Bekanntlich war bereits gestern der Tag des Truthahn-Massenmordes (andernorts auch "Thanksgiving Day" genannt), der mir leider insofern durch die Lappen gegangen ist, als mir der gestrige Tag gegen Gewalt an Frauen selbstredend wichtiger war als der gestrige Tag der Gewalt gegen Truthähne.
Die Tradition des Thanksgiving Day bringt es mit sich, dass man sich nicht nur im großen Stil überfrisst und nachhaltig betrinkt, sondern auch von ganzem Herzen bedankt. Bedankt für was? Na, für etwas, wofür man eben besonders dankbar ist. Naturgemäß ist das von Mensch zu Mensch ganz verschieden, denn wofür der eine sich bedankt, dafür würde sich der andere schön bedanken. (Subversiven Gerüchten zufolge heißt der Thanksgiving Day so, weil er der Tag des Jahres ist, an dem sich die Geflügelindustrie bei den Amerikanern dafür bedankt, dass sie insgesamt 300 Millionen Truthähne - davon etwa 100 Millionen am Thanksgiving Day - niedergemacht haben.)
Nun steht bei mir zwar weder ein Truthahn auf dem Tisch noch ein Besäufnis an, aber die Sache mit dem Bedanken gefällt mir. Übrigens dürfte auch bei sehr vielen Iren (ebenfalls Thanksgiving-Traditionalisten, feiern am 27. November) dieses Jahr kein Truthahn auf dem Tisch stehen; trotzdem finden sie Gründe, sich zu bedanken, zum Beispiel bei dem irischen Premierminister Brian Cowen,
"...weil uns zwar zum Heulen zumute, das Lachen aber trotzdem nicht vergangen ist: Ihm verdanken wir, dass Irland für den Rest des Jahres in den Schlagzeilen bleiben wird, was wir wiederum seinem inkompetenten Management der wirtschaftlichen Krise verdanken - welcher Krise eigentlich?"
Andere sind der Meinung, ein Bild sage mehr als tausend Worte, und bringen ihren Dank auf Dubliner Hauswänden zum Ausdruck:
"The Blues Brothers"
(Brian Cowen und der irische Finanzminister Brian Lenihan)
Und jetzt komme endlich ich an die Reihe. Wofür bin ich gerade heute besonders dankbar?
Für drei Dinge:
Erstens dafür, dass es noch Wunder gibt: Trotz großer Gefahr - Glatteis, Schneetreiben, knirschende Pfützen - bin ich heute früh nicht vom Fahrrad gestürzt.
Zweitens dafür, dass es noch Autoren gibt, die über die Krise Irlands sowie deren Folgen schreiben und denen das Schicksal großer Bevölkerungsteile in Irland mehr wert ist als nur ein halbherziger Nebensatz.
Drittens dafür, dass es noch Menschen gibt, die auf die durchgeknallte finanzwirtschaftliche Entwicklung mit angemessen durchgeknalltem Humor reagieren:
(Ben Bernanke, Präsident der US-Notenbank)
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