Samstag, 13. November 2010

Neues von der Frugalfront


Immer wieder wirft das frugale Leben (also meines) die Frage auf: Wie kriege ich den Rest aus der Tube? Die Rede ist von allen möglichen Produkten des täglichen Konsums mit cremiger Konsistenz, also Senf, Tomatenmark, Schuhcreme, Handcreme und, allem voran, Zahnpasta.

Als sparsame Verwenderin kommt es für mich überhaupt nicht in Frage, der Tube irgendwas zu schenken, sprich drinzulassen, nur weil irgendein bekloppter Hersteller (also die meisten) meint, wir lebten immer noch im Zeitalter der großen Verschwendungssause und könnten deshalb großzügig eine scheinbar entleerte Tube wegschmeißen, obwohl die Hälfte des Tubeninhaltes noch an den Innenwänden hängt.

Übertreibe ich? Nein. Wer schon einmal einer dieser Tuben, aus denen selbst mit Muskelkraft und brachialem Daumendruck kein Fitzelchen mehr herauszuquetschen geht, aufgeschnitten hat, wird erfreut festgestellt haben, dass er noch mindestens eine Woche lang seine Zähne putzen kann, bevor er zum Neukauf schreiten muss.

Nun kann ich mir nicht vorstellen, dass ich die einzige Tubenaufschneiderin auf Gottes Erdboden bin; aber entweder schneidet tatsächlich niemand sonst seine noch halbvollen Tuben auf oder die Leute tun es, wollen es aber nicht zugeben. Von einer guten Bekannten weiß ich, dass auch sie ihrer Zahnpastatube mit der Schere zu Leibe rückt; allerdings musste ich sie, um sie zu diesem Geständnis zu bewegen, mindestens so beharrlich ausquetscchen wie ich es mit der Zahnpastatube mache, bevor ich sie schließlich aufschneide. Irgendwie war der Frau das Thema genierlich.

Nachdem sie sich - unter Windungen - als Zahnpastatubenaufschneiderin geoutet hatte, fügte sie hinzu, dass sie "das" jedoch erst dann machen würde, wenn sie bereits eine neue Tube gekauft habe. Konnte ich nicht nachvollziehen. Wo doch für mich der Triumph des Tubenaufschneidens gerade darin liegt, mit dem Nachkauf, ergo dem Geldausgeben, noch eine volle Woche warten zu können. Nicht so jene Bekannte. Weil nämlich, erklärte sie mir, so eine aufgeschnittene Zahnpastatube im Badezimmer ein unerträglich peinlicher Anblick sei, den sie ihren Besuchern ersparen möchte. Weshalb sie die neue, unversehrte Tube auf die Glaskonsole vor dem Spiegel stelle und die alte, skalpierte Tube im Schränkchen unter dem Waschbecken deponiere, hinter verschlossener Tür. Und sich jedes Mal lieber unters Waschbecken bücke, wenn es ans Zähneputzen geht.

Wie verschieden doch die Menschen sind. Erstens wäre ich viel zu faul, mich für jedes Zähneputzen extra zu bücken; zweitens ist für mich eine aufgesäbelte Zahnpastatube das Normalste von der Welt. Peinlich? Pfft. Peinlich finde ich höchstens Leute, denen der frugale Lebensstil anderer Leute peinlich ist. Die haben Hausverbot.

Das einzig Unkonveniente am Tubenaufschneiden ist die Schere, der ich dauernd hinterherrennen muss, wenn wieder mal eine der zahlreichen Tuben im Haushalt geköpft werden soll und ich mich erst erinnern muss, welcher Tube ich zuletzt an den Kragen gegangen bin; in deren Nähe findet sich dann in aller Regel die Tubenaufschneideschere (selbstverständlich gesäubert, ich gehe ja nicht mit der Schere an die Zahnpastatube, solange noch Senf an ihr klebt, also, an der Schere).

Doch eine Lösung ist in Sicht. Eine ultracoole, frugale Lösung:


Einfach abreißen, ratsch, und schon kann man aus dem Vollen schöpfen. Oder schaben, je nachdem. Erfrischend und damit passend zum Produkt finde ich den Slogan "A new frugal ways", also sinngemäß "Die neue frugale Lebensart". Erfrischend deshalb, weil es eher gegen die herkömmlichen Vermarktungssitten ist, einen frugalen Lebensstil in Design und Funktion zu promoten. Und dann "Thrift"! Freihändig übersetzt würde ich mal fabulieren: "Dies ist die neue Sparbrötchen-Zahnpasta für einen bewusst-nachhaltig-frugalen Lebensstil - holen Sie das letzte aus Ihrer Tube raus!" Wobei man schon gern wüsste, was für eine Zahnpasta eigentlich in der Tube drin ist. Selbst als trendiger Frugalkonsument.

Ach ja, ganz erheblich interessieren würde mich auch, was die "lebensverändernde Zahnpastatube" kosten soll. Ich weiß nicht, warum ich das dumpfe Gefühl habe, dass es kein frugaler Preis sein wird.

12 Kommentare:

  1. GrinZZZ
    mach ich auch, und nicht nur mit zahnpasta, denn auch malzpaste für kazzes, tomatenmark für soßen, politur für metall und fett fürs lederschuhe können noch lange freude bzw. inhalt spenden, sind sie erst mal skalpiert.

    jo wie heißt es schön: geiz ist vielleicht geil, aber sparsam ist intelligent.
    gruß bel.

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  2. Willkommen im Club - schon fühlt sich das Dasein als intelligente Minderheit erträglicher an ;).

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  3. ich benutze so ein ausquetscher-utensil namens tubenpresse - da fädelt man das ende gleich zu anfang ;) rein und wickelt die tube dann darum auf, äh aus. funktioniert aber natürlich nur bei nicht-plastik-tuben. plastik-tuben schneide ich auch auf, besonders bei shampoo/duschzeug und co. ...

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  4. Hui, was für ein schickes Teil. Genau das richtige für die blöde Tomatenmarktube, die verkrumpelt immer so ungut nach dem Aufschneiden = fieses Handling. Waskostndas?

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  5. soweit ich mich erinnere: sogutwienix ^^. und ja, auch mein erstes opfer war das tomatenmark ;)...

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  6. Bin heute erst über diesen göttlichen Blog gestolpert und kann jetzt schon sage: Ich liebe es bzw. ihn (den Blog) bzw. die intelligentsarkastischfeinsinnighumorvolle Autorin ;-) Hier mein Tipp zur Tubenproblematik: Tütenclipps (Ihr wisst schon, diese kleinen Plastikteile...garantiert für jede Tube die passende Größe...) Da lohnt sich das Aufschneiden am Ende gar nicht mehr. Obwohl...dann würde dir, Mrs. Mop, natürlich die Genugtuung des aufgeschobenen Konsums entgehen?!

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  7. Danke für die Blumen und den Tütenclipptubentipp!

    Also, ich wickle den Clipp um das Tubenende und rolle dann die Tube von hinten auf, richtig? So genial wie simpel wie preiswert. Indem ich dergestalt den Tubeninhalt nach vorne schiebe, schiebe ich ja ganz augenfällig auch den Konsum auf. Eine mich sehr befriedigende Lösung ;).

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  8. Genau erkannt...Für irgendetwas muss eine Hochschulzugangsberechtigung ja gut sein, auch wenn es sich nur um Lösungen für Alltags- und Finanzprobleme handelt, welche aus den allgegenwärtigen prekären Arbeitsverhältnissen entstehen ;-) Gibt es eigentlich im Land der Dichter und Denker eine Statistik über die Anzahl von Abiturienten/Jungakademikern, welche jung, dynamisch und hochmotiviert von ihrer Hände Arbeit in prekären Niedriglohnverhältnissen leben? Oder ist die Strategie dahinter, das Prekariat mit Bildungsbürgern zu unterwandern? Soviele Fragen...

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  9. He he...suche erfahrene Dipl.-Tubenausquetscherin...:)

    Im Land der Dichter und Denker wird ja bei solchen Statistiken bekanntlich viel gedichtet, das erspart den Dichtern das Denken (geschminkte Arbeitslosenzahlen und so...). Doch, es gab da was (Studie), vor etwa Jahresfrist, wo rauskam, dass der Niediglohnsektor stetig am Anwachsen ist, und zwar - Überraschung! - waren es nicht die Geringqualifizierten, die dieses Wachstum verursachen, sondern die Gutqualifizierten, die mit abgeschlossener Berufsausbildung und Hochschulstudium.

    Ich entsinne mich noch dunkel, dass um die Ergebnisse dieser Studie erstaunlich wenig politischer Wirbel gemacht wurde - was heißt erstaunlich, vor einem Jahr habe ich gestaunt, heute staune ich über so etwas nicht mehr, denn die Studienergebnisse haben/hätten dem Politikermantra "Mehr Bildung!" ganz schön den Wind aus den Segeln genommen.

    Muss mal wühlen, vielleicht finde ich die Studie wieder.

    Zur Überbrückung etwas Aktuelles über die Perspektivlosigkeit junger Akademiker in England, "The Lost Generation of Graduates": Da arbeiten Hochschulabsolventen als Kassierer im Supermarkt, in der Hoffnung, irgendwann zur Managementebene aufsteigen zu können. Stelle ich mir als dornenreichen Pfad vor...

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  10. Hab's gefunden, hier der Link, Unter-Überschrift "Grenzen der Bildungspolitik", am Ende des Abschnittes findest du den Link zum IAQ-Report = besagte Studie.

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  11. Vielen Dank für die Recherche :) Aber macht das jetzt Angst oder Mut? Viel tiefer können wir nicht mehr fallen und eigentlich sind wir "hier unten" doch viel mehr als die "da oben" und irgendwann wird früher oder später alles anders und sowieso viel besser und wenn man dann noch bedenkt, was wir schon können, weil wir müssen, was könnten wir dann alles, wenn wir so könnten, wie wir wollten? Hach, ich könnte stundenlang so weiter machen...

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  12. Mach' ruhig so weiter, ich kann dir gut folgen;).

    Angst macht mir höchstens, dass solche Facts systematisch unter den Tisch fallengelassen werden, um den sozialen Hausfrieden nicht zu stören. Aber wie gesagt, wundern tut einen nix mehr...

    "...wenn man dann noch bedenkt, was wir schon können, weil wir müssen, was könnten wir dann alles, wenn wir so könnten, wie wir wollten?" Ich weiß zwar nicht, wie du das konkret aus deiner Perspektive gemeint hast (weil ich deine Perspektive nicht kenne), aber aus meiner persönlichen Sicht kann ich dir versichern: Das Leben "hier unten" stählt Charakter wie Körper gleichermaßen, und manchmal ahne ich dunkel, dass der Tag kommen wird, wo mir dieses Abgehärtetsein von Nutzen sein wird...

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