Würde ich gefragt, was ich im Rahmen meiner Lohnschrubberei am liebsten mache, antwortete ich ohne Zögern: Fenster putzen. Klarer Fall. Gerade an Tagen wie heute mit weichem, wärmendem Herbstlicht und viel Bewegung in den Bäumen wie auf der Straße. Das Tolle am Job des Fensterputzers ist, dass er so kommunikativ ist - fast jeder, der vorbeiläuft, grinst, hat einen Spruch auf Lager oder bleibt einfach stehen und schaut eine Weile zu. Ich mag das.
Komischerweise verhalten sich die Passanten nicht halb so kommunikativ, wenn ich den Hof oder den Gehweg kehre. Oder wenn ich gar einen Eimer Putzwasser in den Rinnstein kippe - da guckt keiner zu, da gucken alle weg. Je bodennaher die Tätigkeit, desto wegguck. Stehe ich dagegen oben auf dem Fenstersims und mache mich lang nach allen Seiten, wird gern geguckt. Es ist, als ob die Leute gern hinaufschauen, aber gar nicht gern hinunter.
Heute war der Extrembär los. Als ich mich gerade nach den Oberlichtern (außen) längte, bog die flottengroße Besatzung eines Kindergartens um die Ecke. Das Zwergenrudel blieb mit offenem Mund vor dem Fenster stehen und war von keiner Betreuerin der Welt (zwei) zum Weiterlaufen zu bewegen. Sie standen festgegossen wie Brückenpfeiler und staunten. Ein kleiner Knirps sagte mit großer Inbrunst "So was mach' ich auch mal!", worauf ihm ein größerer Knirps konterte, das sei doch noch gar nichts, er würde "so was" mal an richtigen Hochhäusern machen, "mit tausend Stockwerken und immer weiter höher hoch", und als ich ihn fragte, ob er denn schwindelfrei sei, überlegte er einen Moment mit offenem Mund, bevor er mich zurückfragte: "Meinst du jetzt, ob ich lügen tu'?" Vor Begeisterung trat ich in die Herbstastern.
"Verdienst du viel Geld?", fragte fast ehrfürchtig ein kleines Mädchen. Oh Kindermund. Weil mir keine pädagogisch wertvolle Antwort einfiel, fragte ich sie retourkutschenmäßig, wieviel "viel Geld" sei? "Dass du uns jetzt allen gleich ein Eis kaufen kannst!", rief es prompt zurück. Die Horde grölte. An die fünfzehn Zwerge hüpften besessen auf und ab und schrien: "Wir wolln Eis! Wir wolln Eis!" So druckvoll kann nur der Druck der Straße klingen.
Frau Übermop guckte streng. Hat nichts genutzt. Bisschen Action muss sein im grauen Alltag. Natürlich gab es kein Eis, ich habe ja nicht im Lotto gewonnen; dafür Karamelkekse für alle. Solche, die die Restaurantgäste zum Kaffee auf die Untertasse gelegt bekommen. Vom Fenstersims hoch oben einzeln in die Zwergenschar geworfen - vergessen war das Eis, umworben der Gebäudereinigernachwuchs, gemacht der Tag.
Ist das niedlich. Hach, dein Herz muss gehüpft sein vor Freude. Und vor, naja, Realitätsfremde der Knirpse! ;-)
AntwortenLöschenMan kann mit einem vergleichbaren Job auch richtig gut verdienen, zumal, wenn man darüberhinaus einige grundlegende Kulturtechniken beherrscht. Habe diesen Artikel gerade gefunden und dachte, das könnte Sie interessieren.
AntwortenLöschen"Je bodennaher die Tätigkeit, desto wegguck." Die Filosofin ... äh, Philosphin, setzt zum Höhenflug an ;): Je näher dran - umso weiter weg. Je mehr hautfühl umso schüttel. Je mehr insaugegugg' umso mehr duckundwech ... Menschen!
AntwortenLöschenPS.: Die Kindergeschichte solltest Du auswalzen! Dess isses!! Super!!!
PSS.: Unsere Nachbarn haben zwei Kizz (2 + 4) - zum krümeln, ich kann jede Zeile diesbezüglich nachvollziehen (unsere sind jezz 22, 24, 26 und 30 - kleine Kinder kleine Sorgen, große Kinder ... aber auch: *staun*)
PSSS.: Die Musik (Kinderstücke!!) zum Thema Kinder: http://www.youtube.com/watch?v=y4eN-q8ohFQ&feature=related (Ausschnitt aus Mutter Gans), so sinn se - jezz still, dann geht die Post ab ...
@Mary Malloy
AntwortenLöschenJa, so etwas bringt eine schöne Leichtigkeit ins Leben.
@Geier
Danke für den Hinweis.
Das mit den Kulturtechniken wäre kein Problem, aber dies schon: "Was man sich klar machen sollte: Man ist immer greifbar." Stete Verfügbarkeit ist ein hoher Preis, den man für die guten Verdienstmöglichkeiten zu zahlen hat.
@Vogel
Wie, "auswalzen"? Die Kurzen kommen ja nicht auf Bestellung um die Ecke gewalzt. Oder was.
Ja, die lieben Kinder...
AntwortenLöschenMuttern hat sich entschieden, trommeln zu lernen,kurz vor den Fuffzigern, für die lieben Kinderlein eine mehr als mystische Angelegenheit. Irgendwann beim Mittagstisch...
Muttern: "Wer weiß, vielleicht werde ich mit meiner Musik noch eines Tages berühmt, schließlich prophezeit mir mein Steinbock-Horoskop-Buch einen Karrieresprung gegen Ende des Berufslebens." Tochter, wie aus der Pistole geschossen: "Jau, Mudder, wenn Du dann irgendwann abkratzt, spannen wir Dein Fell auf ein altes Fass und Du gehst als Trommel um die ganze Welt! Ha!"
Gar nicht so unschlau...bei den hiesigen Kosten-suspekten Beerdigungsritualen...
Wie "auswalzen"? Im Buch natürlich! Red' isch so undeudlisch?
AntwortenLöschenJaaa! *seufzausvollemherzen*
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