Freitag, 4. Januar 2013

Jenseits des Swimmingpools


Schatz, wie war dein Jahr?
Bombig, einfach bombig. Alles super gelaufen.
Wow. Wer kann das schon von sich behaupten, heutzutage?
Nicht jeder, wohl wahr. Weil, wenn das jeder von sich behaupten könnte, wäre unser Jahr ja nicht so bombig gelaufen.
Stimmt auch wieder. Von nichts kommt nichts.
Eben, eben. Irgendwoher müssen wir das ja nehmen, was wir haben.
Verstehe. Wie heißt es so schön: Woher nehmen, wenn nicht stehlen.
Ha ha, guter Witz. Wobei, wirklich stehlen tun wir ja nicht. Wir holen uns einfach nur, dort, wo es etwas zu holen gibt.
Wer ist denn "wir"?
Wir, das sind die hundert reichsten Leute auf der ganzen Welt, also die Leute, für die eigens der Bloomberg Billionaires Index geschaffen wurde.
Beeindruckend. Der Rest der Welt ist am Jammern, dass die Menschen immer ärmer werden, und ihr - habe ich das richtig verstanden? - seid 2012 im Gegenzug immer reicher geworden?
So ist es. Natürlich. Anders würde das ja gar nicht funktionieren. Nur so ist es uns gelungen, im Jahr 2012 unser Reinvermögen um zusätzlich 241 Milliarden Dollar anzuhäufen.
Dass ihr eure Zuwächse so ungeniert offenlegt - Respekt!
Warum auch nicht? Sollen wir uns etwa hinter unserem Angescheffelten verstecken? Uns gar dafür schämen? Wo wir doch so stolz darauf sind? Das muss der Rest der Welt doch wissen, dass wir vor Zaster kaum noch laufen können.
Daher die Redewendung "im Geld schwimmen".
Da ist was dran. Deshalb konnte es ja unser Frontpfeffersack kaum erwarten und hat direkt von seinem Swimmingpool aus - Bahamas, you know - die Jubelmeldung an Bloomberg gemailt - BlackBerry, you know - und die hieß: 
"Das vergangene Jahr war großartig für die Milliardäre dieser Welt."
Was macht ihr eigentlich so mit eurer Kohle, wenn ihr nicht grade drin schwimmt?
Na, investieren natürlich!
Investieren in was?
Na ja, sagen wir mal so: 2012 haben wir überwiegend "traditionelles Investment" betrieben.
Traditionelles Investment?
Ja, das bedeutet, 
"Die Schwervermögenden fokussierten auf Dinge, die sie kontrollieren konnten: auf ihren Lifestyle und ihre Bediensteten, auf das Management ihrer Kunstsammlungen und auf die Sicherheit - security, you know - ihrer Familien". 
Diese Art des Investments stößt natürlich irgendwann an seine Grenzen.
Logisch. Wer braucht schon bis an die Zähne bewaffnetes Security-Personal zur Bewachung seines Swimmingpools auf den Bahamas?
Eben, das ist ja, genau genommen, rausgeschmissenes Geld. Kommt ja letzten Endes nichts bei rüber. Und wir haben uns ja vorgenommen, in diesem Jahr noch reicher zu werden als im letzten.
Klingt aufregend. Darf man mehr erfahren?
Warum nicht? Wir machen ja kein Hehl draus. Bloomberg tat uns den Gefallen, eine maßgeschneiderte Schlagzeile zu liefern: 
"Milliardäre mit einem Reinvermögen von 1,9 Billionen wollen aus 2013 mehr Profite ziehen." 
Mit anderen Worten: 
"Wir sehen nach vorne und haben jetzt größeren Appetit auf Anlagechancen jenseits traditioneller Investments und auf gesteigertes globales Engagement".
Ah ja, Appetit auf Anlagechancen jenseits eures Swimmingpooles...
Und sonst, Schätzchen, wie läuft's bei euch so?
Wir haben uns vorgenommen, in diesem Jahr noch ärmer zu werden.
Passt schon.

Street Art by Banksy

6 Kommentare:

  1. Mit Beginn des neuen Jahres wurde im Kanzleramt eine Dienstanweisung über ein allmorgendliches gemeinsames Stoßgebet eingeführt:
    Lieber Großer Mammon, lass Krise regnen bis in alle Ewigkeit!
    Der Satz ist dreizehnmal am Stück daherzusagen. Während des Rituals ist darauf zu achten, dass der Kopf gen Mainhattan gerichtet bleibt. Der Spruch ist im Laufe des Tages individuell bei jeder sich bietenden Gelegenheit gebetsmühlenartig zu wiederholen.
    Das sollte uns Kraft & Zuversicht genug geben, die Krise auch weiterhin erfolgreich am Köcheln zu halten.

    PS: Dir wünsche ich ALLES GUTE FÜR DAS NEUE JAHR! Und uns - den Lesern - wünsche ich weiterhin so schöne bissig-satirische Texte von Dir.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dankeschön, Frank F., das freut mich sehr! Auch Dir alles Gute!

      Und einen schönen Gruß aus dem anbetungswürdigen Mainhattan. We call it Finanzfurt ;)

      Löschen
    2. Danke auch! Sowie einen ebenso lieben Gruß aus dem dt. Outback ... genauer: aus dem kleinen Frank-F.-urt :)

      Löschen
    3. Ha! Wie Du Dir sicher denken kannst, können dies die großen Frank-N-Furter mühelos toppen :)

      Löschen
  2. Jesses, wohnt ihr in Trümmerstädten. Das neue ezb-Gebäude ist ähnlich gesichert wie die us-Botschaft in Havanna. Irgendwie scheinen sie sich vor ihren Feinden schützen zu wollen.

    Ein gutes Neues noch!

    AntwortenLöschen