Auch das noch.
Als wären die klirrende österliche Kälte und der Sommerzeit-Terror nicht schon nervenzerfetzend genug, folgt jetzt auch noch der erste April auf dem Fuße. Also morgen. In genau sieben Stunden würde mir kein Mensch glauben, was ich gleich niederschreiben werde; deshalb schreibe ich es hier und jetzt mit fliegenden Fingern und hechelnder Zunge, noch im geschützten scherzfreien Raum der eiskalten Iden des Märzes, und gelobe: Es ist wahr! Es stimmt wirklich! Genau so hat es sich zugetragen!
Und zwar in einem kalten Ort namens Mechernich-Kommern, der irgendwo in der eisigen Eifel liegt, die irgendwo im nasskalten Nordrhein-Westfalen liegt, das irgendwo im durchfrorenen Deutschland liegt. Irgendwo in Mechernich-Kommern gibt es ein Freilichtmuseum. Jeder, der in diesen Tagen etwas von 'Freilichtmuseum' hört, klappert sofort mit den Zähnen, denkt an Frostbeulenfinger und schnürt den wattierten Arktik-Anorak fester um den Leib. Wer will schon an Ostern im Freilichtmuseum erfrieren?
Kein Mensch.
Natürlich hat mal wieder keiner an die frierenden Tiere gedacht. Die traurige Nachricht: 300 von ihnen sind heute im Mechernicher Freilichtmuseum jämmerlich erfroren.
Kältetod im Flohzirkus: 300 Tiere erfrierenKurz vor ihrem Auftritt hat es die kleinen Zirkustiere eiskalt erwischt. Eigentlich war die aus Bayern stammende Artistentruppe engagiert worden für ein österliches Gastspiel beim historischen Floh-, ähm, Jahrmarkt im Freilichtmuseum; doch dann verendeten die flinken Flöhe in ihrer mit Styropor geschützten Transportbox, woraus sich schließen lässt, dass es mit dem Styropor auch nicht mehr so ist, wie es mal war, als es noch zum Schutz vor kalten Temperaturen taugte.
Wie der Direktor des Flohzirkus gegenüber der Nachrichtenagentur dpa beteuert und der Direktor des Freilichtmuseums bestätigt, handele es sich um keinen Aprilscherz. Ferner ist es ebenfalls kein Aprilscherz, dass in Windeseile und arktischer Kälte eine Floh-Ersatztruppe aufgetrieben wurde, und zwar auf wundersamem Wege, nämlich dank des beherzten Engagements des Düsseldorfer Parasiten-Experten Professor Heinz Mehlhorn, der dem Zirkusdirektor schnell und unbürokratisch 50 künstlerisch ambitionierte Flöhe aus seiner Parasitensammlung vorbeibrachte. Weil, the show must go on, selbst im Flohzirkus, "sonst hätte es ja keine Vorstellung geben können", so der Museumsdirektor, und der Flohzirkusdirektor begann auf der Stelle mit der Dressur der Flohfrischlinge aus dem Parasitenstadl der Landeshauptstadt.
So nahm das Osterwunder von Mechernich seinen Lauf. Zwei volle Tage lang wurden die Neuflöhe trainiert, und siehe, die kleinen Blutsauger können inzwischen Karussells drehen, Fußball spielen und Kutschen ziehen. Ohne Aprilscherz. Nicht überliefert ist, ob sie schon so fit sind, per Salto mortale vom Hochseil sich aufs Publikum fallen zu lassen, unter dessen wattierte Arktik-Anoraks zu schlüpfen, auf der bloßen Haut Karussells zu drehen und dort genüsslich eine Blutkutschenlinie nach der anderen zu ziehen.
(Notorische Aprilscherzkekse googeln bitte zwecks Verifizierung die oben zitierte Schlagzeile; was weiß denn ich, ob die Dorstener Zeitung womöglich mit dem Leistungsschutzrecht verbandelt ist und am Ende anfängt, blutsaugermäßig mit mir irgendwelche Abmahnkarussells zu drehen.)
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