Vor einer knappen halben Stunde wurde ich auf beunruhigende Weise damit konfrontiert, dass ich zu einer Risikogruppe gehöre: Internetsüchtige!, lautete die frühmorgendliche Dröhnung aus dem Radio. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung zeigte sich schrill "alarmiert", möchte darum "die Internetsucht zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen" und stieß handfeste Drohungen aus: "Diese Art der Abhängigkeit braucht viel öffentliche Aufmerksamkeit."
Rette sich, wer kann. Wenn etwas meine "physische und seelische Gesundheit", mag sie noch so suchtgefährdet sein, ruiniert, dann ist sind es übergroße Dosen öffentlicher Aufmerksamkeit. Man darf sich in den nächsten Tagen auf viel Geschrei und Gekeife gefasst machen; ich habe mir vorsorglich schon mal eine Woche lang strengste Rundfunk-Abstinenz verordnet.
Warum lassen die mir nicht einfach meine Ruhe? Eben drum:
"Diese Art der Abhängigkeit braucht viel öffentliche Aufmerksamkeit, sonst droht sie eine stille Sucht zu werden."Meine Ruh' ist hin. Die Dramatisierung nimmt ihren Lauf und wird verlässlich in öffentliche Hysterie münden. An den Pranger gehört sie, die Sucht, nicht ins verschwiegene Kämmerlein, denn dort "fallen sie erst einmal nicht auf", die Internetsüchtigen. Und damit die Online-Junkies auch gleich wissen, in welch gefährlicher Nachbarschaft ihr Risikoverhalten anzusiedeln ist, deliriert die Drogenexpertin mit ganz großer Keule:
"Während Koma-Säufer in der Notaufnahme und in den Schlagzeilen landen, können krankhafte Online-Nutzer lange unentdeckt bleiben."
Oh Schreck. Vorbei die Zeit, wo ich mich - sozial unauffällig - dem surfenden Koma-Saufen hingeben konnte. Die fürsorgliche Drogenbeauftragte will, dass ich in der Notaufnahme der öffentlichen Schlagzeilen lande. Harter alarmistischer Entzug droht.
Da hilft nur eins: mit heraufgesetzter Dosis gegensteuern. Radio aus. Computer an. Doppelte Dröhnung setzen. Komatös in den Tag starten. Heimlich. Unentdeckt. Solange es noch geht.
Tres bien !
AntwortenLöschenKL
Ich warte seit letztem Jahr darauf, was sie tun werden, um die Leute wieder auf den einzig richtigen Pfad zu führen. Damals, vor ihrem Urlaub, hatte unsere hochverehrte Kanzlerin im üblichen 'Sommerinterview' kund getan, daß sie sehr traurig gewesen wäre, daß man die Menschen nicht mehr erreichen könne.
AntwortenLöschenFrüher, ja früher sei alles so viel besser gewesen als die Arbeiter am Montag noch über die Fernsehübertragungen am Wochenende in den Frühstückspausen gesprochen hätten. Ein Teil der Jugend würde aber gar kein Fernsehen mehr schauen und sich im Internet verlieren, weil man sie nicht mehr lenken könne.
Die Alternativen sind nun in greifbare Nähe gerückt: Völlige Abschaffung selbst der Illusion von Anonymität und Netzsperren für diejenigen, denen zur Last gelegt wird (von wem eigentlich?) Urheberrechtsverletzungen begangen zu haben.
Mir tun die Millionen Menschen leid, die stundenlang Radio hören - vielleicht sogar auf Arbeit - und Jahre ihres Lebens vor dem Fernseher wie die Kopfsalate verwelken und sich dabei noch an Diabetes erkranken, weil sie das fressen, was die Werbung ihnen empfiehlt.
Vielleicht ist ja sogar die Vorstellung, daß man acht Stunden am Tag sich irgendwo einfinden müsse, um einer (fremd)geregelten Beschäftigung nachzugehen eine Art Psychose, bei der es sich lohnen würde, sich damit auseinanderzusetzen.
Soziopathen aller Länder: Vereinigt Euch!
15 Oktober - Dezibel
AntwortenLöschenDie haben einfach nicht mehr alle Tassen im Schrank.
AntwortenLöschenDer liebe Herrgott befreie uns von derlei "Studien", ihren Auftraggebern, den zugehörigen Betroffenheits-Salbadereien und den geldgeil im Hintergrund lauernden Möchtegern-Therapeuten.
Ein Kropf ist dagegen eine verflucht nützliche Sache.
Schön gesagt, danke.
AntwortenLöschenNur - bitte nicht auf lieben Herrgott warten. Der legt bei solchen Studienkatastrophen erfahrungsgemäß gern die Hände in den Schoß. Und flankiert allenfalls die kirchlich-kommunal-sonstwie-erzieherisch tätigen "Möchtegern-Therapeuten", die sich jetzt mit sozialpädagogischer Inbrunst ins Zeug legen werden.
Damit wir wissen, wovon wir hier reden: PINTA-Bericht Endfassung
AntwortenLöschen