Montag, 30. August 2010

Wiedersehensfreude


War dann doch nicht so dramatisch wie befürchtet - mein Wiedereinstieg ins prekäre Arbeitsleben. Zwar schaufelte ich mich die erste Viertelstunde auf dem Fahrrad fluchend durch gigantische Schlammhalden, Pfützen so groß wie der Bodensee und mit einer Laune zum Davonfahren. Aber merkwürdig, etwa auf halber Strecke legte sich so eine Art Hebel in mir um, und plötzlich dachte ich: Du fährst jetzt da hin, wo du hingehörst. Irgendwie war das beruhigend. Keine Ahnung, wieso.

So richtig unwiderruflich legte sich der Hebel um, kurz nachdem Frau Übermop mir die Tür im Hinterhof zum Restaurant geöffnet hatte. Dieses allmorgendliche Türöffnen hat stets den gleichen fast ritualhaften Ablauf: Frau Übermop kommt die vier Stufen vom Restaurant herab, öffnet mit einer Hand die Tür, dreht sich bereits im Öffnen wieder ab mit dem Rücken zur Tür, stapft die vier Stufen wieder hoch, ich betrete den Hausflur und stapfe ihr hinterher, sie ruft durchs Treppenhaus "Morgen!", ich rufe zu Frau Übermops langem Rücken "Morgen!". Dann betreten wir das Lokal, erst sie, dann ich, sie geht zum Tresen, schrubbt dort irgendwas, ich stelle meinen Rucksack ab und fummele meine Sachen heraus; in der Zeit dreht sich Frau Übermop zu mir um und schaut mir zu. Erst in diesem Moment sehen wir einander zum ersten Mal an - nachdem also Frau Übermop genügend Zeit zum Mich-abchecken gehabt hat. Sie ist schon ein alter Fuchs, irgendwie.

Als sie sich heute früh vom Tresen weg zu mir umdrehte, habe ich in ihr Gesicht geschaut und gesehen, dass sie sich freute. Sie freute sich, dass ich wieder da war. Das mag jetzt nach nichts Besonderem klingen, aber bei Frau Übermop kommt das einem emotionalen Vulkanausbruch gleich; sie ist halt nun mal nicht exakt das, was man sich unter einem Emo-Knuddel vorstellt. Darum war es heute früh so etwas Besonderes, als ihr kerniges, markantes Gesicht vor Freude leuchtete. Es hat mich so froh gestimmt.

Was die Übermop selbstredend nicht davon abgehalten hat, prüfend die Augenbrauen zu heben und zu meinen: "Na, so furchtbar erholt siehst du aber nicht aus", worauf ich ihr beschied, dass es normal sei um diese Uhrzeit, unerholt auszusehen, was sie zu der Bemerkung nötigte: "Unsinn - gib's zu, du hast eine Woche lang gelumpt!", worauf ich frohgestimmt die Waffen streckte und wahrheitsgemäß "Ja" sagte.

Sie schaute mich an und freute sich. Ich mich auch.

3 Kommentare:

  1. Die Worte "Frau Übermop" und "Emo-Knuddel" in einem Satz zu lesen... du haust mich aber ordentlich vom Hocker Mrs. Mop... werd jetzt mal vor lauter Schreck kochen gehen.

    Übrigens... wenn ich deinen Blog lese und Figuren wiederbegegne, die mal kurz abhanden gekommen sind, dann erlebe ich richtige Wiedersehensfreude. Ein ähnliches Gefühl, wie das enttäuschte und auch irgendwie verdutzte Aufblicken, wenn man ein richtig gutes Buch zu Ende gelesen hat und es dann plötzlich vorbei ist. Nur dass es bei dir dann halt nicht vorbei ist. Ähm. *verschwurbelte-komplimente-modus-off*

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  2. Das hast du schön und gar nicht verschwurbelt gesagt.
    Ich freue mich.

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  3. Was für eine Szene!! Herrlich?

    Irgendwie Herrlich!

    Ein Betthupferl: http://www.youtube.com/watch?v=Xn4TgYkqdi8
    Falls Du das Instrument suchst, schau unter Theremin oder Thereminovox (imho der schöneren Name "Stimme des Theremin") nach.

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