Montag, 9. April 2012

Wahnsinns fetter Hase


Schon wieder Ostern. Oder, na ja, immer noch. Egal, jedenfalls muss ich schon wieder immer noch aufs Osterfest zu sprechen kommen, genauer gesagt auf den Osterhasen, noch genauer gesagt auf diesen feschen Osterhasen:

(zum Vergrößern auf Link klicken)

Ist er nicht wunderbar getroffen in seiner abgefeimten Bösartigkeit, dieser europäische Osterhase namens austere bunny? Vollends weil austere auf Englisch so viel bedeutet wie: karg, streng, sparsam, asketisch, enthaltsam - in Anspielung auf den in Europa grassierenden Austerity-Wahn? Und, erst recht, weil das Wort austere phonetisch fast wie 'Oster-' klingt, halt mit der Betonung auf der zweiten Silbe; etwa so, wie wenn ein Franzose über einen deutschen Ostère-Hasen spricht und allen ein Happy-Austère-Fest wünscht?

Noch dazu hat mich dieser wahnwitzige Austere-Hase auf genau dem richtigen Fuß erwischt, auf dem Hasenfuß nämlich. Weil: Direkt davor war ich über einen Artikel im eu-observer gestolpert; dort war über die aktuellen portugiesischen Zustände zu lesen:
Die EU Kommission ist erfreut über die Sparmaßnahmen der Regierung.
- und direkt darunter stand:
Die EU ist überrascht über Portugals (hohe!) Arbeitslosenquote.
- und ich hatte das Gefühl, jetzt streckt der Wahnsinn sanft seine Krallen aus und lässt mich nimmer los. Spinnen die oder spinne ich?, dachte ich, las weiter:
Die EU Kommission lobte Portugal für seine Sparmaßnahmen und sagte, die Arbeitslosenunterstützung müsse noch mehr gekürzt werden, selbst wenn die Arbeitslosenquoe "überraschenderweise" höher sei als erwartet.
- und wurde des Wahnsinns fette Beute: Die EU Kommission drängt auf noch strengere Kürzung der Arbeitslosenunterstützung, also eben jener Arbeitslosigkeit, zu der die portugiesische Regierung durch die Politik eben jener EU Kommission gedrängt wird. Dreist, das.

Und im gleichen Atemzug zeigt die EU Kommission sich "überrascht" von den rasant steigenden Arbeitslosenzahlen in Portugal und geniert sich noch nicht mal, das laut auszusprechen. Kackdreist, das.

Am allerkackdreistesten aber kommt die Einlassung eines gewissen Peter Weiss daher, seines Zeichens Funktionär bei der EU Kommission, betraut mit der "Überwachung" des "Reformprozesses" in Lissabon und mit Sicherheit einen stabilen, gutbezahlten Beamtenstatus genießend:
Wir haben die (Arbeitslosen-)Zahlen zur Kenntnis genommen und waren etwas überrascht über den rapiden Anstieg im letzten Quartal. Wir tun uns immer noch etwas schwer, diese Zahlen zu interpretieren - möglicherweise wurde als Faktor nicht angemessen berücksichtigt, dass die Zahlen saisonal bedingt sind.
Wahnsinn, ey. Was nicht passt, wird passend gemacht. Wem die Zahlen nicht passen, der zweifelt sie halt an. Und zeigt sich nicht nur überrascht, sondern ungläubig, dass es der über Portugal verhängte Austerity-Terror gewesen sein soll, der zu einem derart überraschend hohen Anstieg der Arbeitslosenzahlen geführt hat. Und sagt das auch noch einfach so. Und findet gar nichts dabei. Irre.

Wie gesagt. Danach lief mir der irre Austere-Hase über den Weg. Ich guckte ihn irritiert an und musste an den Spruch denken "Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts", und der Austere-Hase guckte zurück, lachte irre und sagte: "Mein Name ist Hase, und ich weiß genau, was ich tue."

Wie auch immer, ich wünsche wahnsinnsfröhliche Ostern.

7 Kommentare:

  1. „Austerity-Wahn“?

    Was soll daran „Wahn“ sein?

    „Wahn“ deshalb, weil damit kein „Wachstum“ aka „allgemeiner Wohnstand“ geschaffen wird?

    „Wahn“ ist es - polemisch formuliert - nur für diejenigen, die im Wahn leben, der Kapitalismus sei eine Veranstaltung, welche „Wohlstand für alle“ zum Zweck und Ziel habe.

    Nein, „Austerity“ ist ein Programm zur Senkung der Löhne sowie der Ausgaben für den Sozialstaat. „Austerity“ geht insbesondere zu Lasten der „Überflüssigen“, deren Arbeitskraft nicht (mehr) profitabel verwertet werden kann.

    Aus der Logik der Austerity müssen die Ausgaben für den Sozialstaat gesenkt werden, soweit wie nur möglich. Zudem sollen entsprechend die Renten gekürzt werden, selbstverständlich NICHT für alle, sondern für "Otto Normalo".
    Denn aus Sicht des Kapitals erscheint die Alimentierung von „Überflüssigen“ als „faux frais“ (K. M.).

    Aus kapitalistischer Sicht ist hohe Arbeitslosigkeit ein Indikator, dass sowohl die Löhne wie auch die Sozialhilfe viel zu hoch sind. „Deutschlands klügster Professor“ predigt dies seit Jahren.

    So wie letztlich jemand erzählte, in Thailand gäbe es keine Arbeitslose.
    Offiziell registrierte Arbeitslose gibt es tatsächlich dort nicht, denn ein Sozialstaat ist nicht vorhanden und folglich gibt es auch vom Staat kein Geld für Arbeitslose.

    In Thailand beträgt der Lohn für einfache Arbeiten ca. 100 – 150 €/Monat, ein Liter Benzin kostet 1,00 €. Wer in keinem Arbeitsverhältnis steht, schlägt sich irgendwie durchs Leben, durch eine Mischung von Subsistenzökonomie und minimaler selbstständiger Wirtschaftsaktivität als Produzent oder Händler.

    Trotzdem gibt es in Thailand keinen Aufstand der Armen.

    Und in Europa?

    In Hessen hat man 2011 sogar mit 70% pro Austerity abgestimmt:
    „So wurde im März 2011 eine Aufnahme der Schuldenbremse in die Verfassung des Landes Hessen per Volksabstimmung beschlossen.“ (wikipedia)

    „Wir GRÜNE unterstützen die ausgehandelte Fassung der Schuldenbremse und setzen uns dafür ein, dass sie in der hessischen Verfassung verankert wird.“
    http://www.gruene-hessen.de/dossiers/schuldenbremse/

    Ganz demokratisch gewählte Austerity.

    HAM

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  2. Dazu noch eine Anmerkung:

    Was die Austerity-Politik betrifft, so ist die Gesellschaft gespalten in Gegner und Befürworter. Und das Verhältnis ist keineswegs 99 : 1. Im Gegenteil, die Gegner von Austerity-Politik befinden sich in der Minderheit.

    Denn wie viele Menschen in kleinbürgerlichen Verhältnissen finden es NICHT gut, wenn die Dienstleistungen billiger werden?
    Vorausgesetzt, sie selbst sind nicht davon betroffen.
    Ansonsten finden sie es doch super, auch sie sich auch eine Putzfrau, ein Kindermädchen, einen Gärtner, eine Pflegekraft usf. für wenig Geld leisten können.
    Die sind doch im Ausland ganz glücklich, wenn sie billige Dienstleistungen bekommen.

    Wie viele KMUs profitieren von ausbeuterischen Löhnen?

    Wie viele finden es gut, wenn Sozialleistungen gekürzt und aus diesem Grund Steuern gesenkt werden können?

    Mit genau dieser Propaganda hat Schwarz-Gelb die letzte BT-Wahl gewonnen.

    DIE Agenda-2010-Partei, die SPD, ist selbstverständlich für Austerity-Politik. Die Grünen sind es auch, wenngleich verbunden mit kognitiver Dissonanz. Und auch die Linkspartei macht mit, wenn sie in der Regierung ist, wie das Beispiel Berlin zeigte. Bei denen kann dann die kognitive Dissonanz nicht getoppt werden.

    Allerdings begreift das Kleinbürgertum nicht, dass es sich mit Austerity-Politik tendentiell selbst den Ast absägt, auf dem es sitzt.

    Deshalb auch die Mehrheiten für eine Austerity-Politik.

    P.S.

    Und das Internet ist keine wirkliche Gegenöffentlichkeit, welche über die polit-ökonomischen Zusammenhänge informiert.

    Da wird nur viel geschwätzt, gejammert und moralisiert.

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  3. @R@iner

    Wenn Du magst: Warum schreibst Du nicht etwas darüber und wir stellen es hier ins Blog rein?

    PS:
    Übrigens wunderbar, was die von Diario de Burgos da im Kommentarfeld stehen haben:

    ""La brevedad es el alma del ingenio." William Shakespeare

    Ach ja. Mehr Shakespeare, bitte... *seufz* unn wech unn *g* unn schön Ahmt...

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  4. Habe eine deutschsprachige Seite gefunden, die auf die andauernde Haft einiger Teilnehmer der Kundgebungen am 29. März hinweist: wsws.org -
    Die Unterdrückung spanischer Arbeiter und Jugendlicher

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  5. ....das ganze POlitverbrecherpack muss kaputtgeschlagen werden.....

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  6. @Anonym
    Apr 10, 2012 12:28 AM

    Das "Politikerpack" ist "Politikerpack", weil sie dazu gewählt wurden.
    Von uns.

    Von Dir und mir nicht?
    Doch, wenn auch vielleicht nicht individuell.

    Es gilt immer noch in großen Teilen der Bevölkerung die Übereinstimmung, daß es Politiker geben soll, die unsere Interessen vertreten.

    Eine Medaille hat immer zwei Seiten und drei Flächen...

    Wen müßten wir also kaputtschlagen? Uns selber.
    Irgendwie daneben, oder?

    Wenn wir unsere Interessen an andere abgeben, weiterleiten, delegieren, dann sind sie weg.

    Ob wir jeder dabei sogar noch unterschiedliche Interessen weggaben, ist dabei noch irrelevanter als irrelevant. Wir waren damit einverstanden, daß andere wissen sollen, was gut für uns ist.

    Könnte nicht langsam der Gedanke aufkeimen, daß niemand anders als wir jeweils selbst wissen, was wir als gut oder nicht gut betrachten? Wenigstens ich denke das schon.

    Aber gegen die anderen ist ja so schön einfach. Mit anderen so un?-endlich schwer. Käme mE 'nur' darauf an, ob und wie wir das wollten.

    "Kaputt" und "schlagen" scheinen mir persönlich aber unter keinen Umständen die Lösung eines/des Problems auszumachen^^

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