Sonntag, 25. Dezember 2011

Come on, cry with me



You ain't alone, so why you lonely?
there you go on the dark end of the street
are you scared to tell somebody how you feel about somebody?
Are you scared what somebody's gonna think?
Or, are you scared to wear your heart out on your sleeve?

Cry, if you gonna cry
come on, cry with me.

You ain't alone,
just let me be your ticket home...

Es gibt wohl keinen Tag im Jahr, der so durchritualisiert und durchreglementiert ist wie Weihnachten. In der Regel läuft Weihnachten auf ein soziales Beisammensein im kleinen Kreis hinaus, meistens familiär, manchmal mit ein paar Freunden, aber doch stets: kleiner Kreis, überschaubar, abgegrenzt und irgendwie 'unter sich'.

Gestern abend habe ich zum ersten Mal 'offene Weihnachten' erlebt. Offen heißt: offene Türen, offen für jeden, offen für das, was passiert - die ganze Nacht durch, ohne Sperrstunde, mit "Nachtmusik von der Straße". Es war die "Lange Nacht am Heiligabend" in der Frankfurter Weißfrauenkirche, um die Ecke vom Camp #occupyfrankfurt.

Es hat mich ein wenig überwältigt: die unglaublich freundliche, unsentimentale Atmosphäre und der selbstverständliche, lockere Umgang wildfremder Menschen miteinander - Menschen, die an vollbesetzten, langen, gedeckten Tischen in dem riesigen Kirchenraum saßen und aßen und tranken und lachten und redeten und schwiegen. Und weinten.

Ja, immer mal wieder brach jemand an einem der langen Tische in Tränen aus und weinte eine Weile. Er oder sie weinte, bekam von einem Tischgenossen eine Papierserviette gereicht, erleichterte sich schneuzend, hörte irgendwann auf zu weinen, beteiligte sich wieder an den Gesprächen und lachte und scherzte weiter mit den anderen. Mal eben kurz zu weinen schien das Selbstverständlichste der Welt zu sein; sowohl für den Weinenden als auch für die Nichtweinenden. Keiner sprang auf, um den Weinenden zu trösten, zu beschwichtigen, zu beruhigen oder sonstwie vom Weinen abzuhalten. Keiner zeigte sich in irgendeiner Weise peinlich berührt. Das Weinen schien - genau wie das Lachen, Reden und Schweigen - eine selbstverständlich akzeptierte Form menschlicher Kommunikation zu sein.

Ich habe schon viele Weihnachtsabende 'im kleinen Kreis' erlebt; an keinem war es statthaft, einfach so draufloszuweinen, wenn jemandem danach war, egal aus welchen Gründen.
Are you scared what somebody's gonna think?
Weil, wer wird denn schon weinen, ausgerechnet an Weihnachten, noch dazu im kleinen, abgegrenzten Kreis?
Or, are you scared to wear your heart out on your sleeve?
Offenbar bedarf es eines großen, offenen, unabgegrenzten Kreises, um die Tränen laufen zu lassen, wenn sie hochsteigen. Gänzlich ungeniert und völlig selbstverständlich. Hat mich ein wenig überwältigt, das zu erleben.
Cry, if you gonna cry
come on, cry with me.

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