Samstag, 5. Mai 2012

Schmale Lippenbekenntnisse


Die ganze Welt schaut am Sonntag auf Europa.

Am Sonntag finden in zwei europäischen Ländern wichtige Wahlen statt.

Die ganze Welt denkt, das seien die Länder Griechenland und Frankreich.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble belehrt die Welt eines Besseren. Mit gewohnt markigen Worten, unverkennbarer Drohgebärde und hart (noch härter als gewöhnlich) aufeinandergepressten Lippen zeigte er gestern - also kurz vor Öffnung der griechischen und französischen Wahllokale -, wo der Hammer hängt:
Neben weiteren Highlights erklärte Schäuble, dass die Wahlen in Griechenland und Frankreich "im Wesentlichen keinerlei Einfluss auf die deutsche Finanzpolitik haben werden".
Gut, dann wäre das schon mal geklärt. Soll sich bitte kein einziger wahlberechtigter Europäer einbilden, die harte Haltung deutscher Politiker sei durch irgendein läppisches demokratisches Wahlergebnis zu beeindrucken.

Weiter im Text, nächste Ansage von Schäuble, die Lippen werden schmaler:

Wer auch immer die Wahlen ins griechische Parlament gewinnen wird, kann sich eines schon mal abschminken: dass sich dadurch auch nur ein Jota am Status quo der Bail-out-Schraubzwinge, sprich Bankenrettungsmaßnahmen, ändern wird. Sollten die griechischen Bürger die falschen, nämlich eine oder mehrere der Troika-kritischen Parteien wählen, dann
"... wird Griechenland die Folgen tragen müssen."
Peng! Das hat gesessen, ihr Griechen, nicht wahr, jetzt schlottern euch die Hosen vor Angst? Ich weiß nicht, wieso ich das Gefühl nicht loswerde, dass der deutsche Finanzminister, wenn es nach ihm ginge, am liebsten mit einem Panzer in die griechischen Wahlkabinen reinfahren würde.

Weiter an die Adresse Griechenlands, die Lippen Schäubles nur noch ein einziger schmaler Strich:
"Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist eine freiwillige Entscheidung!"
Merkwürdigerweise vergaß er hinzuzufügen, "und zwar mit von uns vorgehaltener Knarre!".

Sage keiner, der Deutsche mit der Panzerrhetorik hätte kein Gespür für diplomatische Zwischentöne. Dem französischen Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande hielt er einen völkerverständigenden Olivenzweig unter die Nase, den letzterer hoffentlich nicht verwechseln wird mit einer entsicherten Knarre:
Im Falle eines Wahlgewinnes wird die deutsche Regierung einem siegreichen Francois Hollande erlauben, "sein Gesicht zu wahren".
Da wird der (möglicherweise) künftige Staatspräsident Frankreichs sich bestimmt geehrt fühlen, dass die deutsche Regierung ihm erlaubt, sein Gesicht zu wahren, und sich obendrein erlaubt, ihm das auch noch ins Gesicht zu sagen.
"Jeder, der neu ins Amt gewählt wird, muss imstande sein, sein Gesicht zu wahren," sagte Schäuble. "Darum werden wir uns mit Hollande auf sehr freundliche Weise auseinandersetzen."
- was ja schon fast an rhetorischen Schmusekurs grenzt. Kaum zu glauben, dass ein derart wachsweiches Franzosenverstehertum dem harten deutschen Lippenstrich entwichen sein soll. Schäuble wäre aber nicht der, der er ist und sein will, fügte er nach so viel freundlichem Rumgesofte nicht mit gebotener Härte hinzu, dass
... man von Hollande erwarte, die Verpflichtungen gegenüber dem europäischen Fiskalpakt aufrechtzuerhalten. "Darum werden wir uns mit Hollande auf sehr freundliche Weise auseinandersetzen. Aber wir werden nicht von unseren Prinzipien abrücken."
Ich hätte da einen Vorschlag: Vielleicht wäre es zielführender im Sinne Schäubles, die griechischen und französischen Wahlen einfach in Deutschland abzuhalten? Oder, noch einfacher, die kommenden Regierungen Griechenlands und Frankreich kurzerhand und schmallippig von deutschen Politikern benennen zu lassen? Damit wäre doch allen gedient. Weil alle den deutschen Interessen dienten.

Jetzt aber erst mal Waffenstillstand. Pistole ins Halfter, Panzer in die Garage, Ruhe an der Verbalfront. Mal sehen, welche Messer am Sonntagabend gewetzt werden. Falls die bis dahin nicht stumpf geworden sind.

Update:
Siehe auch: "Der Mann hat Nerven." (Keep Talking Greece)

Say "Grrrrreece!"

2 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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    1. Reiß Dich gefälligst zusammen. Dies hier ist ein Blog, und zwar mein Blog, und nicht Dein Spucknapf zum Abkotzen.

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