Donnerstag, 2. August 2012

Rückfall mit Rendite


Und jetzt das Neueste vom Tage: Goldman Sachs kommt ins Gefängnis!

Falsch, zu früh gefreut - nicht um dort wegen organisierten Finanzbetruges einzusitzen. Vielmehr um dort zu tun, was eine Investmentbank von Haus aus tut: bisschen Geld verdienen. Immer am Ball, wo es ein Schnäppchen zu machen gibt.

Knast und Schnäppchen? Na klar doch. Die Stadt New York City ist dabei, eine "hochmoderne Strategie" anzuwenden, um die Rückfälligkeit unter Strafgefangenen des wegen seiner Rückfallquote (50 Prozent) berüchtigten Gefängnisses Riker's Island zu reduzieren. Was dabei mit den Häftlingen in einzelnen angestellt werden soll, um aus ihnen keine Rückfalltäter zu machen, bleibt unerwähnt, ist aber auch völlig irrelevant, denn unter "hochmoderner Strategie" sind keine zeitgemäßen Präventiv- oder Resozialisierungs-Maßnahmen zu verstehen, sondern ein bahnbrechendes Geschäftsmodell mit reizvollem Spekulationsrisiko:

Goldman Sachs investiert 9,6 Millionen Dollar in ein (noch aufzulegendes, nicht näher definiertes) Programm zur Minimierung der Rückfallquote (rate of recidivism) bei gleichzeitiger Maximierung der Profitrate (rate of profit).
Falls das Programm die Rückfallquote um zehn Prozent reduziert, bekommt Goldman die vollen 9,6 Millionen Dollar wieder ausgezahlt; geht die Rückfallquote noch mehr zurück, könnte Goldman bis zu 2,1 Millionen Dollar Profit machen.
Fällt dagegen die Rückfallquote um weniger als zehn Prozent, müsste Goldman draufzahlen und einen Verlust bis maximal 2,4 Millionen Dollar verschmerzen (was sich bestimmt auf dem steuervergünstigenden Wege schmerzfrei wegstecken ließe). Das zum Einsatz kommende Finanzinstrument trägt den aparten Namen "social impact bonds", also so viel wie 'sozialbezogene Bonds', oder - etwas freihändiger übersetzt - 'Bonds zur Sozialverträglichkeit', oder - in so schnörkellosem wie effizientem Wording - 'Sozialeffizienz-Bonds'.

Hey, wenn das nicht hochmodern ist: Die Regierung beauftragt eine Räuberhöhle von straffreien Finanzkapitalverbrechern mit der Supervision von straffällig Gewordenen, um sie zu besseren Menschen zu machen (die Straffälligen, nicht die Straffreien) und aus dem Menschen-Umerziehungsprogramm Gewinn zu erwirtschaften. Wobei die Logik bestechend ist; denn wenn diese Goldman-Typen von etwas Knowhow haben, dann davon, wie man am besten nicht in den Knast kommt.

Sollte je der Tag kommen, wo Kriminelle aus der Finanzindustrie sich der Strafverfolgung ausgesetzt sehen (unwahrscheinlich, aber nur mal angenommen), werden die dann in den von ihnen selbst supervisierten Knästen verknackt?

Und wenn oder falls - warum dann nicht ein völlig neuartiges, hochmodernes Programm zur Resozialisierung betrügerischer Goldman-Sachs-Manager auflegen: Wir verwenden die Gelderträge aus deren kriminellen Finanztransaktionen und investieren sie - großzügig und non-profit - in die soziale Wiedereingliederung jugendlicher Straftäter.

Was dann noch an Kohle übrig bleibt, dürfte für ausreichend Wasser und Brot für die in Haft Zurückverbliebenen genügen.

5 Kommentare:

  1. Erinnert mich irgendwie an die Firma HolsboerMaschmeyer. Erst den Leuten die Altersvorsorge klauen und dann Geld mit der Behandlung von Depressionen verdienen wollen.

    Da kann nur noch das #ComandoMotorizado helfen. (Via indignado.org)

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    1. GS sollte in das investieren, wovon sie am meisten verstehen: den Knast-Insassen ein Training verpassen, wie man Verbrechen begeht, ohne sich schnappen zu lassen.

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    2. Das greift zu kurz. Du weißt genau wie ich, daß es nicht darum geht, sich nicht "schnappen" zu lassen.
      Wenn die zugrundeliegende Gesetze zwar Strafen für das Schwarzfahren in der Straßenbahn vorsehen, aber Leute, die ganze Völker bis hin zu Kriegen in die Scheisse reiten, letztlich straflos dastehen, dann stimmt einfach garnix.

      Noch ein Video vom #ComandoMotorizado, das aussagekräftiger als das obige ist.

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    3. "Das greift zu kurz. Du weißt genau wie ich, daß es nicht darum geht, sich nicht "schnappen" zu lassen."

      Natürlich weiß ich das. Trotzdem schreibe ich es. Dreimal darfst Du raten, warum.

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    4. Ich war nur etwas irritiert.

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