Samstag, 21. September 2013

Neues vom Faschismus


Heute ist Tag der offenen Tür zum Faschismus.

Bisschen reinschnuppern?
Um in das Überfallkommando aufgenommen zu werden, muss man zur inneren Clique gehören und seinen Wert unter Beweis gestellt haben. 
Um in den harten Kern vorzudringen, musst du ein harter Bursche sein. Du musst alles verkraften können. Du bist eine Null.  
Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn sie dir befehlen, dich auf den Boden zu werfen und 20 Liegestützen zu machen und sie dich dabei treten, vor den Augen aller? 
Du bist ein Nichts, und du hast zu tun, was immer von dir verlangt wird. Du hast keine Meinung. Es gibt nur Befehle, sonst nichts.
Nein, kein Drehbuch zu einem Fight Club Remake. Sondern Innenansichten einer politischen Partei "... mit der Hierarchie, Struktur und Organisation, die einem sonst nur in paramilitärischen kriminellen Banden begegnet". Die Rede ist von der Geschäftsstelle Golden Dawn in Nikea, wo der Mörder von Pavlos Fyssas als zweitoberster Kommandoführer waltete.

Die Geschäftsstelle fungiert als Hauptquartier, aus dem heraus die Befehle für Aktionen erfolgen. Zum Beispiel Migranten zu überfallen, Kommunisten zu überfallen oder neuerdings unliebsame Polit-Rapper zu töten.

Die Geschäftsstelle wird geleitet von Giorgos Patelis und steht unter der "Supervision" von I. Lagos, Mitglied des griechischen Parlamentes.
In Nikea informieren wir Patelis, Patelis informiert Lagos, und sie sagen zu uns: Ab jetzt gibt der Führer das endgültige Okay. Wenn der Führer sein Okay gibt, gehen wir auf die Straße, entweder um die Mauern mit Slogans zu beschriften oder um Pakistanis zu überfallen. 
Weil "wir" - das marodierende Fußvolk - immer mehr wurden, musste etwas geschehen:
Irgendwann geriet die Geschäftsstelle außer Kontrolle. Weil es Mode geworden war, dass jeder beitrat. Es wurde dann beschlossen, einen offenen und einen geschlossenen Nukleus zu bilden. 

Natürlich will jeder in den geschlossenen Nukleus, um die heimelige Nähe zur Macht zu schnuppern:
Im geschlossenen Nukleus befinden sich nur die Schlägertypen. Seine (Parelis') Leute, die Pillen schlucken und Muskelaufbautraining betreiben.
Ordentlich Eisen pumpen für die höheren Weihen. Ein harter Bursche stemmt aber nicht bloß Gewichte, lässt sich nicht nur bereitwillig erniedrigen, um nach oben zu gelangen, sondern muss handfest beweisen, dass er das Zeug dazu hat: 
Wenn du dem geschlossenen Nukleus beitrittst, fertigen sie von dir eine spezielle Broschüre an, in der sie deine Performance aufzeichnen ...

Performance? Leistungsnachweise:
... wievielen Veranstaltungen du beigewohnt hast, ob du Pakistanis zusammengeschlagen hast, wie oft du beim Organisieren des Büros geholfen hast. 
Leistung nachweisen heißt Leistung beweisen. Sonst könnte ja jeder kommen:
Mindestens 30 Leute wurden auf die Probe gestellt. Sie mussten ihren Glauben an die Organisation unter Beweis stellen, was du dadurch beweist, indem du Migranten und andere Kontrahenten überfällst.

Stahlbad. Keine verweichlichten Typen, bitte. Nachweise mitbringen. Die Ausrüstung wird gestellt:
Dort (in der Geschäftsstelle) werden Baseballschläger, Messer und zusammenklappbare Schlagstöcke aufbewahrt, die "verschwinden", wenn eine polizeiliche Durchsuchung bevorsteht.

Wieso verschwinden? Na ja, nur so pro forma:
Das Ex-Mitglied von Golden Dawn betont, dass polizeiliche Durchsuchungen nur auf Vereinbarung ("pre-agreed") stattfinden, da ein Beamter der Polizeistation in Nikea ebenfalls Mitglied bei Golden Dawn sei und Informationen an den harten Kern von Golden Dawn weitergebe. Dieser Beamte habe außerdem die Aufgabe des "Reinwaschens" all derer, die mit "blutigen Händen" erwischt werden.
Performance, wie gesagt. Bedingungslose Loyalität. Den Glauben an die Organisation unter Beweis stellen.

Das Ex-Mitglied von Golden Dawn möchte übrigens lieber anonym bleiben:
Alles, was passiert, passiert nur, wenn Lagos davon Kenntnis hat. Lagos ist über alles informiert. Alles, was wir je gesagt haben, alles, was je geschehen ist, Lagos wusste es. Andere, die sich geoutet und dasselbe wie ich erzählt haben, wurden zusammengeschlagen. Sie werden zusammengeschlagen und verstoßen.

So läuft das im Kreis der harten Burschen. Wer auspackt, wird es bereuen. Das weiß jeder. Das wissen nicht nur Ex-Mitglieder, sondern auch Nichtmitglieder von Golden Dawn. 

Zum Beispiel jene Augenzeugen, die den Mord an Pavlos Fyssas aus nächster Nähe erlebt haben:
Obwohl es fünfzehn Augenzeugen des Mordes an Pavlos Fyssas gibt - vier davon Polizisten, die zum Tatort geeilt kamen -, tut sich die Polizei schwer damit, die Golden-Dawn-Mitglieder zu identifizieren, die aus dem Café heraus (den Mörder) Giorgos Roupakias telefonisch verständigt haben.
Ah ja. Die Polizei - großteils selbst aus Mitgliedern und Sympathisanten von Golden Dawn bestehend - tut sich schwer, die der Mittäterschaft verdächtigen Golden-Dawn-Mitglieder zu identifizieren. Obwohl sie sich bestimmt große Mühe gibt, das Verbrechen aufzuklären. Und gewiss alles tut, um an Zeugenaussagen zu kommen, die zur Verbrechensaufklärung führen könnten. Aber die Zeugen ziehen es vor zu schweigen.
Laut der Polizei sind die Augenzeugen nicht in der Lage, die Golden-Dawn-Mitglieder zu identifizieren ...
Wieso nicht?
... aus Angst ...
Angst wovor?
... vor Repressalien ...
Repressalien von wem?
... von Golden Dawn.
Und deshalb tut die Polizei sich schwer. 

Wäre ich einer der Augenzeugen, würde ich mich auch schwer tun, Informationen an die Polizei weiterzugeben. 

Sehr schwer. 
Wieso? 
Aus Angst. 
Angst wovor? 
Vor Repressalien. 
Repressalien von wem? 
Von Golden Dawn.
Von wem noch?
Von Staatsbeamten, die Informationen an den harten Kern von Golden Dawn weitergeben. 
Etwa von solchen, die ihre Aufgabe darin sehen, alle mit blutigen Händen erwischten Golden-Dawn-Mitglieder reinzuwaschen?
Exakt. 
Fällt das nicht unter Verweigerung der Mithilfe bei Verbrechensaufklärung?
Nö.
Sondern?
Verweigerung der Mithilfe bei der Performancesteigerung der Polizei.


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