicht Alufolie mit ab. Natürlich nur das kleine Stück Folie in der Mitte der Rolle, auf dem das Klebebändchen klebt. Ab dann hat der Nutzer verloren.

Einmal in der Mitte eingerissen, lässt sich die Folie nie mehr komplett an einem Stück von der Rolle abziehen, sondern nur noch fetzen- oder streifenweise. Zunächst gutgläubig, setzt der Nutzer auf den bekannten Toilettenpapier-Abrolleffekt: Nach anfänglichem Gewurschtel kommt schließlich doch Blatt für Blatt sauber von der Klorolle, und so hätte man es gern. Aber es kommt anders. Es kommt in Fetzen und Streifen. Und höret nimmer auf.

Liebe Firma Rewe, siehst du die vielen feinen Querrillen auf der Rolle? Streifen und Fetzen, sage ich nur. In Fetzen lagen auch meine Nerven. Als Frau Übermop mich in der Küche toben hörte, meinte sie gleichmütig, ich solle doch einfach eine neue Rolle nehmen. Dies tat ich, drückte jedoch die neue Rolle der Frau Übermop in die Hand und sagte: "Da!" Sie nestelte, sie wurschtelte, das Desaster nahm seinen Lauf - auch die zweite Alurolle war nicht flottzukriegen. Kurzerhand trat sie beide Rollen in die Tonne und verließ die Küche, dabei schnaubend: "Wird nicht mehr gekauft, basta!"

Später sagte ich empört: "Denen schreib' ich", und die Übermopsche fragte: "Was schreibst du denen?", und ich antwortete: "Dass der Produktdesigner sich bitte öffentlich an einem weißen Klebebändchen erhängen soll." Sie schaute schräg und meinte: "Glaubst du im Ernst, der macht das?"

Nichts für ungut, liebe Firma Rewe, das mit dem Erhängen habe ich ja nicht geschrieben, sondern nur gesagt, dass ich es schreiben würde, und jetzt erzähle ich halt, dass ich gesagt habe, ich würde es schreiben. Schreiben würde ich so etwas nie im Leben. Obwohl es wirklich ein effizienter Weg wäre, beide aus dem Verkehr zu ziehen: das Klebebändchen und den Produktdesigner. Zumindest für eines von beidem wäre man ja schon dankbar.

Viele Grüße
Mrs. Mop

Sonntag, 27. Dezember 2009

Inventur


Zum Abschluss des Geschäftsjahres gibt es dicke Kumpels im Sonderangebot.
Brauche ich einen Kumpel? Ja. Brauche ich einen Pflegefall aus einer Kumpel-Legebatterie? Nein. Liegen werdet ihr wie Blei, ihr Stücke, jede Wette.

Samstag, 26. Dezember 2009

Die Tage werden länger



Frühlingsgefühle an Weihnachten

Freitag, 25. Dezember 2009

Müllk(r)ippe


Einmal kräftig im Wohlstandsmüll gewühlt und fertig ist die Weihnachtskrippe fürs Prekäre:

Ein paar leere Bierdosen singen voller Inbrunst. Vierbeinige Sektkorken mit Wäscheklammerköpfen bewachen die Ölsardinenbüchse, sprich Futterkrippe. Auf Heu und auf Stroh liegt nicht nur das Kindlein, sondern auch eine Konservendose, die einem Pferd täuschend ähnlich sieht.

Was für eine ungewöhnliche Installation - schlicht, ergreifend, überaus lebendig und voll Witz. Sie steht als Weihnachtsdekoration im Schaufenster der städtischen Müllabfuhr. Passt schon.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Jauchzet, frohlocket


Hach ja. Weihnachten ist das Fest der Liebe und der Mythenbildung. Da wird geflüstert und geflunkert, geraunt und gerätselt. Vieles wird erzählt, manches nicht. Geschichten machen die Runde, um am nächsten Morgen dementiert und am Abend bestätigt zu werden. Kurzum, den großen Gästeadventskalender umgibt eine geheimnisumwitterte Atmosphäre.

Wie man sieht, ist nur noch ein einziges Päckchen verschlossen, nämlich das von heute, oben rechts neben dem Ventilator. Wie an den vergangenen 23 Abenden wird gegen 22 Uhr der Tagesgewinner ermittelt sein. Das wird sich, wie immer, unter einigem Hallo abspielen: feierliche öffentliche Übergabe des Päckcheninhaltes, garniert mit ein paar launigen Worten, worauf das Weihnachtsoratorium anhebt, zu dessen Klängen eine Art Kurzprozession stattfindet von Gast, Gastro-Weihnachtsmann samt Adventsgeschenkpäckchen einmal durchs ganze Lokal, unter begeistertem Beifall der Gäste, welcher - der Beifall - sich von Abend zu Abend ins Frenetische gesteigert hat. Am heutigen Heiligabend dürften stehende Ovationen zu erwarten sein. Jauchzet, frohlocket.

So weit, so transparent. Das ungelüftete Geheimnis liegt in der Ermittlungsmethode: Welcher Gast darf das Türchen des Tages öffnen? Warum gerade dieser Gast? Was ist ihm widerfahren? Tja. Wüsste man's, könnte man ja mit seinem Gastverhalten eventuell ein wenig nachhelfen, um an Präsent und Publicity zu kommen. Das soll aber unter allen Umständen vermieden werden. Deshalb wurde jeden Tag vom Geschäftsführungsteam eine andere Ermittlungsmethode ausgeheckt und der bloggenden Putzfrau ein Maulkorb verpasst. Letztere gilt nämlich als undichte Stelle im System.

Also, nur mal so als Beispiel: Wer heute als erster Gast saure Kutteln bestellt, darf das Päckchen des Tages öffnen. Wenn nun darüber die werte Kundschaft informiert wäre, würde sie womöglich am Heiligabend geschlossen den Gekrösegang einlegen und nichts als Kutteln ordern. Das will ja auch keiner. Weder an Heiligabend noch an den Tagen und Wochen davor. Zu meinem Glück sitzen sie jetzt alle schon im Restaurant und können das mit den Kutteln hier nicht mehr lesen.


Mittwoch, 23. Dezember 2009

Verkaufsförderung


Gut platziert ist halb verkauft. Alte Werberweisheit. Gibt es einen besseren Platz für Werbung als die Wand in einer Männertoilette, Abteilung Stehplätze?

Langer Blickkontakt auf Augenhöhe, entspannte Körperhaltung, hoher Aufmerksamkeitsfaktor, keine Reizüberflutung, keine Ablenkung. Kein Entkommen. Wer hier gepinkelt hat, der weiß, dass es am Tresen ein fabelhaftes Last-Minute-Weihnachtsgeschenk zu kaufen gibt. Wie man hört, läuft der Absatz reißend. Die Käufer sind vorwiegend männlichen Geschlechts, quer durch alle Altersgruppen. Na bitte. Wer braucht da noch Marktforschung.

Der Mann geht also nach getanem Geschäft zum Tresen, schiebt einen Zehner rüber und bekommt dafür ein Buch. Oder zwei oder drei, weil er denkt: wie praktisch, gleich mehrere Weihnachtsgeschenke auf einen Schlag. Frauen, denkt er, müssen dafür mindestens einen halben Tag durch die Stadt stiefeln, er dagegen braucht nur aufs Klo zu gehen und hat danach ein paar Sorgen weniger. Oder er verehrt das erstandene Buch gleich seiner Tischpartnerin im Restaurant. Und dann lesen die zwei in dem Buch und gackern und lachen, und irgendwann gackert der Nebentisch mit und schon wird noch ein Buch gekauft. Oder zwei oder drei. Warme Semmeln sind nichts dagegen.

Welches Buch jetzt? Jenes. Das große Buch der Zapfhahnblüten.

Dienstag, 22. Dezember 2009

Schnee von heute


Alle reden vom Wetter und davon, wie sie im Schnee steckengeblieben sind. Vor der Garage oder auf dem Parkplatz oder unterm Ärmelkanal. Jeder hat eine Geschichte parat. Mrs. Mop seit heute auch.
Es blieb nämlich der randvolle Flaschenboy auf freier Strecke stecken, einfach so, wie man es sonst nur von den ICEs kennt. Eine durch Schneemassen verursachte spontane Betriebsstörung. Nichts ging mehr. Weder vor noch rück. Kein Schieben, kein Ziehen. Da der Flaschenboy mitten auf der Straße liegenblieb, erwägte ich schon, ein Auto anzuhalten und um Anschubhilfe zu bitten. Frau Übermop war dagegen. Es half alles nichts, die gefühlten hundert Leerflaschen mussten aus dem Flaschenboy in Kisten umgepackt und von Hand zu den Containern geschleppt werden. Was heißt von Hand - von Körper! Durch Schnee, Matsch und gurgelnde Riesenschneewasserpfützen. Ganzkörperlicher geht's nicht.

Tröstlich ist, dass man nicht alleine von Schicksal und Schneemasse geschlagen ist. Jeden kann es treffen, ob Mensch oder Tier. Hier ist, glaube ich, eine Hummel steckengeblieben:


Hier scheint einem Affen das Lachen im Hals steckengeblieben zu sein:


Das hier sieht ganz nach steckengebliebener Taube aus. Kann aber auch sein, dass sie festgefroren war:


Ist ja auch egal. Sind wir nicht alle ein bisschen steckengeblieben?


Montag, 21. Dezember 2009

Sonntag, 20. Dezember 2009

Der Charlottenburger


Es sind bei dieser Polarkälte ja nur wenige Leute draußen. Aber die, die draußen sind, tun es alle. Manche gehen dazu verschämt hinter den nächsten Baum und tun es dort; alternativ der beiläufige Gang um die Litfaßsäule, bis man sich außer Sichtweite wähnt und es tut. Manche bleiben plötzlich stehen, schauen wie gebannt auf ihre Füße, stützen sich mit der rechten Hand am Oberschenkel ab und tun es mit der linken Hand. Und dann andersrum. Schließlich hat der Mensch zwei Nasenlöcher. Die hat der liebe Gott uns gegeben, damit wir uns in der Kunst des doppelten Charlottenburgers üben.

Beim Charlottenburger handelt es sich um 'eine gebräuchliche Schneuzmethode bei Sportlern und Bauarbeitern', sowie bei Joggern, Radfahrern und Normalsterblichen, möchte man ergänzen. Weil es nun mal alle tun. Denn es handelt sich um eine Art Kältenotdurft, die zu unterdrücken höchst ungesund wäre, im Sinne des freien Flusses der Säfte. Die Vorgehensweise ist wie folgt:
Man nehme einen beliebigen Finger und drücke diesen wahlweise auf ein Nasenloch. Nun gibt man Druck (also Atemdruck, nicht Fingerdruck) auf das Riechorgan. Daraufhin sollte der überflüssige Inhalt torpedoartig aus dem freien Loch fliegen. Als unmittelbare Folge sollte sich wieder freier Atem im Riechkolben einstellen.
Stimmt, hinterher fühlt es sich immer großartig an. Bis das Geschnaube nach ein paar hundert Metern wieder losgeht. Beim Radfahren ist das verschränkte Charlottenburgern insofern nicht unriskant, als besagter Torpedo im eiskalten Fahrtwind schneller gefrieren kann als einem lieb ist. Um dann als Eiszapfen womöglich die Flugrichtung zu ändern. Nun ja.

Wieso das fragliche Geschoss ausgerechnet Charlottenburger heißt und nicht Lüneburger oder Hamburger oder Cheeseburger, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass es Leute gibt, die sagen "Du, Moment mal, ich muss mal 'nen Charlie absetzen". Und es gibt solche, die sagen "Du, wart mal, ich geh mal eben schauen, wann die Philharmoniker nächste Woche spielen", und dann wandern sie um eine Litfaßsäule herum. Gemeint sind natürlich die Charlottenburger Philharmoniker.

Samstag, 19. Dezember 2009

Ente Orange


Es ist zu kalt zum Fotografieren. Mir eigentlich nicht, aber der Kamera. Kälte und Digitalfotografie sind füreinander nicht geschaffen. Nach spätestens fünf Aufnahmen macht der Akku schlapp. "Bei niedrigen Temperaturen", murmelt das Handbuch kryptisch, "kann die Leistung des Akkus sinken", und rät mir "unter derartigen Bedingungen" zur "Wiederbelebung" des Stromspeichers, "ihn bis unmittelbar vor der Verwendung" irgendwo körpernah zu "wärmen". So.

Der Akku braucht also Körperwärme, damit er nicht friert und beim Fotografieren ins Kältekoma fällt. Kann er haben, die Körperwärme. An der Innenseite meiner Winterhose ist ein kleines Täschchen eingenäht, perfekte Größe und Location für so ein Akku auf dem Kuscheltrip. Da kam das Ding heute rein. Und dann wir beide raus in die Kälte. Und dann sah ich schon von weitem im Gegenlicht eine Horde paddelnder Enten auf dem langsam zufrierenden Wasser, mit einer wunderschönen orangefarbenen Ente dazwischen, und ich fing an zu nesteln und zu graben nach dem verfluchten Akku.

Handschuhe ausziehen. Jacke öffnen. Mit der kalten Hand unter den Pullover greifen. Mit der noch kälteren Hand nach dem Innentäschchen suchen. Kalte Hand berührt warmen Bauch. Grässlich. Mit klammen Fingern Akku aus Täschchen geknibbelt. Mit noch klammeren Fingern Akku in Kamera gefummelt. Tauber Finger drückt kalten Auslöser. Grässlich gefroren. Nur graubraunes Federvieh. Die schöne orangefarbene Ente war weg.

Nach weniger als fünf Aufnahmen war ich diejenige, die keine Lust mehr hatte. Ich fror erbärmlich vom Stillstehen in der Kälte. Die Enten waren mir wurscht. Aber während ich die Handschuhe überzog und schon am Davonstapfen war, kam die Sonne aus einer Wolke zurück und tauchte eine unscheinbare Ente in leuchtendes Orangerot, und diese eine Ente war mir dann doch nicht wurscht.



Freitag, 18. Dezember 2009

Dicker Hund ohne Katze



Fette Katze war gestern. Heute lag mir ein dicker Hund im Weg. Bestimmt gehört auch er irgendeiner organisierten Interessensvertretung an; man muss also aufpassen, dass man nichts Falsches über dicke Hunde sagt. Aber eines wird man schon sagen dürfen: Das ist jetzt echt ein dicker Hund.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Dicker Hund mit fetter Katze


Ich lach' mich schlapp. Man sagt ja gern Das ist ein dicker Hund!, wenn einem Unerhörtes zu Ohren kommt. Jetzt gibt es aber eine fette Katze, was insofern ein dicker Hund ist, als sie die American Fat Cat Society repräsentiert. Also eine Art Lobby für fettleibige Katzen. Die dicken Miezen Amerikas sind sauer auf Präsident Obama, weil sie sich von ihm beleidigt fühlen.

Whiskers O'Rourke, American Fat Cat Society

Hatte doch Obama wieder mal mit jenem verbalen Säbel gerasselt, welcher vergessen macht, dass ihm keine Taten folgen:
"I didn't run for office to be helping a bunch of fat cat Wall Street bankers."
Also etwa: Präsident wollte ich nicht werden, um einem Haufen fetter Katzen an der Wall Street auszuhelfen. Das hätte er mal besser nicht gesagt. The Empire strikes back. Die organisierten Fat Cats gehen jetzt auf die Barrikaden und verwahren sich dagegen, mit den Bankern der Wall Street in einem Atemzug genannt zu werden 'in any way, shape or form'. Wobei die Betroffenen betonen, sie könnten damit leben, fett genannt zu werden - jedoch, die Assoziationsnähe zu Bankern sei schlicht unerträglich respektive unmiaubar.
We can look past being called fat but the banker association is, frankly, unmeowable.
Jetzt verlangen die fetten Frontkatzen vom Präsidenten, dass er sich bei ihnen entschuldigt für seine diskriminierende Entgleisung:
We await your apology...under the neighbor's car.
Sincerely,
Whiskers O'Rourke
The American Fat Cat Society
Wenn das kein dicker Hund ist.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

O schaurig


Es gibt keine harmlosen Pfützen mehr. Es gibt nur noch heimtückische Pfützen. Heute mittag fing es nämlich urplötzlich an zu schneien, völlig grundlos, aus heiterem(!) Himmel, ohne jegliche meteorologische Vorhersage. Keiner hatte damit gerechnet. Es schneite wie verrückt. Die nächsten zwei Stunden schneite es fast ununterbrochen, sodass auf den weniger befahrenen Radwegen eine geschlossene Schneedecke lag. Darunter die Pfützen. Unsichtbar geworden. So als ob da gar keine Pfützen wären. Sie waren aber da, die Eispfützen, ich wusste es ja von gestern und vorgestern. Nur wo?

Ich beantwortete die Frage im Schrittempo, wenngleich auf dem Rad. Dauernd musste ich an 'O schaurig ist's übers Moor zu gehen' denken. Alle paar Meter ächzte und stöhnte und knackte es aus der Tiefe unter mir - kein Vergleich mit dem knusprigen Oberflächensound von gestern. Der Schnee schwieg und täuschte heile Welt vor. Alles schaute so schön winterlich friedlich aus und klang dabei ganz infernalisch, irgendwie. O schaurig eben.

Gottlob war kurz zuvor eine Pfützengefahrenwarnung von Remington eingegangen. Bei äußerst vorsichtigem Fahrverhalten kam ich zu dem Schluss, dass der Unterschied zwischen halbgefrorenen und gefrorenen Pfützen sowie jener zwischen harmlosen und heimtückischen Pfützen völlig irrelevant wird, wenn die Pfützen gar nicht mehr zu sehen, sondern nur noch zu hören sind.
Vor seinem Fuße brodelt es auf,
es pfeift ihm unter den Sohlen
wie eine gespenstige Melodei.
Passiert ist gottseidank nichts.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Halbgefrorenes


Es ist saukalt und trocken, viel heller Himmel und gute klare Luft. Herrliches Wetter zum Radfahren. Den Kopf voll vermummt in mehreren Fleece- und Wollschichten. Nur die Augen sind frei. Die Nase manchmal, eher selten. Der Mund stets verhüllt, Stirn und Ohren sowieso. Halt die typische Radfahrer-Winterburka für den Kopf, sozusagen.

Noch ein Grund, weshalb Radfahren bei diesem Wetter so genussreich ist, sind die anderen Radfahrer. Vielmehr, die signifikante Abwesenheit anderer Radfahrer. Seit den letzten zwei Tagen sind nur noch die Hardliner unterwegs, und die können radfahren. Und machen keinen Ärger. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen hart, und selbstverständlich hat jeder, wirklich jeder, selbst der unfitteste Sonntagsstrampler das Recht, sich auf seine stümperhafte Weise am Straßenverkehr zu beteiligen; ich sage ja nur, dass es mich freut, dass die Sonntagsfraktion derzeit keinen Gebrauch von diesem Recht macht. Es fährt sich phantastisch störungsfrei auf dem Rad in diesen Tagen.

Aber das Allerbeste kommt noch. Das sind die Pfützen. Überall Pfützen von dem vielen Regen der letzten Wochen, massenweise halbzugefrorene Pfützen, große, kleine, längliche, fette, gemaserte, geäderte, harmlose, heimtückische.

Die harmlosen, weil flachen Pfützen knistern ganz leicht beim Drüberfahren, wenn das dünne Eis zerbröselt und sich mit dem Restwasser mischt. In den tieferen Gewässern wird aus dem Knistern ein Knirschen oder eigentlich mehr so ein Knurpschen, ziemlich geräuschvoll, weil das Eis nicht nur zermalmt, sondern in Brocken zerlegt wird. In die heimtückischen Pfützen hingegen fährt man völlig geräuschlos hinein, denn das Eis trägt bereits, allerdings nur bis zum ersten Drittel der Pfützenstrecke, dann bricht die ganze noch halbfertige Naturkonstruktion ein und unter lautem, spritzigem Getöse rumpelt das Rad gleichsam über einstürzende Gletschermassen. Macht Spass. Aber nur noch die nächsten ein, zwei Tage. Dann wird auf manchen Streckenabschnitten eine geschlossene Eisdecke liegen und der Spass sich in Grenzen halten.

Noch ein Bild von meinem Lieblingsgletscher. Wenn man lange genug draufschaut, könnte man fast eine Fledermaus erkennen.



Montag, 14. Dezember 2009

Herrgottswinkel


Aus der vorweihnachtlichen Baustelle ist eine vollumfängliche Installation geworden. Eingeweihte sprechen von einer Art postmodernem "Herrgottswinkel".

Natürlich habe ich den Ticker heute wieder eingeschaltet, um zu sehen, wie sich die acht Partizipien als flüchtige Elektronikschrift so machen, inmitten des gedruckten und gerahmten Ambientes. Doch leider Gottes gab die Fernbedienung nichts anderes her als das Datum des heutigen Tages. Im gegebenen Kontext fand ich das nun doch ziemlich profan.

Aus unterrichteten Kreisen war zu erfahren, es sei nicht auszuschließen, dass jemand den Ticker umprogrammiert, schlimmer noch - mutwillig manipuliert, gar gehackt habe! Man munkelt von einem möglichen Sabotageakt aus der Atheistenfraktion. Schöne Bescherung.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Blickkontakt



So viel Schmerz und Traurigkeit im Gesicht eines Hundes. Er ist an der linken Vorderpfote verwundet. Als der Hund mich lange und müde anschaute, schossen Tränen in meine Augen.

Samstag, 12. Dezember 2009

Überalterung


Früher war alles anders. Da kam der Weihnachtsmann noch mit Schlitten und Hunden. Oder Rentieren. Oder sogar mit Schneemobil, oder per Hubschrauber! Woher ich das weiß? Von Frau Weihnachtsmann. Jawohl, Frau. Beim Deutschlandbüro des Weihnachtsmannes beantwortet Frau Weihnachtsmann einundfünfzig FAQs zu den Lebensgewohnheiten ihres Mannes, also Herrn Weihnachtsmann. Anscheinend hält Frau Weihnachtsmann den stationären Kundenservice am Laufen, während der Alte saisonbedingt auf der Piste ist.

Man darf Frau Weihnachtsmann so alltagspraktische Fragen stellen wie: Ist der Weihnachtsmann jemals im Schornstein stecken geblieben? Oder: Hat der Weihnachtsmann eine Badehose? Oder eben zur Transportlogistik: Welche Verkehrsmittel benutzt der Weihnachtsmann? Wir erfahren, dass dem Vielreisenden ursprünglich ein zünftiger Fuhrpark zur Verfügung stand - Rentierschlitten, Hundeschlitten, Auto, Flugzeug, Schneemobil, Hubschrauber.

Das waren noch Zeiten. 2009 hängt Herr Weihnachtsmann im Rollator.

Freitag, 11. Dezember 2009

Kaltfront


...wäre jetzt schön. Zumindest ein beheizter Balkon. Es wird nämlich ein längerer winterlicher Witterungsabschnitt eingeleitet, sagen sie in den Nachrichten, mit kalten Luftmassen aus Nordosten. Die strenge Jahreszeit beginnt. Das jüngste Mistwetter war nur ein Vorgeplänkel.
Zwar hege ich eine unverändert tiefe Abneigung gegen Heizpilze in Restaurant-Außenbereichen, hätte jedoch momentan gegen ein klitzekleines privates, natürlich ökostrom-biologisch-dynamisches, psst, Heizpilzchen nichts einzuwenden. Ohne wird es richtig ungemütlich werden. Und kein wärmender Clooney weit und breit. Ein Witterungsabschnitt zum auf die Palme gehen.


Donnerstag, 10. Dezember 2009

Adventskalender XXL


Endlich mal eine vorweihnachtliche Installation, die augenfällig Sinn macht und sogar von mir verstanden wird: ein Adventskalender für die Mitarbeiter.

Großartige Sache. Es hängen lauter individuelle Päckchen an einer Glitzerwand im Durchgang zur Küche. Jeden Morgen wird bekanntgegeben, welche/r Koch, Kellner, Putzfrau oder Geschäftsführer sich das Päckchen des Tages abpflücken darf. Mrs. Mop war noch nicht dran. Das kann noch dauern, denn heute ist erst der zehnte, und dieser spezielle Adventskalender hat mehr als die üblichen 24 Treffer. Wahrscheinlich haben wir den einzigen Adventskalender der Welt mit 26 statt 24 'Türchen'. Weil wir so viele sind.
Neulich haben sie mich gefragt, ob ich an Weihnachten arbeiten würde. Daraus schließe ich scharfsinnig, dass sie mich womöglich auf die Folter spannen wollen mit meinem Päckchen. Dabei platze ich jetzt schon vor Neugierde.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Kopf ab


Nachträglich zum Nikolaustag hat Frau Übermop mir einen großen Schokonikolaus geschenkt - wodurch mir überhaupt erst auffiel, dass am Sonntag Nikolaustag gewesen und komplett an mir vorbeigerauscht ist. Zwar neige ich schon immer zum Verpassen von Feiertagen, aber dieses Jahr ist es extrem.

Also beschloss ich heute, zur verspäteten Feier des Tages auf dem Nachhauseweg dem ollen September-Santa einen Besuch abzustatten; dem mit den stahlblauen Augen und dem lustigen Gesicht.

Oh je. Das sah nicht gut aus. Der Santa war kaum wiederzuerkennen. Bart ab, Kopf ab, Zipfelmütze ab. Armer Kerl.

Gleich wird den Nikolaus aus feinster Vollmilchschokolade dasselbe Schicksal ereilen. Dann ist der Santa nicht mehr so allein.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Kreuzbandriss


Es weihnachtet gnadenlos, nunmehr auch gastronomisch. Heute gleich zweimal - und das mit Wucht. Beim Kaffeetrinken setzte Frau Übermop ein wichtiges Gesicht auf und verkündete: "Heute wird ein Sonderprogramm gefahren!" Lass mich raten, antwortete ich, es hat garantiert was mit Weihnachten zu tun? Hatte es: "Wir holen das gute Geschirr aus dem Keller." Erst dachte ich, das sei ein Witz, doch das Gesicht sah zu wichtig aus für einen Witz. "Das gute von Rosenthal", präzisierte Frau Übermop. Das wunderte mich, denn in der Küche hantiere ich seit Monaten mit Rosenthal-Geschirr, und so fragte ich, was daran neu sein solle?

"Eben", stellte die Übermopsche befriedigt fest, wie immer, wenn sie sieht, dass ich auf der Leitung stehe. "Zu Weihnachten gibt es das neue Geschirr von Rosenthal", fuhr sie fort und meinte nicht etwa eine neue Designlinie, sondern den alten Klassiker, nur eben neu. Das neue Geschirr musste ausgepackt, auf Schäden geprüft (nur zwei Tage Umtauschrecht), gespült und trockenpoliert werden. Mrs. Mop schleppte; Frau Übermop zählte, sortierte, prüfte und notierte. Unmengen an Pastatellern, Suppentellern, großen flachen Tellern sowie mittelgroßen flachen Tellern wurden umgedreht und von unten akribisch gecheckt. "Die Unterseite bringt es an den Tag!", kommentierte sie und ergänzte, "jedenfalls bei Tellern."

Eine wundersame Metamorphose fand statt: Die kernige Putzfrau Übermop verwandelte sich in eine gewissenhaft-strenge Hausdame - nennen wir sie Frau Unterteller -, welche mit gebührendem Ernst und noch wichtigerem Gesicht zur Sache ging, als ob es sich um ihre persönliche Aussteuerware handelte. Schließlich war bald Weihnachten; kein Witz, also.

Es gibt noch eine weihnachtliche Baustelle, die hängt seit heute an der Restaurantwand und sieht aus wie eine dieser Heizröhren, die in manchen Badezimmern über dem Spiegel hängen. An der linken Seite hängt eine Kabelschnur mit Schalter herab. Natürlich konnte ich mir nicht verkneifen, den Schalter zu knipsen, und plötzlich wurde aus der Heizröhre eine elektronische Laufschrift!

Die Laufschrift bestand aus sechs Worten: geboren, gelitten, gekreuzigt, begraben, hinabgestiegen, auferstanden, hinaufgestiegen. Dann fing sie wieder von vorne an. Bei flottem Tempo. Halt wie so ein Nachrichtenticker im Fernsehen.

Da ich mit Witzen vorsichtig geworden bin, stehe ich vor einem Rätsel.

Montag, 7. Dezember 2009

Katzenjammer


Eigentlich wollte ich es nun gut sein lassen mit den Katzengeschichten. Vier Tage lang nur Tierisches gepostet - ist ja schließlich kein Katzenblog hier. Aber. Eine Katze ist schuld daran, dass ich letzte Nacht viel schlechter geschlafen habe als die Nacht davor. Vielmehr ein Kater. Er heißt aus unerfindlichen Gründen Clooney und ist der Lebenspartner von Angie. Clooney fehlt mir. Der pechschwarze Kater hatte sich nämlich vorgestern nacht auf meinen Füßen niedergelassen und war dort bis zum Morgen geblieben - warm und weich und schwer, und ich schlief wie ein glücklicher Stein.

Clooney verhält sich dabei anders als ich es sonst von Katzen kenne. Er fläzt sich nicht einfach auf menschliche Füße, um dort liegen zu bleiben wie ein nasser Sack und zu maulen, zu zucken oder gar zu krallen, wenn dem Schläfer danach ist, seine Liegeposition zu ändern. Clooney neigt dazu, beim Schlafen sich längs zu strecken statt zusammenzurollen. Sein Körper liegt vollkommen entspannt, vielleicht auf meinem rechten Schienbein, Kopf und Vorderpfoten sind über den Füßen ausgebreitet. Ziehe ich das rechte Bein ein wenig an, macht sich Clooney widerstandslos ein Stück länger. Drehe ich mich auf die Seite, gleitet er in einer sanften Wellenbewegung mit in die neue Position. Wie ein weiches, lebendiges, elastisches Kissen. Ohne Ruckeln, Zuckeln, Buckeln.

Man könnte meinen, der Kater mache gerade eine Dehnübung - aber er schläft fest auf dem rechten Bein des Gastgebers. Je mehr der das Knie abwinkelt, desto länger wird Clooney. Ohne dabei aufzuwachen.

Ach Clooney, du fehlst. Morgen gibt's bestimmt einen Themenwechsel. Da schreib ich dann was über kalte Füße oder so.


Sonntag, 6. Dezember 2009

Aus die Maus



Pünktlich zu meiner Abreise gab es heute früh noch ein Abschiedsgeschenk: Katze Angie präsentierte eine frisch erlegte Maus, netterweise outdoors hinterlegt. Eine absolute Rarität, wie der Gastgeber meinte, denn normalerweise würden lebende Tiere als Spielzeug bevorzugt. "Hat bestimmt so eine Art Symbolbedeutung", orakelte er mit Blick auf meinen gepackten Koffer, "du hast jetzt genug gescheffelt - aus die Maus und raus aus'm Haus!".


Samstag, 5. Dezember 2009

Jagdfieber


Heute nacht war Partytime im Hause meines Gastgebers, was ich insofern mitbekommen habe, als heute früh um halb sieben - da klingelte mein Wecker - die verbliebenen Gäste gerade ins Bett gingen. Zu letzteren zählten auch die beiden Katzen, die sich, erschöpft vom Feiern, zu Füßen des Gastgebers einrollten und auf der Stelle wegratzten. Kurz vor dem Einschlafen murmelte er, der Gastgeber, mir noch zu: "Nicht erschrecken, die Kätzchen haben ein bisschen gewütet."

Argwöhnisch inspizierte ich die kritischen Ecken, war auf alles gefasst und entdeckte dann die von den Kätzchen bevorzugte Partylocation: das Bad. Im Badezimmer steht ein sogenannter Toilettenpapiervorratsspender. Wegen der Party war er vorsorglich mit vier übereinander lagernden Rollen gefüllt worden, was den lieben Kätzchen offenbar nicht entgangen war. Abseits vom Partytrubel haben sie - findig, wie Katzen nun mal sind - den Klopapierturm als Kratzebaum missbraucht, ihn damit zum Einstürzen gebracht und es geschafft, daraus eine endlose Meterware herzustellen, diese akribisch zu zerfetzen und die Mikropartikel gleichmäßig im ganzen Bad zu verteilen. Es muss hoch hergegangen sein. Kein Wunder, dass die Miezen heute früh so platt waren.

Ich steckte dann noch kurz den Kopf durch die Schlafzimmertür des Gastgebers und fragte den Wegdämmernden höflich, ob er vielleicht eine Putzfrau brauche für die Hinterlassenschaften seiner Haustiere? Hrrmphh, kam es aus den Kissen zurück, "kümmere du dich um deine Mäuse!" Okay. Heute ist letzter Mäusejagdtag. Endspurt. Nochmal alles geben. Und dann alles mitnehmen. Von Katzen lernen heißt Jagen lernen.

Freitag, 4. Dezember 2009

Die toten Schuhe

Mein Gastgeber ist ein wunderbar sensibler Mensch. Okay, mitten in der Nacht weniger, da gilt sein Einfühlungsvermögen eher den Raubkatzen als mir ("du musst das Mäuschen als Gastgeschenk betrachten!" - "Wie bitte? Gastgeschenk?" - "Na ja, Kinderüberraschung eben, du verstehst..."). Aber wenn ich morgens den ersten Kaffee schlürfe und, still mäusezählend, in die kahlen grauen Bäume hinausschaue, kommt er wortlos um die Ecke mit dem Laptop unterm Arm, baut es vor mir auf, stöpselt alles ein und sagt dann: "Du willst jetzt blöggeln, richtig?"

Richtig. Morgens ohne Zeitdruck und schön mit Kaffee zu blöggeln ist was ganz Wunderbares und mir völlig Neues. Zum Drangewöhnen. Um beide Schienbeine schmiegt sich je ein schwarzes Katzenmonster, unten schnurrt es, oben klappern die Tasten, Friede herrscht in meiner kleinen Welt. Für Mäuse interessieren sich die Miezen nur nachts, während meine persönliche Mäusejagd erst um die Mittagszeit beginnt. Eine großartige WG ist das hier.

Einziger Wermutstropfen ist die Laptoptastatur. Das T, das R und das G sind irgendwie verhakt und kommen nicht so, wie sie kommen sollten; manchmal tun sie es, aber meistens nicht. Das führt dann zu Googleeingaben wie 'Die toten Schuhe', zu unsäglichen Suchergebnissen sowie meinerseits zu markerschütternden Flüchen. Heute kam mein sensibler Gastgeber zum zweiten Mal wortlos um die Ecke mit einer externen Tastatur unterm Arm, stöpselte sie ein und sagte dann: "Ich weiß schon, manche Buchstaben sind halt tote Hose, reg dich ab, damit wird's gleich besser gehen."
Brav regte ich mich ab. Mit der Tastaturprothese läuft alles wie geschmiert. Was kümmern mich tote Schuhe und tote Hosen, Hauptsache, die Mäuse sind quicklebendig und marschieren in die richtige Richtung. Immer rein in meinen Koffer. Da ist noch viel Platz.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Katz und Maus


Na toll. Alles im grünen Bereich. Mein Gastgeber hat nicht nur einen funktionierenden Internetanschluss, sondern auch zwei Katzen. Nachtaktive Katzen. Die dürfen nachts zum Fenster raus, gehen auf die Piste und hocken dann maunzend und frierend vor der Scheibe. Kaum waren die Stubentiger heute nacht wieder drin, ging ein Höllenspektakel los. Bitte, es war kurz nach ein Uhr nachts, ich im Tiefschlaf, und da randalierten die zwei rund um meinen Koffer herum. Ich den Gastgeber alarmiert. Gastgeber: Mach dir keine Sorgen, das ist normal, sind halt Katzen. Ich: Aha, und warum knurren die meinen Koffer so bösartig an? Wohlgemerkt, die Biester schnurrten nicht, sie knurrten.

Gastgeber inspiziert meinen Koffer. Ruft: "Oha!" Schnappt den Koffer und hält ihn kopfüber zum Fenster hinaus. Schüttelt und rüttelt. Ich höre, wie er zartfühlend zu meinem Koffer sagt: "Na komm schon raus, Mäuschen!" Ich hellwach. Eine Maus in der Außentasche des Koffers! Lebend! Mitgebracht von den Miezen, geflohen in die schützende Finsternis meines Gepäcks. Senkrecht saß ich im Bett. Zwar gehöre ich nicht zu den Leuten, die Panikattacken vor Mäusen bekommen, aber im Koffer haben muss ich sie trotzdem nicht. Weder lebendig noch tot. Mitten in der Nacht.

Heute früh murmelte ich in meinen Kaffee hinein "...unfassbar...'ne Maus in meinem Koffer...", was den Gastgeber - herzlos, wie er ist - zu der Bemerkung veranlasste: "Weiß gar nicht, was du hast. Schließlich bist du deshalb hierher gekommen, um mit einem Koffer voll Mäusen zurückzufahren, oder?" Na toll. Ich freu mich schon auf die nächsten Nächte.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Konjunkturpaket


Vier Uhr dreißig, normale Uhrzeit, aber kein normaler Tag. Denn heute setze ich mich nicht aufs Rad, sondern in den Zug. Vier Tage lang Ortswechsel. Auf der Suche nach Einkommen. Wird Zeit, dass ich mir ein Konjunkturpaket schnüre.

Eine Reise ins Ungewisse. Komisches Gefühl, das Fahrrad zuhause stehen zu lassen. Und die roten Schuhe. Am ungewissesten ist die Frage, ob ich am Ort meiner Unterkunft einen funktionierenden Internetzugang haben werde.

Los geht's.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Steuererleichterung


In der Zeitung lese ich:
Das Steuerrecht überfordert die Finanzämter.
Soll ich darüber jetzt lachen oder heulen? Mich überfordert dieses Steuerrecht schon lange, zuletzt gestern abend, ansonsten alljährlich. Jetzt fühlt sich also das Finanzamt überfordert, aus technischen Gründen, wie es dazu heißt. Schuld an der Schinderei des Amtsschimmels sei nicht etwa der unfähige Sachbearbeiter am Schreibtisch, sondern
"eine unmögliche Gesetzgebung, die augenscheinlich nicht mal mehr EDV-technisch umgesetzt werden kann".
Sprich, die Software macht den ganzen Unsinn nicht mehr mit. Mit weitreichenden Folgen: In Nordrhein-Westfalen beispielsweise lässt man bei der Finanzverwaltung die Einkommensteuererklärungen einfach liegen.

Wer muss helfend einspringen? Der Steuerzahler, wer sonst, natürlich ehrenamtlich, tut er ja eh dauernd, besonders in jüngster Zeit. Jetzt kommt's: Die Behörde empfiehlt den Steuerpflichtigen rechtliche Schritte gegen den eigenen Bescheid. Muss man sich mal vorstellen! Die schicken mir in zwei Wochen irgendeinen Steuerbescheid und raten mir im selben Atemzug an, rechtlich dagegen vorzugehen?
Es kommt noch dicker: Das Finanzamt drückt sich vor der Berechnung der individuellen Steuerlast und brummt diese Arbeit - bisher doch wohl die Königsdisziplin der Finanzämter dieser Welt - dem Steuerpflichtigen selbst auf. Hat man Töne? Amtlicherseits heißt es:
"Bitte fügen Sie dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eine Ermittlung der auszusetzenden Beträge bei, da von Seiten des Finanzamts zur Zeit auch insoweit noch keine Berechnungsmöglichkeit besteht."
Im Klartext: Schreiben Sie sich gefälligst Ihren eigenen Steuerbescheid. Hätte ich mir gestern nicht zweimal sagen lassen. Wäre bestimmt ein ganz entspannter Abend geworden.