Es könnte einem etwas unerwartet Qualitätsvolles entgehen. Am 10.06. gab es eine Reportage über drei Menschen: einen studierten Historiker, eine gelernte Bürokauffrau und einen gelernten Heizungsmonteur. Alle drei führen ein Dasein als sogenannte Multijobber. Wenn ich richtig mitgezählt habe, waren es insgesamt zwölf Jobs, welche von diesen drei Menschen ausgeübt werden: Tagesmutter, Fußballtrainer, Fahrradkurier, Gärtner, Messehostess, Segellehrer, Pfandflaschensammler, Blumenausfahrerin, Schiffsüberführer, Übersetzer, Aktmodell, Obdachlosenzeitungsverkäufer. Titel der Sendung war "Drei Jobs und trotzdem arm".
Der Pfandflaschensammler sagt von sich, er komme sich als Obdachloser oft vor "wie ein gehetztes Tier". Regelmäßig geht er zum Hamburger Flughafen, weil dort die Flaschenquote besonders hoch sei, bis zu zehn Flaschen die Stunde. An guten Tagen macht er sogar einen noch besseren Schnitt, "dann verdiene ich mehr in der Stunde als ein Kurierfahrer".
Der Kurierfahrer meint, infolge der Krise liefen die Geschäfte nur schleppend, denn "wenn die Zeiten härter werden, gibt es extreme Konkurrenz". Seine Erfahrung lehrt ihn, "man kann nicht mit nur einem Standbein überleben; eines wackelt schnell, dann bleibt einem die Luft weg." Neben seinen drei weiteren Jobs hat er soeben für einen fünften angeheuert - Kletterer für die Wartung von Industriefassaden und Hochhausfenster, "das ist viel krisensicherer als der Kurierdienst".
Gegen Ende des Films gibt der Pfandflaschensammler (er hat die meisten Jobs von allen drei porträtierten Menschen) eine düstere Prognose: "Das Dramatische ist, dass in Zukunft noch viel, viel mehr Leute sich so durchs Leben werden schlagen müssen. Für viele wird das den Zusammenbruch bedeuten, weil diese Leute sich nicht vorstellen können, dass das Leben trotzdem weitergeht".
Ein überaus anregender Film für Existenzen an der Schwelle zum Prekariat.
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