Montag, 31. Dezember 2012

Am Schuldentresen


Ein Bier, bitte.
Für mich eine Flasche Champagner.
Wer arm ist, ist selber schuld.
Weiß doch jeder.
... der darf nicht wählerisch sein.
War schon immer so.
Und wem das Wasser bis zum Hals steht, darf erst recht nicht wählerisch sein.
Auch nichts Neues.
... der muss halt in der Brühe schwimmen, die ihm andere eingebrockt haben.
Ja klar, Eigenverantwortung übernehmen, was denn sonst.
Und wenn er dabei absäuft?
Selber schuld. Hat ihn ja keiner gezwungen, sich zu verschulden.
Und wenn er arbeitslos geworden ist?
Auch selber schuld. Schließlich gibt es ja Jobs.
Echt? Wo?
Überall. Liegen doch auf der Straße, die Jobs. Er darf halt nicht wählerisch sein. Ach übrigens, hab' ich grad in einer neuen Studie gelesen:
"Wem das Wasser bis zum Hals steht ('underwater homeowners'), der akzeptiert bereitwillig signifikant niedrigere Löhne."
Klingt wie Schuldknechtschaft.
Ach was, wir leben doch nicht mehr im Feudalismus.
Sondern?
Na ja, im Finanzkapitalismus halt.
Wo liegt der Unterschied?
Darin, dass der arme Schlucker glaubt, da wäre ein Unterschied.
Also doch Schuldknechtschaft?
Klingt irgendwie nicht nett, das Wort.
Klingt Abzocke netter?
Was heißt Abzocke, es gab da halt so 'ne Kreditblase und dann hat's den Markt gecrasht und jetzt ist er halt der Dumme, der arme Schlucker,
... und muss für einen Hungerlohn arbeiten gehen?
Tja, was soll man machen? Selber schuld.
Wer? Die Finanzkapitalisten?
Nö, die armen Schlucker. Weil, die Finanzkapitalisten brauchen nun mal niedrigere Löhne, für ihr Wachstum, da dürfen sie in der Wahl der Mittel nicht wählerisch sein.
Klingt nach von langer Hand geplanter Abzocke.
Aha. Klingt jetzt sehr verschwörungstheoretisch.
Wer steckt eigentlich hinter dieser neuen Studie?
Die wurde von der Finanzindustrie in Auftrag gegeben.
Aha. Klingt jetzt sehr verschwörungspraktisch.
Dummes Zeug.
Ach übrigens, hab' ich grad gelesen: 
"You've got to learn to think like an asshole to really see what to worry about."
Unglaublich. Wer wagt es, solche gehässigen Sprüche rauszuhauen?
Eine gewitzte amerikanische Bloggerin namens Mathbabe. Die ist Mathematikerin mit einschlägiger Berufserfahrung in der Finanzindustrie, Abteilung Hedge Fonds. Bis sie es dort nicht mehr ausgehalten hat.
Und dort hat die solch dummes Zeug gelernt?
Nö, sie sagt, dort habe sie gelernt, wie ein Arschloch zu denken.
Unglaublich!
Aber wahr. Prost.

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