Dienstag, 22. Mai 2012

Karriere jenseits der Schmerzgrenze


Endlich.
Der Arbeitsmarkt boomt.
Es sind wieder Stellen zu besetzen.
Hey, Ganztagsjobs!
Sozialversichert!
Zukunftsträchtig!
Krisensicher!


Vergewaltiger

Jahreseinkommen: 32.000 bis zu 35.000 Euro
Hervorragende Konditionen
Flexible Einsatzgebiete

Sind Sie an einer Karriere in einem einzigartigen Berufsumfeld interessiert?

Eine Miliz-Unternehmensgruppe in Zentralafrika sucht einen erfahrenen Menschenrechtsverletzer für den Einsatz in einer inoffiziellen Hafteinrichtung.

Unser Wunschkandidat verfügt über Erfahrung in Gewaltanwendung und dem Zufügen extremen Schmerzes und Leids. Die tägliche Arbeitsroutine umfasst Schlagen, Treten, Ohrfeigen, Auspeitschen und langanhaltendes Bewegungseinschränken.

Kenntnisse in Folterpositionen, einschließlich der Anwendung von Draht und/oder Stricken zur Auseinanderdehnung von Gliedmaßen sind von Vorteil. Erfahrungen im Zufügen anderer Formen von Folter und Misshandlung werden vorausgesetzt. Von den Bewerbern wird die Fähigkeit erwartet, ein kleines, aber enthusiastisches Team anzuspornen beim Überschreiten aller Grenzen, die je für möglich gehalten wurden.
Ein Traumjobangebot, welches das Herz jedes spanischen Bereitschaftspolizisten mit einschlägigen Referenzen höher schlagen lassen müsste. Müsste. Wäre da nicht dieses Jahreseinkommen, das in Relation zum Bewerber- resp. Jobprofil letzteres wohl eher als Niedriglohnsektor ausweist. Für die paar Piepen, mag sich der karrierebewusste Durchschnitts-Mozo denken, kann er auch gleich zuhause bleiben und sein heimisches enthusiastisches Team anspornen, alle Grenzen zu überschreiten, die je für möglich gehalten wurden.

Vermutlich verdient zwar jeder spanische Durchschnittspolizist noch weniger als hier in Aussicht gestellt, aber bitte - geht es denn letztlich darum, wieviel einer verdient? Oder nicht vielmehr darum, ob ein spanischer Durchschnittspolizist seine Arbeit liebt und gern verrichtet? Wer fragt schon nach angemessenem Lohn, wenn die handgreifliche Tätigkeit an sich mit all ihren Zu- und Übergriffen bereits eine Belohnung darstellt? Bleib' im Lande und nähre dich redlich, wird sich der übergriffige Riot-Mozo sagen, wieso soll ich in das ferne Zentralafrika, wo ich doch im krisengeschüttelten Spanien einen krisensicheren Job habe.

Übrigens boomt der Jobmarkt nach allen diversifizierenden Regeln der Kunst. Die Branche sucht nicht nur nach gestandenen Vergewaltigern, sondern bittet auch erfahrene Folterer und Kidnapper um entsprechende Bewerbungsschreiben, wobei interessanterweise die Folterknechte am unteren Ende der Lohnskala dümpeln, ich würde sagen: unterm eh inexistenten gesetzlichen Mindestlohn.


Alle drei Stellenausschreibungen finden sich in den regulären Stellenangebots-Rubriken der seriösen britischen Tageszeitungen Guardian und Independent, so dass jeder seriöse Jobsuchende unweigerlich darüber stolpert. Beim Lesen fragte ich mich, welche seriöse deutsche Tageszeitung wohl den Mumm hätte, solche Stellenanzeigen zu schalten. Mir fiel keine ein.

(Wie immer bei Stellenanzeigen empfiehlt sich das Kleingedruckte zu lesen, in diesem Fall das Fettgedruckte.)


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