Donnerstag, 7. Oktober 2010

Mein Name ist Mop


Fensterputzen war gestern. Neuerdings gibt es etwas, was ich noch lieber mache als Fensterputzen: ans Telefon gehen, wenn es klingelt. In den meisten Fällen sind Gäste dran, die einen Tisch reservieren möchten. Ein verantwortungsvoller Job, bei dem man vieles falsch machen kann, zum Beispiel die falschen Leute an den falschen Tisch zu setzen, oder - schlimmer noch - die falschen Leute zusammen mit anderen falschen Leuten an den falschen Tisch zu setzen.

Noch bis vor kurzem gehörte die telefonische Annahme von Reservierungen zum Aufgabenbereich von Frau Übermop; allerdings führte deren zunehmende Schwerhörigkeit immer öfter dazu, dass immer mehr Tische abends falsch besetzt oder - Katastrophe! - einige Tische doppelt besetzt oder - größte aller gastronomischen Katastrophen! - einige Tische überhaupt nicht besetzt wurden. Im Zuge des präventiven Katastrophenmanagements wurde darum die Reservierungsannahme auf Mrs. Mop übertragen.

Mache ich gern. Zwischendurch immer mal mit wildfremden Leuten plaudern. Plazierungswünsche. Ausrichten von Feiern. Öffentliche Verkehrsmittel. Speisekarte erklären (wechselt täglich). Sonderwünsche berücksichtigen. Dies und das. Nett rumlabern halt, aber zielorientiert. Doch, ich gehe gern ans Telefon.

Nur - manchmal kommt es vor, dass das Telefon klingelt und am anderen Ende kein wildfremder Mensch, sondern eine vertraute Stimme erklingt. Nämlich die Stimme eines meiner ehemaligen Auftraggeber, vielmehr seiner Sekretärin. Die Stimme schnurrte freundlich: "Guten Morgen, hier ist die Firma Sowieso, mein Name ist Sowieso, können wir für unsere Weihnachtsfeier einen großen Tisch bei Ihnen reservieren?", und mir war, als hätte ich die Stimme erst gestern gehört statt in grauer Vorzeit, also vor vier, fünf Jahren das letzte Mal. Genauso hatte die Stimme immer geklungen, wenn die Sekretärin damals bei mir angerufen, mit mir geplaudert und mich dann mit dem Chef verbunden hat. Es fühlte ich an wie gestern. Vertraut eben.

Als sie mir den deutsch-englischen Firmennamen buchstabieren wollte, rutschte mir ganz automatisch heraus "kein Problem, ich kenne Ihren Namen, ist schon notiert", was die Sekretärin erfreute, aber auch erstaunte, so dass ich das Gespräch schnell auf die besonderen Tischwünsche lenkte. Weil, für einen Moment wurde mir plötzlich so siedend heiß. Ging aber gottseidank gleich wieder weg.

Wir haben also nett und zielorientiert palavert, das mit dem Tisch ging klar, und ich erinnerte mich, mit dem Chef der Sekretärin schon einige Male dieses Restaurant besucht zu haben, zu Besprechungszwecken. In grauer Vorzeit. Die Zeiten ändern sich.

Am Ende des Telefonats buchstabierte sie mir dann noch ihren eigenen Namen, den ich - selbstredend - ebenfalls schon notiert hatte, denn ich kannte die Frau ja. Aber diesmal hielt ich den Mund. Den muss man sich ja nicht ein zweites Mal verbrennen. Und ein drittes Mal schon gleich gar nicht. Weil, ganz zum Schluss fragte sie mich nach meinem Namen. Ohne zu zögern und wahrheitsgemäß antwortete ich: "Mop". Sie hat den Namen notiert.




4 Kommentare:

  1. "Nett rumlabern halt, aber zielorientiert. Doch, ich gehe gern ans Telefon."Aha! Schwätz' nedd 'rum, Du bist im Telefonmarkting gelandet, inbound! Unn dess macht Dir jezz ach noch Spass? *Tstststs* :-)))

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  2. Klar macht das Spass. Ruf doch einfach mal an und bestell einen Tisch, wirst schon sehen, dir wird das auch Spass machen, ich schwör's.

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  3. ist das dann einfach die 'faulheit', wegen der du nicht deinen richtigen namen sagen magst? geht doch eigentlich so ein bißchen gegen deine prämisse was macht das schon, bin ich halt putzfrau!, oder?
    [aber ich könnte das gut verstehen, mit meinem tauben ohr [was die meisten erst wahrnehmen/wissen, wenn ich das sage] ist es ähnlich - manchmal hat man lust, darüber zu sprechen, manchmal nicht ^^.]

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  4. Mit Faulheit hat das nichts zu tun. Sondern damit, dass ich es unter Kontrolle behalten möchte, wem gegenüber ich mich auf welchem Level mitteile. In manchen Fällen wäre es einfach nicht klug, sich als Putzfrau zu outen.

    Außerdem ist Mop ein ehrenwerter Name, bitteschön ;). Ich heiße ja wirklich so. Oder bilde es mir ein. Wenn du verstehst...;)

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