Schanigarten? Das Wort kommt aus dem Österreichischen und meint einen (meist) kleinen Gastgarten auf dem Gehsteig. 'Schani, trog in Goatn ausse', forderte der Oberkellner den Kellnerlehrling auf; der schleppte sogleich Tische, Stühle und ein paar Blumenkübel auf das Trottoir - fertig war der Schanigarten. In Wien herrscht eine ausgesprochene Schanigarten-Hochkultur. Wo sonst, wenn nicht in Wien, wird der Goldene Schani verliehen an die kreativsten Gastronomen, eine Art Oscar in Sachen Gastgartengestaltung. Zu den A-Noten zählen Charme und Flair (des Gartens, nicht des Schanis).
Rettet die Schanigartenkultur! Seit den gestern angedrohten städtischen Baumaßnahmen zur Errichtung eines öffentlichen Begegnungsraumes laufen die Umbaumaßnahmen am gastronomisch-aushäusigen Begegnungsraum auf Hochtouren. Sprich: Aus dem bisherigen Schanigarten de luxe muss in Windeseile ein Behelfs-Schanigarten werden. Einer, der trotz aller bau-schikanösen Einschränkungen irgendwie attraktiv ist. Improvisationsfreude ist gefragt, aufseiten der Gestalter wie der künftigen Gäste. Ab Montag. Bis "voraussichtlich" Ende Oktober.
Es geht jetzt den ganzen Tag so richtig rund hier. Heute waren die Gärtner da. Hecken stutzen, Bäume zurückschneiden. Blumenkübel umarrangieren.
Es soll ab Montag ein provisorisches Schanigärtlein mitten auf der Straße geben; der Gehweg bleibt den Bauarbeiten, Fußgängern und Blumenkübeln vorbehalten, und natürlich den Schanis (Kellnern), die alles Gute aus Küche und Keller zum Haus hinaustragen werden, quer über den Gehweg, den Baugeräten ausweichend, einen kühnen Schritt über den Bordstein nehmend, ohne mit dem Gläsertablett zu wackeln, um schließlich die Hungrigen auf der Straße satt zu machen.
Es wird ein Begegnungsraum der aufregenden Art werden. Eigentlich könnte das Amt schon jetzt die Hände in den Schoß legen und viele Steuergelder sparen. Weil, das wird sich schnell herumsprechen mit dem neuen gastronomischen Begegnungsraum, denn irgendwie hat das Projekt etwas, Entschuldigung für das blöde Wort, unfreiwillig Eventmäßiges. Das wird rennen, jede Wette. Weil es den Charme des Unfertigen ausstrahlt, das Flair des Vorläufigen. Mal sehen, was die Gäste draus machen werden. Vielleicht schreibt jemand eine wissenschaftliche Arbeit über das Thema 'Der provisorische Schanigarten als Schlüssel zum Verständnis des Funktionsprinzips sozialer Begegnungsräume'. Vielleicht will der neue Schanigarten, aufgrund des überwältigenden Erfolges, nach drei Monaten gar nicht mehr auf seinen alten Platz zurück. Vielleicht wird der provisorische Straßen-Schanigarten sich bald krakenartig ausbreiten in die Nachbarstraßen, bis irgendwann alle Stadtteile zu einem gigantischen Großstadtschanigarten verschmolzen sind. Spätenstens dann ist er ein Fall für die Nominierung zum Goldenen Schani.
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