Donnerstag, 18. August 2011

Verpisst euch


Wie das mit dem Plündern funktioniert, haben wir jetzt verstanden. Die internationale Finanzmafia tut's, die abgehängte Unterschicht hat gut aufgepasst und macht es nach. Wie im Großen, so im Kleinen. Nur dass halt die Großgangster straffrei ausgehen, während die elfjährigen Kleinkriminellen für ein geklautes iPod sechs Monate eingebuchtet werden. Weil, sonst könnte ja jeder. Es soll aber nicht jeder können dürfen. Dafür haben wir Recht und Gesetze, und wenn das nicht reicht, werden die eben verschärft. Oder gleich ganz ausgehebelt. Wie derzeit auf der englischen Insel zu beobachten.

Derweil machen kontinental-konservative Edelschreibstubenhocker einen auf betroffen, sorgen sich um den öffentlichen Sittenverfall oder auch nur um ihre Besitzstände, fordern ein - so großes wie diffuses - Umdenken, haben jedoch bislang durch die Bank vergessen eines zu fordern, nämlich die Strafverfolgung krimineller Banker, organisierter Finanzbetrüger und gutvernetzter Länderausplünderer. Von irgendwoher muss der Sittenverfall ja kommen, nicht wahr? Ehrlich gesagt, möchte ich lieber nicht wissen, was dabei herauskommt, wenn solche Schreibtischtäter ernst machen mit ihrem nunmehr in Mode gekommenen "Umdenken". Denn so wie die bisher öffentlich gedacht haben, schwant mir bei einem Umdenken nichts Gutes. Mir graust ein wenig davor. So viel zum öffentlichen Umdenken.

Aber egal, Hauptsache, es wird darüber geredet. Ins Gerede gekommen ist jetzt auch eine neue Variante des Sittenverfalls. Es geht um das öffentliche Urinieren. Nein, nicht das gegen einen Baum oder hinters Gebüsch. Vielmehr das Verrichten der Notdurft im Flugzeug. Nein, nicht das Verrichten derselben in der Flugzeugtoilette, sondern im Flugzeug selbst, also da, wo die Passagiere sitzen. Warum auch nicht? Der Mann von Welt pisst, wo es ihm passt.

Letzte Woche war es ein prominentes Mitglied des amerikanischen olympischen Ski-Teams, der während eines Transatlantikfluges ungeniert auf das Bein eines elfjährigen Mädchen pinkelte. Warum er das tat? Na, er musste halt mal. Dumme Frage. Diese Woche war es der bekannte französische Schauspieler Gerard Depardieu, der halt mal musste und sich darum im Flugzeug öffentlich entleert hat. Weshalb der vollbesetzte Jet zum Gate zurückkehren, dort von einer Putzkolonne gereinigt werden musste und schließlich mit zwei Stunden Verspätung in die Luft ging. Überflüssig zu erwähnen, dass die Passagiere ziemlich angepisst waren.

Im französischen Fernsehen gab es zu dem Vorfall ein öffentliches Statement der AirFrance: Es wurde zum einen bestätigt, dass es sich bei dem inkontinenten Pisser um den bekannten Schauspieler Depardieu gehandelt habe; zum anderen wurde verlautbart, es sei noch unklar, ob Depardieu wegen seiner sanitären Fehlleistung samt der aus ihr entstandenen Folgen und Kosten belangt würde, zum Beispiel strafrechtlich.

Kommentar von CBS:
"This isn't exactly first class behavior."
(Hier ein Bild des Erste-Klasse-fliegenden Sympathieträgers)

Ob auch diese Variante öffentlichen Sittenverfalls beim gemeinen Volk Schule machen wird? Oder wird das straffreie Ich-pisse-wohin-es-mir-passt-Verhalten nur den betuchten, bildungsnahen First-Class-Pinkeln vorbehalten bleiben? Hey Alder, hast du Kohle oder was, because then you can take the piss out of everybody else? Ist vielleicht ganz gut, wenn die reiche Elite dafür sorgt, dass die Massen arm sind und es auch bleiben, denn sonst würden ja künftig Flugzeuge stinken wie der Berliner Tiergarten während der Loveparade. Doch, je länger ich darüber nachdenke, desto besser finde ich die Idee, dass die meisten Leute wenig bis kein Geld haben.

Obwohl. Das war jetzt die zweite öffentliche Prominenten-Piss-Story innerhalb von nur einer Woche. Eine mehr, dann sind es drei und wir haben einen Trend. Noch eine drauf, und alle wollen es nachmachen. Organisieren sich via Twitter zum Pinkel-Flashmob. Am Ende könnte ein öffentlicher Protest daraus werden. Mit einer klaren Botschaft.
Und jetzt alle so: Piss off!

4 Kommentare:

  1. Ich glaube im "Name der Rose" gelesen zu haben, dass William Adson ermahnt, nicht willkürlich hie oder da abzustrullern, denn man sei ja kein Italiener. Hat denn gar nichts mehr Bedeutung in dieser Welt? ;-)

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  2. In Süd- und Südwest Frankreich lachen sie darüber. Das ist normal, wer nämlich französische Toiletten kennt, macht's lieber im Freien.
    An einem Kriegerdenkmal habe ich ein Verbotsschild angebracht gesehen.
    "Defense d'uriner", das sagt doch alles...;-)

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  3. Meines Wissens haben die Toiletten der AirFrance internationalen Standard.

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  4. Da kann man ja auch nicht ins Freie...;-)

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