Samstag, 19. Mai 2012

Von falschen Gefahren im richtigen Leben


Wenn der Wahn sich organisiert, wird die Hysterie zur Methode.

Gestern spät abends ist es der Frankfurter Polizei endlich gelungen, den wahren - bislang nur im Verborgenen operierenden - Brennpunkt revolutionärer Umtriebe zu lokalisieren, einzukreisen und daraus das Recht abzuleiten, alle sich dort herumtreibenden verdächtigen Personen (also alle) zu durchsuchen: Die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität (alter Campus Bockenheim) wurde offiziell zur "Gefahrenzone" erklärt.

Mit Grausen soll der alte Herr sich abgewendet haben -


- nicht ohne vorher ein angemessenes Grußwort zu hinterlassen:

wie kann nor e Mensch so hysterisch sei?

Bereits in der Nacht war ein fernes unterirdisches Rumpeln zu vernehmen: Ein paar weitere alte Herrschaften sollen sich geräuschvoll im Grab umgedreht haben. Es wird gemunkelt, dabei handele es um die Herren Adorno und Horkheimer, die sich im Untergrund gezankt haben, ob das mit der "Gefahrenzone Frankfurter Universität" als Beleidigung oder als Auszeichnung zu verstehen sei. Immerhin ist der Bockenheimer Universitätscampus die geistige Heimat der berühmtesten Frankfurter Schule.

Während Adorno, leicht eingeschnappt, gemäkelt haben soll, die Frankfurter Polizei dürfe im Jahr 2012 nicht einfach auf der ehrwürdigen Tradition des magischen Geländes herumtrampeln (dabei großzügig ignorierend, dass er selbst, Adorno, bei einer studentischen Institutsbesetzung die Polizei zu Hilfe gerufen hatte), versuchte Horkheimer ihm gut zuzureden, alles nicht so eng zu sehen: Mensch, Adorno, bleib locker, 'Gefahrenzone Kritische Theorie', was Besseres kann uns posthum doch gar nicht widerfahren!

Was von Adorno - der schon immer schwer davon zu überzeugen gewesen war, es könne ein richtiges Leben im Falschen geben - mit kritisch-theoretischem Kopfwiegen beantwortet wurde, worauf es Horkheimer zu dumm wurde, er kurzen Prozess und eine Flasche Sekt auf machte, dem ewigen Zweifler an seiner Seite in die Rippen boxte und ihm zurief: Das müssen wir feiern!

Und das taten die beiden dann auch geräuschvoll heute Nacht und ließen es unterirdisch richtig krachen, nicht ohne den oberirdischen, sich in der Gefahrenzone des falschen Lebens befindlichen Frankfurter Aktivisten einen angemessenen Trinkspruch zu hinterlassen:
Ei es will uns net in de Kopp enei,
wie kann nor e Mensch net von Blockupy sei!

4 Kommentare:

  1. Du denkst also, die beiden alten Herren verdammten die Blockupy-Horden nicht als Antisemiten, "Rackets" oder, was weiß ich was, und grunzten nicht zufrieden, weil die Frankfurter Polizei ihre Pflicht tut? Du hast ja eine ziemliche gute Meinung von den beiden Herren.

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    1. "Du hast ja eine ziemliche gute Meinung von den beiden Herren."

      Korrekt, habe ich. All dem, was gern in den Sack "Occupy-Ideologie" reingestopft wird, um dann lustvoll draufzuhauen, waren die beiden Herren an Intelligenz haushoch überlegen.

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    2. ...und ich dachte, genau diese Herren bzw. die von ihnen benebelten kritischen Theoretiker steckten alles, was bei Occupy herumläuft, unterschiedslos in einen Sack, und hauten lustvoll auf ihm herum.

      Meiner Erfahrung nach gelangt jede Diskussion, die auf der Grundlage kritischer Theorie geführt wird, unweigerlich an einen Punkt, an dem es nur noch um die Nazizeit, um Auschwitz, Holocaust, Juden, völkische Ideologie & Faschismus sowie um Schuld geht. Von da aus sind dann Vorwürfe von wegen Antisemitismus, Totalitarismus und Schuld nicht mehr weit.

      Diese Vorwürfe richten sich natürlich selbstverständlich nicht an die Medien, die den demokratischen Geist der Weimarer Zeit zerschlugen, oder die Konzerne, die Zwangsarbeiter beschäftigten etc., sondern an Friedensaktivisten, antikapitalistische Protestierer, an dem von Armut bedrohten Mittelstand etc.

      Da finde ich ja noch die Kommunisten aus der DDR besser.

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    3. @georgi: Ich denke, sie sind da nicht besser und nicht schlechter, im Gegenteil, sie sind sich mit Lenin einig: Den Menschen das richtige Bewußtsein 'bringen' zu müssen, daß sie von allein nicht haben können, oder so^^

      Sorry dafür, aber ob eine Elite nun humanistisch zu sein meint oder kommunistisch, ist mir persönlich wurscht, sie sind für mich Elite, die über mich bestimmen wollen, weil ich ja zu doof bin.
      Hab ich was gegen auch auf die Gefahr hin, daß ich mich für 'klüger' halte, als ich bin... ;-)

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