Mittwoch, 21. Juli 2010

Play It Again, Sam


Es gibt ja nichts Schlimmeres als Leute, die sich dauernd wiederholen, ohne dies zu merken. Oft empfindet man das Erzählte bereits beim ersten Hören als hinreichend redundant, aber in der Wiederholungsschleife wird es dann zur echten Herausforderung, und irgendwann legt sich die Schleife wie eine Schlinge um den Hals. Flüchten oder standhalten, heißt dann die Frage, und irgendwann will man bloß noch eines: seinen Kopf wieder aus der Schlinge rauskriegen.

Wenn mir beispielsweise, während ich gerade Handtücher zusammenlege, ein Geschäftsführer erzählt, dass er gestern in der Oper war, ist das an und für sich eine tolle Geschichte. Man hört ja immer wieder gern, was andere Leute so erleben. Erzählt mir tags darauf derselbe Geschäftsführer, dass er vorgestern in derselben Oper gewesen sei, wird das Ganze zum Härtest, vor allem, wenn ich gerade fensterputzend oben auf der Leiter stehe und es obendrein irre heiß ist, was bekanntlich oben auf einer Leiter noch irrer heiß als ist am unteren Ende derselben. Was tun?

Freundlich im Umgang - hart in der Sache, habe ich mal gelernt und flöte freundlich aus hitzigen Höhen, dass er mir dasselbe schon gestern erzählt habe. So etwas höre er aber gar nicht gern, bekomme ich als Antwort, was ich wiederum sehr gut verstehen kann, weshalb ich freundlich zurückflöte, dass ich das sehr gut verstehen könne. Damit war der Fall erledigt, es herrschte weiter eitel Sonnenschein im Überfluss, und zum Diskutieren ist es eh zu heiß.

Ich selbst hasse es auch wie die Pest, gesagt zu bekommen, dass ich mich wiederhole. Gottseidank passiert das nicht allzu häufig, aber jedes Mal ist einmal zu viel. Bei der Vorstellung, bloggend in so einer Wiederholungsschleife hängen zu bleiben und es womöglich nicht zu merken, wird mir ganz übel.

Aus diesem Grund verkneife ich es mir strikt, hier und jetzt von den vielen Kilos Brombeeren zu erzählen, welche ich heute auf dem Heimweg im wilden Dornendickicht erbeutet habe. Weil, Brombeerenpflücken und Mirabellenaufklauben waren vor Jahresfrist hier schon mal Thema gewesen (mir ist grad zu heiß zum Verlinken), das sollte reichen. Obwohl es ja dieses Jahr ganz anders ist als letztes Jahr, denn heuer gibt es eine gigantische Brombeerschwemme, dank der großen Hitze, welche wiederum der erhofften Erdbeerschwemme den Garaus gemacht hat. Man muss es nehmen, wie es kommt, gleich werde ich Brombeermarmelade kochen, sobald der Text hier zu Ende geschrieben ist, was noch dauern kann.

Immerhin ist das Thema Brombeeren damit für diese Saison abgehakt, zumindest blogtechnisch (im wirklichen Leben keineswegs, denn ich schaue aus, als ob ein Rudel räudiger Katzen im Tollwutrausch über mich hergefallen ist, werde mich also den Fragen von Mitmenschen stellen und betonen müssen: Weißt du, ich war in den Brombeeren.) Auch die Mirabellen sind kein Thema mehr, da sie vor einer Stunde bereits punktiert und in Prosecco versenkt wurden und ebenfalls keiner drögen Wiederholungsschleife bedürfen.

Mann Mann Mann. Eigentlich wollte ich auf etwas völlig anderes hinaus. Etwas, was mit Obst und Oper überhaupt nichts zu tun hat, aber mal rein gar nichts. Sondern mit - ich trau es mich kaum zu sagen - dem Thema "Verzicht inklusive", anders gesagt, mit jenem neumodischen Luxus des Verzichtens, von welchem hier bereits mehrfach zu lesen war - und, schnapp!, schon klappert die Wiederholungsschleifen-Falle mit ihrem dritten Gebiss...

...ja doch, schon wieder, ich kann ja auch nichts dafür, dass in der Frankfurter Rundschau heute so ein klasse mundwässernder Kommentar zum Thema erschien; bestünde Satire aus Fettröpfchen, der Kommentar würde triefen. Mal reinhören?
Ich habe den Eindruck, je erfolgreicher man im Beruf ist, desto schwerer macht man es sich im Alltag. Zum Beispiel...dem nächtelangen Herstellen von Pasta mit einer in Einzelfertigung hergestellten mundgeblasenen Nudelmaschine aus biologisch abbaubarem Gusseisen.
Mhm, süffig. Weiter:
Wer sich alles leisten kann, fährt zur Selbstgeißelung ins Schweigekloster; wer knöcheltief im Dispo steht, besucht Poolpartys auf Ibiza.
Mhm. Macht Lust auf mehr. Der Autor erzählt von seinem netten Nachbarn Thomas, der
...hat sich zum Beispiel letztes Jahr einen Parkettboden für 180 Euro pro Quadratmeter in seine Kanzlei legen lassen. Damit ihn seine Klienten aber nicht als Prahlhans ansehen, hat er die Maserung des Holzes absichtlich so gewählt, dass jeder Nichteingeweihte denkt, es sei Laminat.
Abgründig gut. Und als Absacker:
Das ist die wahre Rache des Kapitalismus.
Schmeckt wie Sünde.

Sünden sind lecker, wenn man rechtzeitig mit ihnen aufhört, deshalb darf nach so vielen Ehrenrunden mein Luxusthema jetzt erst einmal ruhen; hoffentlich schaffe ich das. Weil, wenn es mich wieder überkommt, was ja häufig der Fall ist, wird es mir bestimmt schwer fallen an mich zu halten.

Ich gehe jetzt Brombeermarmelade kochen.


Wieso steigt eigentlich, proportional zur Affenhitze, die Länge meiner Blogtexte? Ist schon wieder so ein ellenlanges Brett geworden. Ich werde mir doch keinen Magen-Darm-Virus eingefangen haben? Aber vielleicht ist das ja eine ganz normale Reaktion, so rein vegetativ gesehen - man könnte fast sagen: Bloggen bei Hitze ist wie Schwitzen. Doch, kommt hin.

2 Kommentare:

  1. Gerade wurdest du aber wiederlegt. Vom Fernsehen. Da meinte einer "Ich hab Geld - ich lass es krachen!"

    Familienbesuchbedingt bin ich momentan recht viel Fernsehen ausgesetzt. In einer Lautstärke, die Weghören oft unmöglich macht. Tun sich da Abgründe auf... war ZDF schon immer so schlimm? Morgenmagazin, Mittagsmagazin, Hallo Deutschland, etc. Zum Fürchten.

    Habe mir letztlich einen 20 000 € Flachbildfernseher gekauft und ihn dann gleich wieder aus dem Fenster geschmissen, damit die Nachbarn nicht neidisch werden, deshalb kann ich jetzt nur bei Verwandten fernsehen...

    "Ich war in den Brombeeren." - ein Satz zum Träumen. Wobei die Kratzer wahrscheinlich nicht annähernd so romantisch sind wie die Umschreibung.

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  2. Nee, echt nicht, Brombeerkratzer sind nix zum Träumen. Sie verfolgen mich. Bis in das heutige Posting ;).

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