Donnerstag, 15. März 2012

Frühlingsglaube


(oder war es blau-weiß?)
wieder flattern durch die Lüfte
(oder war es Europa?):
Süße, wohlbekannte Düfte
(oder waren es linde, oder gar lindernde?)
Streifen ahnungsvoll das Land
(also, Griechenland):
In Brüssel haben die Minister der Eurozone das griechische Bailout-Paket unterzeichnet. Der Internationale Währungsfond wird morgen (also heute) seinen eigenen Beitrag zum lindernden Hilfspaket bestätigen.
Veilchen träumen schon
Wollen balde kommen
(oder waren es Kredite, also noch mehr Schulden?):
Eine Zustimmung zur Stärkung des Bailout-Funds der Eurozone ist noch diesen Monat zu erwarten. Mit einer Billion Euro unterstützt die Europäische Zentralbank die Zahlungsfähigkeit und wendet damit eine drohende Bankenkrise auf dem Kontinent ab.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
("Peace in Greece", gereimte Harmonie!):
Die Finanzmärkte haben sich beruhigt.
Frühling, ja, du bist's!
(Nun wird sich alles, alles wenden):
Einige Europapolitiker wagen es gar, von einem Wendepunkt in der Langzeitkrise zu sprechen.
Dich hab ich vernommen!

(Harfen- und Schalmeienklänge, und jetzt bitte die Streicher!)

Doch horch, von fern ein lautes Grollen
("Pain in Spain", gereimte Diskordanz!):
Jedoch, in einem Winkel dieses hoffnungsfrohen Szenarios braut sich eine düstere, unheilvolle Wolke zusammen, in Gestalt Spaniens.
Krrawumms!, verderben uns unsere Frühlingsgefühle, diese Spanier, wo wir gerade so schön am Delirieren waren. Ein Viertel von ihnen ist arbeitslos; die Hälfte der unter 25-Jährigen ist ohne Job. Schlimmer noch: Sie begehren auch noch gegen die geplante (hallo Fiskalpaket!) segensreiche Liberalisierung, ähm, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, ähm, also gegen die kommende Strategie der Versklavung auf.

Das Satiremagazin eljueves hat eine aktuelle Umfrage vor spanischen Arbeitsämtern durchgeführt und präsentiert uns den neuesten Frühjahrstrend auf dem Arbeitsmarkt:

"Anstieg von 4,2 Prozent bei Priesteramtskandidaten und Nonnen"

Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Spanien, vergiss der Qual!
Nun wird sich alles, alles wenden.

5 Kommentare:

  1. "Sie begehren auch noch gegen die geplante (hallo Fiskalpaket!) segensreiche Liberalisierung, ähm, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, ähm, also gegen die kommende Strategie der Versklavung auf."

    Das gehört sich nicht. Die sollen sich mal ein Beispiel an der deutschen Jugendelite nehmen: "Unsere Daten zeigen eindeutig, dass das Interesse an politischer Partizipation, Engagement, Demonstration sehr nachgelassen hat. (...) Die Studenten selber machen sich (...) mehr Stress, indem sie erfolgreicher und schneller sein wollen, manchmal sogar mehr, als von ihnen verlangt wird. Und, das ist das Interessante, sie fühlen auch mehr Stress. Wegen der unsicheren Zukunftsperspektive, wegen der verstärkten Konkurrenz, die sie empfinden."
    Also nicht aufbegehren, sondern sich brav in die Anomie überführen lassen, "ein bisschen ratlos, ein bisschen meinungslos, ein bisschen gleichgültig" sein - dann klappt's auch mit der Wirtschaft.
    (siehe http://studierendenbewusstsein.de/2012/03/07/interview-mit-tino-bargel/)

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  2. Hallo Frau Mop

    Will Dir auch noch eben diesen Link hierlassen

    http://www.demokratie-statt-fiskalpakt.org/

    Ganz lieben Gruß

    von spinne Flummi

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  3. "ein bisschen ratlos, ein bisschen meinungslos, ein bisschen gleichgültig" - na ja, halt ein Etikett, das den Studenten von dem Forscher T. Bargel aufgepappt wird; sorry, das klingt mir allzu schlicht nach "ein bisschen deppert". Wenn er schon (angeblich) so "vorsichtig mit Etikettierungen" ist, dann sollte er auch konsequent die Finger davon lassen. Oder zumindest seine eigenen Studienergebnisse beherzigen und differenzierend hinzufügen: ein bisschen verzweifelt, extrem unter Stress, überfordert und daher zur Orientierungslosigkeit neigend.

    Seine Aussage "machen sich aber auch selber mehr Stress" scheint mir etwas verworren, angesichts dessen, dass es "objektiv mehr Stress gibt" (Bologna, Bachelor etc.). Weil, wer unter Stress steht, macht sich nun mal selbst Stress, "und, das ist das Interessante, sie fühlen auch mehr Stress". Ist ja nicht gerade eine bahnbrechende Beobachtung, dass Leute, die unter Stress stehen, auch mehr Stress fühlen, oder?

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  4. Doch, darauf wollte ich hinaus: Man kann sich dem objektiven Stress entweder anpassen, dann macht man sich selbst Stress, gerne auch mal mehr, als objektiv nötig, oder (in Anlehnung an das Zitat aus deinem Post) man begehrt dagegen auf, in welcher Form auch immer. Objektiver Stress wird nicht automatisch subjektiver Stress, da muss man sich schon als Komplize (wertfrei gemeint, im Sinne der Subjektivierung objektiver Strukturen und Anforderungen) beteiligen.

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  5. "Man kann sich dem objektiven Stress entweder anpassen, dann macht man sich selbst Stress, gerne auch mal mehr, als objektiv nötig, oder (in Anlehnung an das Zitat aus deinem Post) man begehrt dagegen auf, in welcher Form auch immer."

    Okay. Dann wage ich mal folgende Hypothese:

    Sich dem objektiven Stress zu entziehen statt sich ihm anzupassen, d.h. aus dem Stressumfeld auszusteigen und/oder dagegen aufzubegehren, ist kein simples entweder-oder-Ding, sondern ein sozialer (und natürlich auch biografischer) Lernprozess. Diese "Chance" des Lernens (die letztendlich auf eine Politisierung hinauslaufen kann) sollte man den "rat- und meinungslosen, gleichgültigen" deutschen Studenten schon zubilligen. Schließlich rebellieren die meisten Menschen erst dann gegen objektiven und subjektiven Stress, wenn er ihnen zu viel wird, wenn sie krank werden oder sie keine Perspektive mehr im stressigen Hamsterrad erkennen.

    Dass diese Erkenntnis den Spaniern und Griechen eher dämmert als den Deutschen, ist bei 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in beiden Ländern nicht sooo verwunderlich. Ich nehme doch stark an, dass es Zeiten gegeben haben muss, wo die griechischen und spanischen Studenten ebenfalls noch kräftig das Hamsterrad getreten und sich in "Stressresistenz" und Selbstillusion geübt haben, bevor ihnen angesichts der wachsenden Perspektivlosigkeit (=Arbeitslosigkeit) der Kragen geplatzt ist.

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