Dienstag, 26. Juni 2012

Kein Job? Geh' doch in Knast


Und hier der neueste Schlager aus dem Hause Orwell: Gefängnisfabriken.

Gefängnisfabriken werden es Gefangenen ermöglichen, ihre Familien draußen zu unterstützen

Neue Gefängnisfabriken werden gebaut werden, die es Gefangenen ermöglichen, Geld für ihre Familien zu verdienen und sich einen Notgroschen zurückzulegen für die Zeit nach ihrer Freilassung.
Die geplante Baumaßnahme - also Gefängnisse mit integrierten Fabrikanlagen - dient selbstverständlich dem wohlwollenden Zweck der frühzeitigen Resozialisierung von Gefangenen.

Die Anzahl der superbilligen Knast-Arbeitskräfte zum Schnäppchenpreis (Stundenlohn ca. 70 bis 80 Cents) soll sich, folgt man der optimistischen Prognose des britischen Justizministerium,
Das Justizministerium möchte die Anzahl von Gefängnis-Arbeitskräften, die innerhalb der Haftanstalt produktiv tätig sind, auf 20.000 bis 2020 verdoppeln.
- von heute bis zum Jahr 2020 verdoppeln; wie er zu dieser Planzahl kommt, verrät Justizminister Ken Clarke nicht, egal, Hauptsache, die Baumaßnahme wird sich rentieren. Wie renditeträchtig die Massen-Knastmaloche sich gestalten lässt, wird sich in Bälde zeigen,
Die Regierung kündigt bereits für dieses Jahr die erste Gefängnisfabrik an und wird führende Unternehmen einladen, um ein Angebot für Gefängnisarbeit auszuschreiben.
Beschwichtigend fügt der Autor an, dass harte, schlechtbezahlte Arbeit im Gefängnis nichts Ungewöhnliches sei, mit einem Blick nach Amerika, wo bereits
Oregon Correction Enterprises die Uniformen für McDonalds herstellt, während seine 'Prison Blues' jeans rund um die ganze Welt verkauft werden.
Endlich mal ein tragfähiges Zukunftsmodell zur flächendeckenden Absicherung eines für führende Unternehmen bezahlbaren Billiglohns! Sucht gerade jemand einen Job und findet keinen? Vergesst die Jobcenter, sind ja sowas von gestern. Werdet kreativ. Verlegt euch auf irgendeinen zünftigen Kriminal - lasst euch was einfallen - , stellt euch dabei schön blöd an, sodass ihr geschnappt und einen sicheren Arbeitsplatz hinter Gittern ergattern werdet, Kost und Logis inklusive. Fragt nicht, was der Staat für euch tun kann, fragt euch, was ihr für den Staat tun könnt. Ist schließlich viel netter, der Staat liegt euch auf der Tasche als umgekehrt.

Übrigens habe ich vergessen, jemandem zum Geburtstag zu gratulieren. Gestern vor 109 Jahren nämlich wurde George Orwell geboren.

Allen Nationalisten ist gemein, dass sie zwischen ähnlichen Tatsachenmustern keine Ähnlichkeiten zu erkennen imstande sind. Handlungen werden für gut oder schlecht gehalten, und zwar nicht für sich betrachtet, sondern in Bezug darauf, wer sie ausführt, und es gibt so gut wie kein Verbrechen - Folter, Geiselnahme, Zwangsarbeit, Massendeportationen, Gefängnisstrafen ohne Gerichtsprozess, Fälschung, Mord, Bomben auf Zivilbevölkerung - , das nicht seine moralische Färbung ändert, sobald es von 'unserer' Seite begangen wird.
Happy Birthday, George Orwell.

3 Kommentare:

  1. auch deutsche knäste werben längst mit dem argument "billigster arbeitskräfte, die fast chinesische produktionskosten erlauben" bei deutschen unternehmern um aufträge. ein klares zukunftsmodell. und in knästen gehaltene arbeitnehmer können auch durch überwachtes freizeitverhalten zu optimaler lebensweise und somit angehalten und zu spitzenleistungen im arbeitsprozess gebracht werden.

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    1. Neu ist das Ganze natürlich nicht, aber dass es jetzt als Geschäftsmodell (Knäste mit integrierten Fabrikationsstätten) verfeinert wird, das ist schon...na ja, gut, auch nicht wirklich neu. Alles schon mal dagewesen.

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  2. Brasilien, du hast es besser:

    Dort bekommen Häftlinge Strafermäßigung, wenn sie die Zeit ihres Absitzens mit Bücherlesen verbringen: vier Tage pro gelesenem Buch (wahlweise Schöngeist, Philosophie oder Wissenschaft), macht bei zwölf gelesenen Büchern maximal 48 Tage pro Jahr weniger Haftzeit. Das Programm nennt sich griffig "Redemption through Reading" (etwa: Mit Lesen kannst du einiges wiedergutmachen).

    Was würde ich gerne in Brasilien verknackt werden. Und nach meiner vorzeitigen Entlassung dort bleiben bis ans Ende meiner Tage und nur noch über Bossa Nova bloggen.

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