Montag, 26. Juli 2010

Rollenspiel


Schlechte Laune auf ganzer Breite. Fing schon beim Aufwachen an. Es trommelte der Regen gegen die Fensterscheiben. Man hört ja dem Regen an, ob er gleich wieder aufhört oder sich anschickt, zum Dauerniederschlag zu werden. Im Bett liegend lauschte ich und wusste: Der Tag geht den Bach runter. Zumindest regentechnisch lag ich völlig richtig.

Andererseits ist schlechte Laune wegen schlechten Wetters bei den meisten Leuten nur eine schlechte Ausrede; warum sollte das bei mir anders sein? Weil, die letzte halbe Stunde hat es ausnahmsweise mal nicht geregnet, und was ist? Immer noch und trotzdem bracchial übellaunig, Tendenz steigend. Nützt alles nichts, ich muss wohl in mich gehen.

Dieses tat ich nach Beendigung meines Frühjobs, und siehe da, schon kam mir die Erleuchtung: Es steht mir nämlich heute noch ein Spätjob ins Haus; einer von denen, die ich bis vor ein paar Jahren mehrmals die Woche abgewickelt habe und die mir heute nur noch höchst selten, sprich alle paar (gefühlte) Schaltjahre in den Schoß fallen.

Ja, heißa!, ist das nicht toll? Endlich mal wieder ein Job, bei dem Köpfchen gefragt und Kohle im Anmarsch ist? Ja doch, toll ist das schon, und die Kohle ist mir mehr als willkommen, und überhaupt, sollte ich nicht vor lauter Tollheit bestgelaunt auf der Gardinenstange tanzen? Tue ich aber nicht. Stattdessen muffle ich vor mich hin, ich undankbares Stück.

Muffelnd stehe ich vor meinem Kleiderschrank und überlege, was ich heute abend anziehen soll. Muss ja irgendwie schick aussehen und was hermachen. Ich seufze, denke: wie anstrengend!, und entsinne mich dunkel meines Wäschepostings von neulich. Draußen fängt es wieder an zu regnen. Ich seufze tiefer, denn Regen bedeutet: Schicke Klamotten auf dem Fahrrad, die geschützt werden müssen, denn ich will ja nicht schick und durchnässt dort ankommen. Regenhose, Regenjacke, Kapuze sowieso und drunter ein südwesterähnlicher Regenhut für alle Fälle, weil, man muss ja dann auch an die Frisur denken. Gott, wie anstrengend.

Sind das jetzt Luxussorgen einer Luxusputzfrau? Kann schon sein. Im Moment geht es mir eher wie einer arbeitslosen Schauspielerin, die nach einer längeren Phase des Nichtgefragtseins endlich mal wieder ein Engagementchen ergattert hat, jetzt ratlos und überfordert in ihrer Garderobe steht und das dumpfe Gefühl hat, die Rolle sitzt nicht mehr so wie sie es früher einmal getan hat. Vom Rollentext ganz zu schweigen. Und keine Souffleuse weit und breit.

Keine Zeit mehr zum Rumnölen, denn ich muss mich jetzt auf die Suche nach meiner schicken Handtasche machen, welche bei meinem Umzug in irgendeine dunkle Kellerecke geflogen ist und heute mal wieder ans Tageslicht gezerrt sein will. Die Tasche werde ich dann in meinem Fahrradrucksack verstauen, welcher, wie ich heute früh betrübt feststellen musste, nicht mehr so wasserdicht ist wie er es einmal war. Was insofern schlecht ist, als auch noch ein Paar schicker Schuhe in den Rucksack gestopft werden muss, was aber nur Sinn macht, wenn sie genauso trocken rauskommen wie ich sie reingestopft habe. Sonst könnte ich ja gleich in Gummistiefeln gehen.

Und da soll ein Mensch keine schlechte Laune kriegen.

Update 22:57:
Wenn ich noch einmal, nur noch EIN EINZIGES MAL den Spruch höre "...da würde ich lieber putzen gehen", geäußert von Menschen mit manikürten Fingernägeln und perfekten Fönwellen, mit büroinduziertem Muskelschwund und einem Rundrücken, der in keinem Verhältnis steht zu ihrer kalendarischen Jugendlichkeit, von Menschen, die ihrem Alter an körperlicher und geistiger Unbeweglichkeit weit voraus sind, die sich selbstverständlich eine eigene Putzfrau halten und sich in den Teeküchen ihrer Angestelltenkäfige damit brüsten, wie "unglaublich billig" diese albanische oder jene rumänische Putzfrau ohne Papiere doch sei ("kann sich heutzutage jeder leisten"), während sie mit spitzen Fingern Lachshäppchen über Tellerchen balancieren und es fertig bringen, im gleichen Atemzug und im Brustton der Überzeugug zu prahlen "...da würde ich lieber putzen gehen" (lieber als was? Na, was wohl? Lieber als Hartz IV zu empfangen, was denn sonst), dann kann ich für nichts mehr garantieren, dann werde ich so sauer, dass ich vermutlich ausrasten und mich des Amoklaufes nicht enthalten können werde. Wollte ich nur mal angekündigt haben. Wozu habe ich ein Blog.

3 Kommentare:

  1. Gestern war unsere Putzfrau da, siehe mein Post. Die ist zwei Jahre jünger als ich, hat finanziell ein gutes Auskommen und ist topfit. Und wer noch nie mit Saubermachen sein Geld verdient hat, hat eh keine Ahnung.

    Also einatmen, ausatmen, nicht aufregen Mrs. Mop! :)

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  2. schon komisch, daß da 'heutzutage' das tag 'nebenjob' hingehört, oder? paßt aber ja auch zum text.

    zur wut: je mehr man im leben neues wagt/macht oder sich informiert, desto mehr verständnis und abgeklärtheit macht sich in einem breit: für organisatoren, für 'niedere' [nicht meine meinung!] berufe, für 'schwierige' jugendliche, für alles mögliche. da aber viele im leben nichts [neues] wagen und auch sonst recht wenig informations- oder wissenshungrig sind, gilt das längst nicht für alle menschen.

    die krone ist dann wohl, sich über diese tatsache [!] nicht mehr aufzuregen. am weitesten davon entfernt: das rebhuhn :). tja. hilft dir das irgendwie? ^^

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  3. @Mary Malloy und rebhuhn
    Danke für eure Zusprüche.

    Ich muss allerdings gestehen, dass mir bei dieser konkreten Wut der 'buddhistische' Zugang als wenig erstrebenswert erscheint. Auf die o.g. Bemerkung hätte ich noch vor einem Jahr anders, defensiver reagiert. Jetzt ist die Wut da, sie verlangt nach Ausdruck und Gestaltung, und ich nehme sie ernst. Es ist gar nicht mein Bedürfnis, diese Wut abzudämpfen, vielmehr empfinde ich es als gesünder, mich über solche Bemerkungen (von solchen Zeitgenossen!) aufzuregen, als mich nach einer universalen 'Gelassenheits'decke zu strecken, die mir persönlich zu hoch ist. Ich fürchte, ich bin nicht besonders idealistisch veranlagt ;).

    Womit ich aber keinesfalls behauptet haben will, dass Amoklaufen etwas Gesundes ist. Damit das klar ist... :)

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