Bin ich doch über so ein Wort gestolpert und kriegte mich nicht mehr ein. Das Wort heißt iPutz. iPutz! Was für ein Wort! Ist ja klar, dass da bei jemandem wie mir alle Glocken läuten und sich die verwegensten Assoziationen einstellen. Ich wollte auf der Stelle einen iPutz haben.
Ich imaginierte einen niedlichen kleinen Putzroboter, so auf Rädern und mit Fernbedienung, und ich sitze gemütlich auf dem Sofa und klicke dem Helferlein elektronische Befehle rüber "ei putz, iPutzi!", und das Helferlein schnurrt gigabytemäßig durch die Wohnung und alles wird gut.
Alternativ, dachte ich mir, wäre eine neue Anwendertechnologie namens iPutz keine schlechte Sache, zur Aktivierung der Selbstreinigungskräfte, sozusagen. So eine Art Putz-App, die turnusmäßig anfängt zu blinken, wenn's mal wieder Zeit wird: "I putz!", was dann so viel bedeuten würde wie "Ey, putz' mal wieder deine Hütte!"
Ich war mehr als angetan und produzierte zu dem Begriff weitere Einfälle, die sich hartnäckig im putz-assoziativen Bereich hielten. Das war ein Fehler. Denn ich begann nach dem Wort zu googeln. Vielleicht war das der Fehler. Denn ein Putz ist weder etwas Nettes noch Niedliches noch in irgendeiner Weise Hilfreiches. Das Wort kommt aus dem Jiddischen und hat mehrere despektierliche Bedeutungen, von denen die einzig hier wiederzugebende, weil jugendfreie, diese ist: Idiot.
Putz im Sinne von Idiot wird, englisch ausgesprochen, zu Patz. Weiß man erst mal, dass ein Patz ein unguter Zeitgenosse ist, fängt es einem vor dem i schon an zu grausen. Ein i-Idiot - viel schlimmer kann es nicht kommen. Einer, der sich mords was einbildet auf seinen Besitz an Apple-Spielzeugen und denkt, er sei der Käs', bloß weil er stinkt. So jemand wird umgangssprachlich als iPutz bezeichnet:
"any nerd who claims to be cool because they own an iphone."
oder:
"anyone who waits in line anywhere for the latest Apple gadget."
Wieder was gelernt. Ich wollte kein iPutz mehr haben. Und ein iPutz sein oder so genannt werden will ich erst recht nicht. Wer will schon gerne iPutz genannt werden, selbst wenn er vielleicht einer ist? Keiner. Zumal, wie angedeutet, das semantische Umfeld des Wortes Putz alles andere als schmeichelhaft ist.
Einem ist es jetzt aber doch passiert. Und zwar nicht irgendeinem, sondern dem Präsidenten und CEO der Federal Reserve Bank, kurz Fed, in New York, Bill Dudley. Er wurde öffentlich als iPutz bezeichnet, und höchstwahrscheinlich ist er auch ein iPutz, hört das aber wohl gar nicht gern, denn es ist nun mal kein Kompliment und war in dieser Überschrift auch gewiss nicht als Kompliment gemeint.
Vor ein paar Tagen war nämlich der Fed-Chef missionarisch unterwegs gewesen im New Yorker Stadtteil Queens (ein Stadtteil mit nicht eben gutbetuchter Durchschnittsbevölkerung). Dort versuchte er einer Bürgergruppe weiszumachen, dass es derzeit in Amerika keine Inflation gäbe, beziehungweise dass die Inflation unter Kontrolle wäre, beziehungsweise dass, genau genommen, das Land sich in einer deflationären statt inflationären Entwicklung befände.
Den weniger gutbetuchten Bürgern wollte das nicht recht einleuchten. Müssen sie doch Monat für Monat tiefer in die Tasche greifen, um sich so Grundlegendes wie Lebensmittel, Heizöl, Benzin, Versicherungen und ärztliche Versorgung leisten zu können. Weil nun mal alles immer teurer wird.
Jedoch, einen Chefökonomen und ehemaligen geschäftsführenden Direktor von Goldman Sachs ficht das nicht an. Steigende Lebensmittelpreise? Peanuts. Dudley - ein Freund hedonischer Preisberücksichtigung - zog es vor, von dem unglaublich günstigen Preisleistungsverhältnis jeder neuen Generation von iPads zu schwärmen: Die würden womöglich ein bisschen mehr kosten, dafür aber eine Menge mehr Technologie fürs Geld bieten, deshalb unterm Strich sogar billiger werden und wären, so Dudley, ein sagenhaftes Schmankerlschnäppchen für jeden Technikliebhaber.
Dass man in ein iPad jedoch nicht reinbeißen kann, um seinen Hunger zu stillen, verdeutlichte der Einwurf eines vergrätzten Bürgers "Sir, wann waren Sie das letzte Mal Lebensmittel einkaufen?", was der Befragte nonchalant als rhetorische (und damit irrelevante) Frage unter den Tisch fallen ließ. Was zählte, sei die offenkundig deflationär sich entwickelnde Computertechnologie. Das müssten die Leute doch endlich kapieren. Auch solche Leute, auf deren Einkaufszettel gar kein iPad stünde.
Der Typ bringt mich auf Ideen: Ich streiche einfach von meinem Einkaufszettel so triviales Zeugs wie Brot, Butter und Bananen, schreibe stattdessen ein iPad drauf und zack!, geht meine ebenso gefühlte wie erlebte Inflationsrate in den Keller.
Fortan lebte sie in Saus und Braus, umgab sich mit iPads, wurde zum iPutz, und wenn sie nicht verhungert ist, dann lebt sie noch heute.
Putzig.
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