Um sechs Uhr in der Frühe beginnt mein Arbeitstag. In den ersten Wochen war es um diese Zeit noch stockdunkel draußen, im Restaurant brannte überall das elektrische Licht, auch in der Küche, dem ersten Reinigungsrevier des frühen Tages. Inzwischen dringt um sechs Uhr von allen Seiten freundliche Helligkeit herein. Eines steht fest: Der Anblick von grobem Schmutz ist bei Tageslicht viel leichter zu ertragen als bei künstlichem Licht. Warum das so ist, habe ich noch nicht geknackt, aber dass es so ist, merke ich an meiner Stimmung, die sich parallel zum Morgenlicht aufhellt, wenn ich die Küche betrete. Zur Zeit könnte mich noch nicht mal ein abgenagtes Haifischskelett unterm Gewürzregal aus der Fassung bringen. Andererseits, irgendwann werden die Tage auch wieder kürzer.
Die Küche also. Um neun Uhr kommen die ersten Köche oder Küchenhilfen und wollen einen aufgeräumten, sauberen Arbeitsplatz vorfinden. Drei Stunden also für die Reinigung von Herd, Dunstabzughaube, Grill, Backofen, Fenster, Wandfliesen, Regale, Kühlschränke und Küchenboden. Das ist das Kernstück der Küchenreinigung. Den Auftakt um sechs Uhr macht der Müll: die vollen Küchenmüllsäcke (drei Stück) in den Hof tragen, diese in Containern verstauen sowie den Altglascontainer aus der Küche in den Hof rollen. Dort bleibt er erst mal stehen, der Altglascontainer, und wartet auf neun Uhr. Weil man um sechs Uhr früh auf der Straße noch nicht rumscheppern kann. Und weil die Küchenreinigung absolute Priorität hat. Diese wiederum endet Punkt neun Uhr mit dem Einspannen der neuen Müllsäcke in ihre Behälter.
Dann ist die Zeit für den Flaschenboy gekommen, so heißt er nämlich, der Altglascontainer. Jedenfalls wird er von allen so genannt. Mir gefällt dieser Name gut. Flaschenboy passt super zu Mrs. Mop, finde ich.
Wenn wir zwei so gegen neun Uhr über die Straße zockeln, auf dem Weg zum öffentlichen (sagt man so?) Altglascontainer - also einem dieser glasfressenden Dreiteiler, die überall herumstehen -, dann ist die Welt irgendwie in Ordnung. Die Küche ist gemacht, die Sonne scheint (meistens), das Viertel ist aufgewacht und alles ist so frisch draußen. Wir nehmen mit viel Getöse die Bordsteinkanten (leere Flaschen machen einen Höllenlärm), und manche Leute sagen nett Guten Morgen. Einigen Nachbarn ist das Duo bestehend aus Mrs. Mop und Flaschenboy bereits ein vertrauter Anblick, sie grüßen mit Kopfnicken und dem flüchtigen Lächeln des Wiedererkennens.
Kurz nach neun Uhr taucht auch die Müllabfuhr auf. Um die Zeit haben der Flaschenboy und ich den besagten Dreiteiler erreicht. Der typische Müllabfuhr-Lärm schwillt an, diese hochgejagten Motoren (glaube ich), oder ist es Hydraulik, es dröhnt und stöhnt, ich werfe grüne, braune, weiße Flaschen in grüne, braune, weiße Containeröffnungen, es splittert und klirrt und zerbirst, eine infernalische Krachwolke entlädt sich über den Straßenzug. Nach zwei Minuten ist der Spuk vorbei. Erschöpfte Stille scheint sich in den Straßen auszubreiten. Der leere Flaschenboy und ich trollen uns zurück. Ich weiß nicht warum, aber danach fühle ich mich immer großartig. Schon merkwürdig.
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