Donnerstag, 2. September 2010

Stichtag


Kaum ist man das eine Übel (Steuererklärung) los, überfällt einen das nächste (Wespen). Heute Zugriff im Doppelpack: Zwei Wespen stachen mich nahezu gleichzeitig in die linke Ellbogenbeuge. Im Nu glich die Ellbogenbeuge einer Ellbogenbeule. Ich brüllte wie am Spieß und wäre um ein Haar aus dem Fenster gefallen, das ich gerade am Putzen war.

Frau Übermop eilte mit frisch geschnittenen Zwiebeln herbei und erzählte umgehend von einer Fernsehsendung, die sie neulich gesehen habe: Heuer träten die Viecher besonders zahlreich auf, und als ob das nicht schon genug wäre, nein, die Tiere seien auch noch in mehreren Generationen unterwegs, und als ob das nicht schon genug wäre, nix da, sie seien dieses Jahr auch noch besonders aggressiv, was, so Frau Übermop, daher rühre, dass entweder der Winter so lange gedauert habe oder der Sommer so spät in Fahrt gekommen sei, was in meinen Augen Jacke wie Hose und mir außerdem völlig wurscht war, worauf Frau Übermop beschwichtigte, es sei ja gut, sie habe ja nur zum Ausdruck bringen wollen, dass die Wespen dieses Jahr besonders "brisant" seien, womit sie ohne jeden Zweifel recht hatte, auch wenn sie eigentlich "präsent" meinte, was mir in dem Moment aber ebenfalls Jacke wie Hose war.

Als sie mit der nächsten frischen Zwiebel kam, beging sie den Fehler, beiläufig anzumerken, dass Wespen eigentlich ganz friedliche Tiere seien, "solange du ruhige, langsame Bewegungen hast". Darauf brüllte ich - nicht etwa wie von zwei Wespen, sondern von siebzehn Taranteln gestochen -, das solle sie mir bitte mal vormachen: mit ruhigen, langsamen Bewegungen die Oberlichter putzen, ein Bein drinnen auf der Heizung, ein Bein draußen auf dem Fenstersims, ein Arm nach oben gestreckt mit dem nassen Fensterleder in der Hand, in der anderen Hand den Eimer mit dem Essigwasser...ha!, Essigwasser, das war das Stichwort! Wespen lieben Essiggeruch - fiel mir ein, während ich auf das essiggetränkte Fensterleder deutete, das ich zum Zeitpunkt der Attacke auf die hübschen Zwergenastern geschmissen hatte, denen der Essig gar nicht gut zu bekommen schien, mir doch egal, jedenfalls wurden die Zwergenastern von einer kleinen Wespenflugstaffel nervös umkreist, und ich gab Frau Übermop zu verstehen, dass das mit den ruhigen Bewegungen wohl Essig sei. Hat sie dann auch eingesehen; nicht weil sie es eingesehen hat, sondern weil sie es angesichts meiner Tobsuchtsneigung für klüger hielt, so zu tun als ob. Auch dies ein Fall von Jacke wie Hose.

Eben habe ich ergoogelt, dass die große Flug- und Fresszeit der Wespen Ende August erst beginnt, um sich dann bis Anfang Oktober zu steigern und erst Mitte des Monats wieder abzuebben. In diesem Zeitraum seien die Wespen besonders gefräßig, weil sie in der Natur nicht mehr genügend Nahrung finden und darum den großstädtischen Duftlockstoffen hinterhersurren. Das kann ja heiter werden, dachte ich und beschloss auf der Stelle, bis Mitte Oktober in einen befristeten Fensterputzstreik zu treten.

Ach ja, und überall findet sich der wohlmeinende Ratschlag, sich eine einfache, aber wirkungsvolle Wespenfalle zu bauen: Ein Tellerchen voll Essigwasser wirke Wunder, indem es die Wespen magisch anlocke und von allen Zwetschgendatschis und Apfelsaftschorle dieser Welt zuverlässig ablenke. So machen wir das bis Mitte Oktober - draußen ein Tellerchen Essigwasser auf den Sims, drinnen eine Mrs. Mop am Tisch, sich von Datschi und Schorle ernährend, denn irgendwas muss sie ja tun in der Zeit, wo sie normalerweise Fenster putzt. Wobei das statt Datschi und Schorle gern auch Lammhaxe und Rotwein sein dürfen - wie schon gesagt, Jacke wie Hose.

5 Kommentare:

  1. Essigwasser, dess isses. Den Tipp kannte ich noch nicht, wird ausprobiert. Erst' mal danke!

    (Nee, kein Link auf den "Hummelflug" :-))

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  2. Sei bitte vorsichtig! Du wurdest doch neulich schon gestochen. Wenn man öfters gestochen wird, ist das Immunsystem sensibilisiert und neigt zu allergischen Reaktionen.

    Nehmt doch statt Essig Geschirrspülmittel zum Fensterputzen.

    Ach und..., so ein Essigwasserteller lockt wahrscheinlich wirklich ALLE Wespen der Straße an. Wenn sie erstmal auf Deinem Fenstersimms angekommen sind, dann entdecken sie auch Zwetschgendings und Apfelsaft. Und die Strecke ist viel zu kurz, als dass nicht ein kleiner Ausflug für eine kleine Wespe möglich wäre.

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  3. @Vogel
    Doch, einer geht noch:
    http://www.youtube.com/watch?v=_EAMBijqn48
    ;)

    @Anonym
    Als Gastroprofis nehmen wir zuerst Geschirrspülmittel, dann Wasser mit Essigessenz zum Klarspülen = erspart das lästige Schlieren-Nachwischen = sehr angenehm bei großen Fenstern! Das Blöde ist halt, dass die Wespen das auch angenehm finden.

    Selbstverständlich werde ich den Zwetschgendatschi und die Lammkeule bei geschlossenem Fenster verzehren, während die Wespen draußen einen auf Essig-Wellness machen.

    Oh Gott, mein sensibilisiertes Immunsystem - sind das wissenschaftlich harte Fakten? Für meinen Streik brauche ich natürlich stichfeste Argumente...;)

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  4. Eine allergische Reaktion wegen sensibilisiertem Immunsystem ist ein wissenschaftlicher Fakt, der auch sehr hart sein kann. Ohne Quatsch! Guck nach Anaphylaxie! Die Mutter von einem Freund war Kuchenverkäuferin und ist echt in der Mittagspause mit Blaulicht abgeholt wurden, weil sie am Vormittag von einer Wespe gestochen wurde. Seitdem hatte sie immer was einstecken, für den Fall, dass wieder was sticht.

    Als ich noch professionell Fenster putzen durfte, haben wir das Geschirrspülmittelwasser mit solchen Gummidingern abgezogen, sowas wie Scheibenwischer eben. Danach mussten wir nur noch die Ränder mit Papier oder Fensterleder nachwischen. Schlieren gab es keine, es sei denn es schien die Sonne drauf beim Putzen. Aber ich fürchte, ich fange an zu langweilen, außerdem waren wir eine ziemliche Schlampertruppe.

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  5. Kenne ich, die "Gummidinger", sind zwar sehr praktisch und flott beim Abziehen des GSpM-Wassers, aber du (vielmehr ich) musst dann halt doch wieder auf die Leiter für das leidige Finish der Ecken und Ränder. Außerdem hat das Klarwischen mit Essigwasser den Vorteil, dass die Sonne keine Chance bekommt zur Schlierenbildung.

    Langweilen? Aber nicht die Bohne! Ich liebe es, professionell zu fachsimpeln, auch mit Ex-Angehörigen von Schlampertruppen ;).

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