Sonntag, 1. August 2010

Zum Einschlafen und Aufwachen


Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Mein Hund Blues schläft schon seit Wochen wie ein glücklicher Stein, und das ist gut so, denn wenn Blues aufwacht, gibt es meistens Scherereien.

Nun ist seit ein paar Tagen eine brandneue Spezialdröhnung erhältlich für Hunde, die Blues heißen und an Schlafstörungen leiden. Wie gesagt, meiner schnarcht zwar unentwegt, aber man weiß ja nie, wann es ihn das nächste Mal erwischt. Da ist es gut, ein probates Hypnotikum zur Hand zu haben, mit dem sich im Bedarfsfall ein bisschen nachhelfen lässt und der Blues zurück ins Schnarchkoma torpediert werden kann, damit wieder Ruhe überm Sofa ist.

Das Hundeschlafmittel kommt aus dem Hause Dr. John, einem, wie der Name schon sagt, Medizinmann aus den Eingeweiden von New Orleans. Der exzentrische Doktor rührt aus Voodoo, Funk, Blues und kreolischem Soul einen Cocktail zusammen, der haut den stärksten Blues um. Vor zehn Jahren hatte er ein Album herausgebracht, auf dem er Duke Ellington ("You've got to find a way of saying it without saying it") unter die Fittiche des Funk genommen hatte, und wer Dr. John kennt, weiß, dass er so ein Werk nicht mit Glacéhandschuhen anpackt. Dabei herausgekommen war Ellington fonk-i-fied (finde ich); der Doktor selbst hatte es "Duke Elegant" genannt. Rollt daher wie ein alter Raddampfer aus dem Mississippi, träge, aber voller Wucht, und groovt bluesige Hunde gnadenlos in den Tiefschlaf.

Jetzt also von Dr. John ein neues Album, auf dem "es rumpelt, es orgelt, es groovt und bläst, dass es eine wahre Freude ist". Der erste Titel ist Programm: "Feel Good Music" (#24). Hab's dem Hund vorgespielt - ein einziges langes, glückliches Seufzen unterm Sofa. Die Wunderdroge kommt in den Erste-Hilfe-Koffer.

Gestern gab es in der taz ein (selten dämlich geführtes) Interview mit Dr. John. Wie kann man einen Künstler und politischen Aktivisten aus dem Mississippi-Delta (Katrina, Rita, BP-Ölpest), der seinem Ärger über die amerikanische Politik so lautstark wie musikalisch Luft macht, fragen: "Ist die Musik in Louisiana so schön, weil der Ort so schrecklich ist?" Gottseidank gibt der Doktor die richtigen Antworten und rückt grade, was dem Fragensteller entgleist ist.
Sie sind immer noch zornig, jetzt mit 70. Fühlen Sie sich eigentlich gar nicht alt?

Doch, ich fühle mich alt, aber ich bin lebendig, mehr brauche ich nicht zu wissen.
Klasse Typ. Keep it rolling, Doc.

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