Sonntag, 7. Juni 2009

Frühlingstriebe


Nicht nur ich wurde am Freitag bei Umtrieben erwischt, sondern auch die Kartoffeln. Von mir. Schon seit Tagen schleiche ich um diese Kartoffelschütte im Gemüsekeller herum und warte wie der Zerberus auf den richtigen Zeitpunkt. Es ist nämlich so: Die Kartoffeln lagern in der dunkelsten Ecke des Gemüsekellers (wie Kartoffeln es lieben). Das einzige Sonnenlicht, was zu dem winzigen vergitterten Kellerfenster einfällt, tut dies exakt vier Minuten lang, bevor es für den Rest des Tages um die Ecke verschwindet und den Keller in kartoffelkompatiblem Halbdunkel versinken lässt. Auch hat die Frühlingssonne lediglich zehn Tage lang Zeit für dieses ihr Treiben; davor steht sie zu flach, danach bereits zu hoch, um das Kellerfenster überhaupt zu erreichen. Knappstes Timing also. Mrs. Mop lag auf der Lauer.
Am Freitag um 8:52 Uhr war es so weit: Urplötzlich, mit fast bracchialer Kraft, drang das Sonnenlicht in den dunkel ruhenden Gemüsekeller hinein, tastete den Bretterverschlag senkrecht von oben nach unten (sic!) ab, um sich schließlich zwei Minuten lang über den zuoberst liegenden Erdäpfeln auszubreiten. Ich schwöre es: Am Donnerstag waren noch keinerlei Triebe zu sehen gewesen; am Freitag tanzte eine einzige Kartoffel aus der Reihe und schlug aus, was das Zeug hielt. Die ausschlaggebende Lichtquelle dürfte ab nächster Woche keine Chance mehr haben, dann wird sie zu hoch stehen. Dann werden die braunen Knollen wieder 342 Tage lang im Dunkeln munkeln. Ob ich ihnen wohl im nächsten Frühling erneut auflauern werde? Man sagt ja, Kartoffeln seien ernährungsphysiologisch höchst wertvoll, denn sie sättigen ohne dick zu machen. Mich machen Kartoffeln nachdenklich.

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