Mittwoch, 7. Juli 2010

Ein Grund zur Aufregung


Man sollte bei diesem Wetter vermeiden sich aufzuregen. Sagte neulich bereits Frau Übermop und hatte damit recht wie fast meistens. Nur - was soll man machen? Wenn's kömmt, dann kömmt's, so ist das nun mal, und es hat sich noch kein Ärgernis dieser Welt ans Wetter gehalten. Mitunter kömmt es ganz dicke, und dann muss der Ärger raus, was natürlich zu vermehrtem Schwitzen führt, was ja wiederum gesund sein soll, auch wenn der vorbereitende Tobsuchtsanfall hitzebedingt als eher ungesund gilt.

Heute früh jedenfalls entschied ich mich fürs gesunde Schwitzen und nahm dafür den ungesunden, weil kreislaufgefährdenden Tobsuchtsanfall in Kauf. Der Anlass war nichtig, aber nichtsdestotrotz für Aufwallung sorgend, denn zu Arbeitsbeginn musste ich feststellen, dass irgendjemand mit meinen profilbildenden roten Schuhen (siehe Profilbild) Schindluder getrieben hatte, und da bin ich empfindlich. Obwohl die roten Schuhe naturgemäß ziemlich verschmutzt sind, gehören sie noch lange nicht in den Dreck geschmissen, was gewiss nicht aus Böswilligkeit geschah, vielmehr aus Hirnlosigkeit, im Resultat jedoch auf das Gleiche hinauslief: Ärger.

Ich schimpfte. Zwar laut, aber ganz normal halt. Ich schimpfte mir den Ärger von der Seele, und damit hätte es gut sein können, wenn nicht jemand den Fehler begangen hätte, mir zu unterstellen, ich sei es wohl selbst gewesen, die ihre Schuhe in den Dreck verschusselt habe, und der Unterstellung die Worte folgen ließ: "Kennt man ja von Putzfrauen!", was wiederum den ersten Tobsuchtsanfall des Tages folgen ließ. (Böse Zungen behaupten ja, Putzfrauen würden in Wirklichkeit dazu gebraucht, das mysteriöse Verschwinden von Familienschmuck, Tafelsilber und Tresorinhalten zu erklären; das bisschen Putzen diene lediglich der Verschleierung jenes peinlichen Sachverhaltes.) Das war um zehn nach sieben. Gut, da war es noch nicht soo heiß, also wird es auch nicht so furchtbar ungesund gewesen sein. Auf alle Fälle fühlte es sich hinterher gesund an.

Drei Stunden später, bei brütender Hitze, der zweite Tobsuchtsanfall. Mit dem randvollen Flaschenboy im Anschlag nähere ich mich dem Altglascontainer. Sehe von weitem, dass zwei Hundebesitzerinnen sich direkt vor den Containern angeregt unterhalten, während ihre voluminösen Haustiere auf dem schattigen Boden kauern. Sehe aus der Nähe, dass die beiden Köter nicht etwa kauern, sondern im Begriff sind, sich auf typische Weise zu krümmen. Während der eine von beiden bereits dampfendes Zeugnis seiner Notdurft abgelegt hatte und zu einem Nachschlag sich krümmte, war der andere noch ganz mit den die Entleerung vorbereitenden Darmverkrümmungen beschäftigt. All dies unmittelbar vor den Einwurflöchern der Container. Es roch nach Ärger.

Ich schimpfte. Zwar laut, aber ganz normal halt. Damit hätte es gut sein können, wenn nicht die eine der beiden Hundebesitzerinnen an mein Verständnis appelliert hätte, dass den Hunden die Hitze ebenso zusetze wie den Menschen, weshalb Hunde nun mal gern den Schatten aufsuchten. Sie tat dies durchaus maßlos und keinen Widerspruch duldend, wie man es eigentlich nur von Hundebesitzern kennt. Ich erklärte ihr, dass ich den Glascontainer nicht wegen seiner Schattenspende aufsuchte und mich von der Verbindung Schatten/Scheiße an meiner Arbeit gehindert sähe. Ich tat dies durchaus streng und keinen Widerspruch duldend, wie man es eigentlich von einer Putzfrau nicht so kennt. Und halt ein wenig lauter, aber immer noch normal.

Damit hätte es gut sein können, wenn nicht die andere Hundebesitzerin den Fehler begangen hätte, mich abschätzig von unten (ultraverdreckte rote Schuhe, verschmutzte Schürze) bis oben (Arbeitshandschuhe, fleckige Kappe) zu mustern und mich zu fragen: "Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?", worauf der nächste Tobsuchtsanfall seinen Lauf nahm. Die beiden Frauen reagierten perplex, aber noch perplexer die Hunde: Sie schienen beide in ihrer gekrümmten Position zu erstarren, der eine mit geducktem Kopf, der andere böse zu mir nach oben spähend und dabei anhaltend knurrend.

Wenn ich heute eines gelernt habe, dann dies: Knurrende Hunde scheißen nicht. Sie mögen beißen, aber zu scheißen vermögen sie nicht, solange sie knurren. Was mich mit besonders genussvoller Schadenfreude erfüllte, war der Umstand, dass der knurrende der beiden Hunde derjenige mit dem trägen Darm war, mithin derjenige, der sich von dessen Inhalt noch nicht emanzipiert hatte. Krampf und Krümmung bei gleichzeitigem Knurren machten ihn völlig obstipat. Der zweite Hund zerrte mit gekrümmtem Rücken an der Leine, strebte weg von Tatort, Ersthaufen sowie einer randalierenden Mrs. Mop, die jeden ihrer Sätze mit einem Flascheneinwurf in überdurchschnittlicher Lautstärke skandierte. Akustisch war ich ganz klar im Vorteil. Argumentativ sowieso. Und so rein allzumenschlich gesehen ging es mir auch nicht schlecht dabei. Außer dass ich tierisch geschwitzt habe.

Es waren wohl Selbstreinigungskräfte am Werk. Mein Putzjob zwingt mich zur Seelenhygiene. Und das ist gut so.


2 Kommentare:

  1. I like!
    Netter Blog, weitermachen.

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  2. sehr gut. das fazit ist besonders.

    und ..., wie man es eigentlich nur von Hundebesitzern kennt. läßt sich auch auf eltern, lehrer und andere solche übertragen ;).

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