Mittwoch, 23. März 2011

Wahlbeschiss


Man wird ja dieser Tage ganz wirr im Kopf. Von all dem Krümeln und Klügeln und Kringeln, und am Ende Asche aufs Haupt. Letzteres nennt sich dann Panaschieren. Nachdem einem zuvor vor lauter Kumulationseffekten schon Hören und Sehen vergangen ist.

Gerade wollte ich meiner unfrohen Wählerlaune Luft machen, stellte jedoch fest, dass dies bereits von jemand anderem besorgt wurde, und zwar so brilliant, dass ich mich einfach dranhänge. Weil, besser rumstänkern hätte ich jetzt auch nicht können.

Weil mein Balkon größer ist als meine Wohnung, habe ich das kommunalwahlbürokratische Monsterchart draußen auf dem Boden ausgebreitet und es mit Steinen beschwert. Ich frage mich eh, wieso sie das papierene Krümelmonster nicht nach Art eines dieser höchst praktischen, komplex faltbaren Stadtpläne aufbereitet haben; dann käme zum Klügeln und Kringeln noch das Falten und Fälteln hinzu, auf dass das Gemüt sich in tausend Runzeln lege, denn:
"(Die Wähler) trauen sich nicht ins Wahllokal mit ihren bis zu 93 Stimmen, weil sie fürchten, sie kommen da nicht mehr raus, unterzuckert, halb verdurstet und auch sonst sehr schwach auf den Beinen, wenn sie durch sind und am Ende."
...sowie, wäre hinzuzufügen, vorzeitig gealtert mit zerfurchter Stirn und gletscherspaltentiefen Nasolabialfalten.

Vor dem Kringeln hat der Herrgott das Häufeln (Kumulieren) gesetzt:
"Kumulieren, also 'häufeln', geht ungefähr so, sagen die Leute: wer was taugt, kriegt mehrere Stimmen. So mal übern Daumen. Kriegt einer drei Stimmen, hast du immer noch 90, wohin damit? So häufeln die Kumulierer vor sich hin und manchmal hört man sie murmeln, dass ihnen das kreative Kumulieren ohnehin keiner dankt."
Wem überm Herumkrümeln (Kumulieren) noch nicht komplett die Lust am Wählen vergangen ist, macht sich ans Panaschieren. Das Panaschieren macht vergleichsweise Spaß, weil man sich dabei für die verdorbene Laune rächen kann, die einem das Krümelmonster verursacht hat:
"...da kann man sich nicht entscheiden und verteilt seine Stimmen auf Kandidatinnen und Kandidaten verschiedener Parteien. Wer weiß, wofür's gut ist, sagt sich der Panaschierer, eins links, eins rechts, eins fallen lassen."
...schwupp, guter Tip, das schaffen auch einfach gestrickte Wählernaturen wie zum Beispiel ich.

Das Beste, weil am leichtesten Verständlichste, ist die Option des Wegstreichens:
"Das wird sehr gern genommen. Sagt dir jemand nicht zu, streichst du seinen Namen durch. Das macht vielen große Freude, sie nehmen gar ein Lineal, damit ihr Missfallen auch ordentlich aussieht. Frau Z. hier hat den in der Regel eher sparsam kumulierenden und panaschierenden Gatten schon zurechtgewiesen, weil sie einen Blick auf seinen Monsterzettel warf und feststellen musste, dass er fürs Streichen den falschen Stift genommen hat, diesen gelben Marker, wissen Sie, wodurch das Ergebnis jetzt so aussieht, als wünsche er gerade diesen Personen alles Gute. So war das aber nicht gedacht. Raus, raus, raus, sagt sie und streicht gerade noch mal nach, du und du und du! Und jetzt? Zähl mal durch: sind immer noch Stimmen übrig."
Das Wegstreichen, also das Lustigste an der ganzen Wahlqual, habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben. Leider ist mir nicht mal dieser Frohsinn vergönnt. Eben warf ich auf dem Balkon einen Blick auf den Monsterzettel und musste feststellen, dass mir jemand zuvorgekommen ist: Auf zwei Kandidatennamen kleben mittlerweile zwei Häufchen Vogelschiss.

Aber gut, trotzdem sind ja noch mehr als genug Stimmen übrig. Was tun?

Ich hab's. Ich lass' das Krümelmonster einfach noch ein paar Tage auf dem Balkon liegen. Den Rest erledigen dann die Vögel.


Update:
Und gleich noch einen drauf: Weil Wählen so schön ist, hier der Mappus-Ticker.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen