Es liegt was in der Luft. Was ist das bloß?
Zwar weihnachtet es aus allen Rohren, aber irgend etwas stimmt da nicht. Die Tage beginnen mit lärmendem Vogelgezwitscher, fröhlichem Hundegebell und hyperaktivem Insektengebrumme, erst gestern hat mich ein Krokus geküsst, die Sonne scheint unbekümmert zum Fenster rein, so dass es offen steht, linde Lüfte hereinwehen und ich - ohne Socken - auf dem Sofa lümmele, in milder (für die Jahreszeit zu milder) Stimmung Jahresendzeitfiguren aus Schokolade verzehre und anfange zu halluzinieren: Sind das am Ende gar die Ohren eines Schokohasen, in die ich beiße?
Ein Blick in die Schütten des globalen Einzelhandels lehrt mich, dass alles ganz normal, nämlich im frühlingsgrünen Bereich ist und ich mir keine Sorgen machen muss: Pünktlich zum 2. Dezember 2012 wurden die ersten Schokoladenostereier feilgeboten, unter dem Slogan:
"Die Eier sind da!
Der Frühling liegt in der Luft"
- und weil im durchgeknallten Kapitalismus der Frühling nun mal im Dezember in der Luft liegt, haben durchgeknallte Einzelhändler auch die Eier, synchron zur vorzeitigen Ostereierausschüttung festliche Weiße-Weihnachts-Musik vom Band abzunudeln, welchem Band?
Na, von jenem:
's Christkind lässt sein blaues Band
wieder flattern durch die Lüfte.
Wie, was flattert wann? Na, zu Ostern natürlich, wann denn sonst, dem Zeitpunkt, wo es anfängt, so lecker zu riechen:
Süße, wohlbekannte Düfte
streifen ahnungsvoll das Land.
Wie, nach was riecht's an Ostern? Nach Adventsbäckerei, wonach denn sonst:
Plätzchen träumen schon,
wollen balde kommen.
Eben, spätestens am Gründonnerstag müssen die Adventsplätzchen backfrisch in den Schütten liegen, damit das klar ist, da kann dieser olle Mörike sich im Grab drehen, wie er will -
Horch, von fern ein leiser Glockenton!
Glocke, wieso Glocke? Na, weil bald Ostern ist, und nicht eher wird der Einzelhandel ruh'n, bis er es geschafft haben wird, Ostern und Weihnachten endgültig zu synchronisieren -
Christkind, ja du bist's!
- also was jetzt?
Ostern ist gekommen!
Er will es nämlich so. Wer? Na, der Verbraucher, wer denn sonst.
Gut, dass morgen die Läden wieder geöffnet haben. Kann keine Nikoläuse mehr sehen. Muss dringend Schokoladenostereier besorgen.
:) Die Geschichte erinnert mich auf fatale Weise an den Wettlauf in Grimms Hase und Igel. Das ist ein durch und durch kapitalistisches Märchen, bei dem bisher noch jeder Hase erschöpft auf'm Acker geblieben ist.
AntwortenLöschen"Ich bin schon wieder hier!"
"...daß es das beste ist, wenn einer heiratet, daß er sich eine Frau nimmt, die just so aussieht wie er selbst. Wer also ein Swinegel ist, der muß zusehen, daß seine Frau auch ein Swinegel ist und so weiter."
LöschenWas lernen wir? Schokonikolaus und -osterhase heiraten einander, es findet eine genetische Anpassung statt, beide sehen sich zum Verwechseln ähnlich, hocken als kapitalistische Universalfigur das ganze Jahr im Supermarktregal und ich muss nie mehr vom Sofa aufstehen :)