Freitag, 31. August 2012

Die Würde des Täters ist unantastbar


Der Gärtner, der Klempner, der Butler - wer war's? Keiner der drei Hauptverdächtigen. Weil, irgendwann muss mal Schluss sein mit den kriminal-literarischen Mythen des Alltags. Irgendwann heißt es, die wirklichen Täter in den festen Blick zu nehmen. Ihnen auf den Kopf zusagen, dass sie es waren und kein anderer, der für die meuchelnde Tat verantwortlich ist. Sie offen, öffentlich und ohne Scheu der Untat bezichtigen, in deren Verdacht sie eh schon lange standen, nur dass es keiner auszusprechen gewagt hatte.
Der Mörder war nämlich das Opfer,
und das schlug erbarmungslos zu.
270 südafrikanische Bergarbeiter, die während ihres Streikes verhaftet wurden, sind des Mordes an ihren 34 Kollegen angeklagt, die am 16. August 2012 nachweislich von der Polizei erschossen wurden. Ferner stehen die 270 Bergarbeiter unter Anklage auf "versuchten Mord" an jenen 78 Kollegen, die Schussverletzungen erlitten infolge der polizeilichen Ballerei.

Das Regime begründet die Mordanklage mit einer aus Apartheid-Zeiten stammenden Gesetzgebung, derzufolge "die Verantwortung für jedwede tödliche Auseinandersetzung mit der bewaffneten Polizei diejenigen (Agitatoren) zu tragen haben, die die Sicherheitskräfte herausgefordert haben". Infolgedessen gelten die polizeilichen Scharfschützen als unschuldig, da die agitierende Forderung nach einem das Existenzminimum sichernden Lohn eine tödliche Schießerei unumgänglich gemacht habe und eine Mordanklage der 270 Bergarbeiter daraus zwingend folge.

Darüberhinaus werden die überlebenden 270 Bergarbeiter der südafrikanischen Lonmin Platin Mine - ein an der London Stock Exchange börsennotiertes Unternehmen - von der Staatsanwaltschaft haftbar gemacht für die negativen Auswirkungen der gewaltsamen Ausschreitungen auf die Wirtschaft: Laut Börsenberichten sei der südafrikanische Rand um zwölf Prozent gefallen.


Der Mörder war wieder das Opfer,
und das plant schon den nächsten Coup:
Pater Benedict Groeschel, ein amerikanischer Mönch und Professor für Pastoralpsychologie an der Erzdiozöse New York, behauptet, es gäbe Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der katholischen Kirche, wo die Priester von den Heranwachsenden verführt worden seien.

Um eine Erklärung gebeten, erwiderte das Kirchenoberhaupt, "Kinder, die nach einer Vaterfigur suchten, könnten sich von Priestern angezogen fühlen, um ein emotionales Vakuum in ihrem Leben zu füllen". Daraus darf geschlossen werden, dass die katholischen Missbrauchsspezialisten als unschuldig gelten, da adoleszente Verführungsstrategien darauf abzielten, überrumpelte Priester zu vernaschen und somit eine Vergewaltigung der verführerischen Jugendlichen unumgänglich machten.

Zwar stehen die betroffenen Jugendlichen noch nicht unter der (gerichtlichen) Anklage der mutwilligen Verführung von moralisch unfehlbaren Autoritätspersonen; es darf aber davon ausgegangen werden, dass ihnen eine gerechte Bestrafung zuteil werden wird, - den kirchlichen Würdenträgern wird schon etwas Angemessenes einfallen. Bekanntlich sind katholische Priester erfindungsreich, wenn sie sich nachhaltig verführt fühlen.
Der Mörder war nämlich das Opfer,
und das schlug erbarmungslos zu.
Der Mörder ist immer das Opfer -
man lernt eben täglich dazu.

2 Kommentare:

  1. (Pe)ver(se)kehrte Welt!

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  2. War letzt in den Nachrichten: Der Vatikan kann für die Verfehlungen seiner Hirten nicht haftbar gemacht werden laut Urteil eines US-Gerichts.

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