Samstag, 6. Juni 2009

Unter die Haube kommen

Gestern wurde ich auf frischer Tat ertappt. Beim Fotografieren in der Küche. Ich wollte ein Bild von der großen Dunstabzugshaube ins Blog stellen - wer weiß schon, wie so eine Abzugshaube von innen aussieht? -, passte einen günstigen Moment ab und knipste drauflos. Der Moment (6.15 Uhr, Blitzlicht) erwies sich als weniger günstig als gedacht, denn vom Kücheneingang rief es laut "ich glaube, du spinnst!". Frau Übermop war außer sich. Was das denn bitte solle? Wahrheitsgemäß erklärte ich, das Foto sei für mein Tagebuch. Darauf kopfschüttelnd Frau Übermop: "Tagebuch? Übers Putzen? Du spinnst ja wirklich!" Ich unterließ es zu widersprechen, außerdem - womöglich hat sie ja recht. Wäre nicht das erste Mal.
Jedenfalls ließ Frau Übermop keinen Zweifel daran, dass sie das Abzugshaubenfoto für "wohl das Allerletzte" und mich für komplett durchgeknallt hält. Es folgte ein längerer Wortwechsel (leise Panik bemächtigte sich meiner - wie bitteschön soll ich weiterbloggen ohne Fotos? Übers Putzen einfach nur schreiben, ganz ohne, hm, Visualisierungshilfen? Glaubt einem doch kein Mensch...). Ganz verzagt fragte ich schließlich, ob sie das nicht verstehen könne, ein Tagebuch ohne Bilder sei doch wie eine Putzfrau ohne Schrubber. Worauf sie mich ganz erstaunt anblickt und antwortet: "Wieso, es hat doch kein Mensch was dagegen, wenn du Fotos für dein komisches Tagebuch machst." Ja, wie jetzt? Ich gucke noch erstaunter als sie und verstehe gar nichts mehr. Zücke die Kamera, um nochmal auf die verdammte Abzugshaube draufzuhalten...ein donnerndes "NEIN!" hält mich davon ab.
Meine Hand sinkt. Die Übermop-Handfläche schlägt flach und geräuschvoll auf eine noch ungeputzte Edelstahlfläche: "Nein! So was macht man nicht, basta!" So wenig ich verstehe, was hier gerade gemeint ist, so überdeutlich teilt sich doch Frau Übermops Erregtheit mit. Es ist ihr wirklich ernst mit dem Bilderverbot. Aber hatte sie nicht eben...? Sie beugt sich vor und donnert mitten in mein Fragezeichengesicht hinein: "Man macht keine Fotos von verschmutzten Gegenständen, niemals, ist das klar?"
Ach so. Ja, klar. Jetzt verstehe ich. Um 6.15 Uhr in der Frühe befindet sich die Küche sozusagen noch im Urzustand; nur die Müllsäcke und das Leergut sind bereits nach draußen geschleppt worden. Die Abzugshaube erstrahlt noch im fettigen Abglanz des vergangenen Abends. Mit Nachdruck deutet der Übermop-Daumen senkrecht nach oben, "wenn du die Haube geputzt hast, kannst du gern ein ganzes Fotoalbum davon machen." Sprach's und verließ die Küche, nicht ohne zuvor mit dem Übermop-Zeigefinger an die Übermop-Stirn zu tippen.
Ich sah dann zu, dass ich endlich unter die Haube kam, denn die Zeit drängte. Während die verschmutzte Abzugshaube sich allmählich in eine saubere verwandelte, beschäftigte mich der eben verabreichte Ordnungsruf weiter. So sehr, dass ich glatt vergessen habe, das blankgeputzte Teil zu fotografieren. Jetzt habe ich ein Foto von der ungeputzten Haube und trau mich nicht es hier reinzustellen. Das Donnerwetter wirkt nach. Freilich wäre es übertrieben zu behaupten, nun setzte sich Frau Übermop an die Stelle meines Über-Ichs. Selber denken kann ich schon noch. Aber - eben drum - bin ich momentan etwas durcheinander. 

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