Dienstag, 1. September 2009

Aufwärmen

Warm anziehen hieß das Stichwort. Neulich war das ja mehr so allegorisch gemeint gewesen, aber heute früh nahm ich es wortwörtlich. Fleecegefütterte Winter-Fahrradhandschuhe, fleecegefütterte Fahrradhose mit extra Kälteschutz fürs Becken, Anorak mit hochgeschlossenem wattiertem Stehkragen. Und ja, in den Nachrichten hatte es geheißen, dass in vier, fünf Stunden wieder die 30-Grad-Marke gekratzt werden würde. Verrückt.
Stockdunkel ist es bereits seit Wochen um halb sechs in der Frühe. Als ob das nicht schon grauslig genug wäre, ist es seit gestern auch noch kalt. Es ist nicht kühl oder frisch - es ist kalt. Saukalt. Gestern habe ich erbärmlich gefroren. Heute also machte ich mich winterfest, saß vermummt auf dem Rad, stellte mir vor, dass in nur drei Stunden es mir sogar in Jeans und T-Shirt zu warm werden würde und merkte, dass ich außerstande war, es mir wirklich vorzustellen. Es überstieg schlichtweg meine morgendliche Vorstellungskraft. Mein Organismus war von Kopf bis Fuß auf frühen Wintereinbruch eingestellt und wollte von nichts anderem etwas wissen.
Zwei Stunden später fing ich in Jeans und T-Shirt an zu schwitzen. Fünf Stunden später genoss ich den warmen Fahrtwind auf der Haut beim Radfahren durch die aufgeheizte Stadt. Versuchte mir vorzustellen, wie sich das heute früh angefühlt hatte, als ich von Dunkelheit und Kälte umfangen war. Es ging nicht. Es war mir absolut unvorstellbar. Verrückt.
Eben saß ich ärmellos in einem Biergarten in der immer noch schwülwarmen Nachtluft und erzählte von meiner kälteresistenten Funktionskleidung. Die anderen kriegten Schweißausbrüche und starrten mich ungläubig an. Fleece. Wattiert. Gefüttert. Es war ihnen absolut unvorstellbar. Der Witz war: mir selbst ebenso, in diesem Moment. Es handelte sich aber auch um einen Biergarten ohne Heizpilze. Schon verrückt.

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