Freitag, 7. September 2012

Zur Sonne


Was tun, wenn eine politische Partei im freien Fall nach unten ist? Erst mal nachschauen, wie tief sie gefallen ist. Also, von welcher Höhe in welche Tiefe.

Das ist im vorliegenden freien Fall der griechischen PASOK - einer Partei, die sich ungeniert sozialistisch nennt und dabei stramm kapitalistisch agiert - eine Fallgeschwindigkeit von fast 50 Prozent, bezogen auf einen Zeitraum von gut zwei Monaten: von bereits lausigen 12 Prozent (Parlamentswahlen am 17. Juni) auf unterirdische 7,5 Prozent (6. September). Mit anderen Worten, die Partei fällt schneller in den Abgrund als ein nasser Zementsack.

Zeit zur Einkehr, zur Besinnung, zur Reflektion. Was tun? Für eine stramm kapitalistisch agierende Partei kann das nur heißen: ein Markenrelaunch mit auffrischender Imagepolitur, und darum - logo - muss ein neues Logo her:


Die neu gestylte Parteisonne leuchtet symbolstark in frühlingsfrischem Grün; dafür hat sie zwei ihrer Strahlen verloren (jetzt sieben statt früher neun) - vermutlich symbolischer Ausdruck für den Verlust an Strahlkraft, den die Partei nicht erlitten, sondern durch ihre Politik selbst verursacht hat: Sie dümpelte nach den Wahlen nur noch als drittstärkste Partei in den Niederungen der Wählerungunst und ist seit ein paar Tagen weiter abgesackt auf Platz vier; also ein in frischem Grün kolorierter Sonnenuntergang.

In launigen Worten halluzinierte Parteichef Venizelos bei der Enthüllung des neuen Parteilogos, bei "unserer Sonne" handele es sich um "das Universum unserer progressiven Werte", deren Anzahl auf magische Weise von neun auf sieben progressiv geschrumpft wurden, was sich möglicherweise abbildet in den schrumpfenden Sympathien für eine neoliberalistisch verstrahlte sozialistische Partei (die sich der Forderung nach einer Sechstagewoche bei gleichzeitigen Lohn- und Rentenkürzungen unterwirft) und die Frage aufwirft, wie zugedröhnt eine Partei sein muss, dass ihr, mitten im freien Fall befindlich, nichts anderes als ein neues strahlenreduziertes Logo einfällt.


War noch was? Ach ja, wie erwähnt ist PASOK auf Platz vier in der Parteienpositionierung abgestunken, weil es ihr - so wie allen anderen Parteien in Griechenland - nicht gelingt, gegen die erfolgreiche faschistische Neonazi-Partei Golden Dawn anzustinken (das sind die mit dem Hitlergruß und den Hetzjagden auf Ausländer). Die "goldene Morgenröte" hat in den letzten zwei Monaten einen steilen Sonnenaufgang hingelegt von 6,9 Prozent (17. Juni) auf 9,5 Prozent (6. September) und sich damit zur - demoskopisch gesehen - drittstärksten Partei gemausert.

War noch was? Eigentlich nicht, bis auf diese Grafik, die eine Korrelation zeigt zwischen dem Ansteigen von Arbeitslosigkeit und dem Ansteigen der Wählerstimmen für eine Nazi-Partei:

(zum Vergrößern auf Link klicken)

War sonst noch was? Ach so, bevor ich's vergesse: Die Arbeitslosigkeit in Griechenland ist im Verlauf nur eines Monats (Mai bis Juni 2012) um fast ein Prozent angestiegen (von 23,5 auf 24,4 Prozent).

Aber sonst war nichts. Absolut nichts.


4 Kommentare:

  1. Bongsoir, Mme. Mop :-D

    " Die "goldene Morgenröte" hat in den letzten zwei Monaten einen steilen Sonnenaufgang hingelegt von 6,9 Prozent (17. Juni) auf 9,5 Prozent (6. September) und sich damit zur - demoskopisch gesehen - drittstärksten Partei gemausert."

    Na endlich kommt Schwung in die Kiste, sonst merkt ja niemand nie nix :-((

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  2. OT Eine Horde der "Goldenen Morgenröte" überfallen Immigranten auf einem griechischen Marktplatz: El País - Militantes de Amanecer Dorado atacan a inmigrantes en un mercado en Grecia
    Übersetzung nicht notwendig. Einfach das kurze Video anscheuen. Beachtlich finde ich, dass diese Leute sich nicht scheuen, ihre Hohlköpfe auch noch vor die Kameras zu halten. Ist aber klar: Sie sagen, sie handeln im Namen des griechischen Volkes.

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  3. Moin die Herren.

    "Beachtlich finde ich, dass diese Leute sich nicht scheuen, ihre Hohlköpfe auch noch vor die Kameras zu halten." Beachtlicher (im Sinne von beunruhigend) finde ich dies:

    "Während die meisten Augenzeugen und vor allem die legalen Markthändler dem Parteitrupp Respekt zollten, trauten sich einige, die Aktion auch gegenüber dem Einsatztrupp zu verurteilen."

    Anders gesagt, das wirklich Beunruhigende sind die hohen Zustimmungswerte (siehe Post bzw. Vogels Zitat), geboren - meine These - aus der puren Not und Verzweiflung in der griechischen Bevölkerung.

    Am beunruhigendsten aber ist, dass in Europa keine (Politiker-)Sau es für nötig hält, davon öffentlich Notiz zu nehmen oder sich gar eindeutig zu positionieren. Andernorts wird diese Entwicklung in Europa sehr genau verfolgt:

    "But most importantly: keep track of the rise of the ultranationalists, not only in Greece, but everywhere else. Because for Europe, that development, too, is a case of very distinct deja vu."

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