Stadt ohne Strom
Mann mit Strom
Neues vom Prekariat
... (der Sturm) Sandy etwa 35 bis 45 Milliarden Schäden und Verluste verursachen, jedoch gefolgt sein könnte von immerhin 36 Milliarden Wiederaufbau-Ausgaben.Wenn das nicht rattenscharf und kostendeckend kalkuliert ist!
... das Last-Minute-Horten von Lebensmitteln und Gütern zur Notversorgung einen ausgleichenden Effekt auf die ansonsten rückläufigen Verkaufszahlen hat.Ist ja grade noch mal gut gegangen; Sandy scheint ein Gespür fürs richtige Timing zu haben. Zwar werde der Jahrhundertsturm zunächst eine - wie heißt es immer so metaphernfreudig? - Spur der Verwüstung hinterlassen, in Gestalt - na? - "instabiler Einzelhandelsumsätze" im Oktober. Ist aber alles halb so schlimm, weil, nach dem Oktober komme ja der November, und nach dem November - heißa! - folge der Dezember, ein Monat, in dem die Umsätze quasi aus guter alter Tradition von ganz alleine "wieder auf die Beine kommen", das war schließlich schon immer so und wird auch immer so bleiben.
"Wenn die Konsumenten in diesem (vom Sturm betroffenen) Teil des Landes Hunderte und Tausende von Dollars ausgeben müssen für so Dinge wie Notstromgeneratoren oder für Aufräumarbeiten nach dem Sturm, dann wird das wahrscheinlich zu Budgetkürzungen führen, Budgets, die die Leute eigentlich für ihre Weihnachtseinkäufe geplant hatten."- woran unschwer abzulesen ist, worin die wirklich katastrophalen Folgen der Naturkatastrophe bestehen: Dem US-Einzelhandel schwemmt es die Weihnachtsumsätze weg. Man stelle sich vor - ein evakuierter, obdachlos gewordener Santa Claus mit leerem Sack in einer Notunterkunft! Gibt es Schlimmeres?
"... Spanien herauskommen wird mit einem Messer im Mund und einem Lächeln auf den Lippen"und demnächst als dauergrinsender Messerwerfer-Super-Stunt bei einem zentralistisch geführten europäischen Großzirkus unter Vertrag genommen werden wird.
"Von innen fühlt sich Spanien zum Heulen an."was die ergriffen lauschenden Inder zu Handreichungen des spontanen Mitgefühls veranlasste:
"Es gibt Leute, die wollen uns Spaniern hart auf den Kopf schlagen."
"Unsere Wirtschaft wächst seit letztem Jahr wieder, aber wir tragen eine sehr schwere Bürde an Bankschulden, weil unsere Steuerzahler gehalten sind, die vollen Kosten der Bankenrettung zu schultern."- sagte heute der irische Außenminister Eamon Gilmore.
"Irland ist ein exzellentes Beispiel, dass es zu schaffen ist mit Disziplin und mit harter Arbeit, und dass es Wege gibt, sich aus dieser Schuldenkrise herauszuarbeiten."Deutsche Tugenden über alles, über alles in der Welt.
"Wir sind voller Respekt für das irische Bemühen. Wir sind dankbar für euer Bemühen, eure pro-europäische Sichtweise ..."- und mit guten Noten in Wohlverhalten und Gehorsam:
"... und wir bewundern die Erfolgsstory, die ihr schreibt."- vollstandardisierte Sätze übrigens, die der deutsche Spezialist für Lob und Tadel stets im gleichen Wortlaut abspult, wenn an irgendeinem braven, sich immer strebend bemühenden Musterschüler der liederliche Rest Europas sich gefälligst ein Beispiel nehmen soll; erst neulich in Lettland hat er haargenau dasselbe stereotype Fertigschmuspaket runtergeleiert. Ist dieser überschaubar repetitive Wortschatz ihm nicht peinlich? Nö, wieso auch - wer die Welt fein säuberlich aufteilt in brave Streber und faule Sitzenbleiber, der kommt mit einem gouvernantenhaften Schwafelsetzkasten gut klar.
"Wir nennen es die Strategie des braven, gehorsamen Schülers."- schnauzt Alexis Tsipras (Syriza) die griechische Regierungsbank an. Die versucht gerade verzweifelt, ihre finale Unterwerfung unter die Troika-Knute als Erfolgsstory zu verkaufen. Erfolgsstory?
"Sie führt uns in eine Sackgasse."Wenn das der deutsche Oberlehrer hört. Setzen, sechs!
"Ich vertrete die Theorie, dass Sie in jedem Augenblick - selbst dann, wenn Sie alleine und ohne Begleitung auf der Toilette sind - versuchen, bestimmten Prestigediktaten gerecht zu werden, so, als ob jemand Sie beobachtete..."Dieser Aphorismus von Tom Wolfe hat mich heute früh eiskalt erwischt, und jedes Mal, wenn ich tagsüber die Toilette aufsuchte, versank ich dortselbst in tiefes Nachdenken. Um genau zu sein, bereits der Weg zur Toilette war gepflastert mit tiefsinnigen Reflektionen über verinnerlichte Prestigediktate im Verborgenen, deren zwanghaftem Charakter nirgendwo zu entrinnen sei, an keinem Ort, nirgends, nicht einmal auf dem stillsten aller Örtchen.
"... Erst dann, wenn Ihr Leben in Gefahr ist, hören Sie mit all dem Getue auf."Ha, Volltreffer - erst wenn's wirklich existentiell wird, sind wir imstande, uns von dem ganzen affigen Sozialprofilierungsschmarren zu lösen. Ab sofort lese ich nur noch Tom Wolfe auf dem Klo.
'Das Ego ist eine Ratte auf dem sinkenden Schiff des Daseins'
(Ego is a rat on the sinking ship of being)Noch so ein Volltreffer. Tom Wolfe hätte seine helle Freude daran.
"Wir sind jetzt so weit den Leuten zu sagen, wenn ihr nicht arbeitet, dann kriegt ihr von uns auch keine Rente. Wenn ihr also alt seid und nicht irgendeine Arbeit beisteuert, dann sollte das bestraft werden. Machen wir denn von allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Gebrauch, um alte Leute zu ermuntern, nicht einfach bloß eine negative Last für den Staat zu sein, sondern ein positiver Teil der Gesellschaft?"Der das sagt, heißt Michael Bichard, war Staatsbeamter im Ministerium für Arbeit, ging mit 54 Jahren in den Ruhestand, bekam 2010 die Adelswürde auf Lebenszeit verliehen und sitzt seither als Lord Bichard im House of Lords, dem Oberhaus des britischen Parlaments, wo er gerade seine Rentner-Wiedereingliederungs-Zwangsmaßnahme verkündet hat.
"Schmerzhafte Reformen in Griechenland, Portugal und Irland zeigen bereits Ergebnisse."- und mit "Ergebnissen" meint sie natürlich Erfolge.
Kenny:
Frau Merkel, was ist mit den 65 Milliarden Euro?
Merkel:
Ich denke, Sie kommen noch dahinter, dass es sich dabei um Deutschlands 65 Milliarden Euro handelt, Herr Kenny*. Sie haben das Geld von uns geliehen, also zahlen Sie es uns jetzt zurück.
Kenny:
Aber das wird uns zwei Generationen kosten, bis wir das bezahlt haben.
Merkel:
Das wird eine gute Lernerfahrung sein für das irische Volk.
Kenny:
Aber was, wenn wir scheitern?
Merkel:
Irland ist zu klein zum Scheitern. Wir haben dickere Fische zu braten! Spanischen Fisch. Wenn ihr scheitert, dann wird Irland eben zu einem unterentwickelten Urlaubsland für Deutsche. Wir können uns dann dort billigen Grundbesitz kaufen, Bier wird es für 50 Cent den Liter geben, und es wird kein verfügbares Netz für Mobiltelefone geben - ein Platz für Deutsche, um endlich mal von allem abzuschalten. Ein Platz für Deutsche, um sich zurückzuerinnern, wie das Leben so war, damals im 19. Jahrhundert. Mit ein bisschen Schmerz seid ihr auf einem guten Weg!
Kenny:
Aber wie soll ich das bloß denn den Iren erzählen?
Merkel:
Ich denke, es wäre am besten, wenn Sie denen gar nichts erzählen. Es kann unser kleines Geheimnis bleiben. Nein? Wir sehen uns wieder, nächstes Jahr. Sehr gut!Hey, Iren, mit ein bisschen Schmerz seid ihr auf einem guten Weg! Seht ihr ja an den Griechen. Und den Portugiesen. Und an unserem bislang dicksten Fisch, ihr wisst schon. Der Rest der Schlachtplatte ist hin-, hm, angerichtet. Setzen, Maul halten, fresst oder sterbt. Mahlzeit.
Jay:
Vor ein paar Jahren interviewte ich Noam Chomsky, und er machte eine interessante Bemerkung, nämlich: Mit welcher Geschwindigkeit die deutsche Gesellschaft einen Hitler akzeptierte, und wie schnell sich ein avantgardistisches, libertinäres Berlin in ein faschistisches Berlin entwickelte. Welche Gefahr besteht diesbezüglich in Griechenland?
Lapavitsas:
Oh, die Gefahr ist sehr real. Die Gefahr ist sehr real. Weil die politische Mitte, die politischen Organisationen, die Griechenland vier Jahrzehnte lang regiert haben, ausgehöhlt worden sind.
Wissen Sie, die Leute missverstehen das, was in Griechenland passiert. Sie denken, der griechische Staat sei schon immer sehr schwach und ineffizient und die griechischen Politiker schon immer unfähig gewesen, und all das. Das ist Unsinn. Der griechische Staat ist ein sehr fähiger Staat gewesen und hat alle möglichen Dinge auf den Weg gebracht. Es war ein Land mit mittleren Durchschnittseinkommen und einem politischen System, das in punkto Stabilität seinesgleichen suchte in Europa. Zwei Parteien haben sich beim Regieren abgewechselt, und drei oder vier Jahrzehnte lang hat sich daran nichts geändert.
Damit ist es vorbei. Das ist zu Ende. Diese beiden Parteien sind vollkommen diskreditiert. Die Mitte ist ausgehöhlt. Parallel dazu erstarken die Parteien der Linken und die Parteien der extremen Rechten.
Das meinte ich, als ich zuvor über die Verunsicherung, die Niedergeschlagenheit und die Verärgerung der kleinen Leute sprach. Die erwarten von der politischen Mitte keine Lösungen mehr; stattdessen schauen sie auf die beiden Endpole des politischen Spektrums. Momentan ist dort die dominierende Seite die Linke. Die Leute orientieren sich nach der Linken. Sie erwarten die Lösung von der Linken, von SYRIZA.
Allerdings orientieren sich immer mehr Menschen - Menschen, die sich gewohnheitsmäßig an der Mitte-Rechts-Politik orientierten - mittlerweile an der extremen Rechten. Und das hat eine Logik. Es hat eine Logik. Wenn die rechte Mitte sich selbst diskreditiert hat, werden eine Menge Leute sich an der extremen Rechten orientieren, die das Versprechen von Aufrichtigkeit und Leistungsfähigkeit liefert, die mit Immigranten in dem Sinne verfährt, was sie unter Aufrichtigkeit und Leistungsfähigkeit verstehen, und all diese Dinge. Dies kann sehr schnell passieren. Das kann sehr rasant geschehen.
"Unser Land befindet sich in einem Bürgerkrieg."Welches Land? Griechenland.
"Auf der einen Seite stehen griechische Nationalisten wie wir, die ihr Land so haben wollen wie es früher war, und auf der anderen Seite die illegalen Immigranten, Anarchisten und all jene, die viele Male die Stadt Athen zerstört haben."- wie ein Abgeordneter von Golden Dawn gegenüber dem BBC kundtat, völlig ungeniert, denn schließlich heißt die Partei ja 'Morgenröte' und nicht Schamröte.
Der Reporter des Senders notiert, dass Kommentare wie diese in Griechenland häufig erklingen, sie jedoch nunmehr angesichts der Tatsache offiziellen Charakter haben, dass gemäß dem Ergebnis der Parlamentswahlen im Juni 2012 Ilias Panagiotaros einer der 19 Abgeordneten der rechtsradikalen Partei ist, die in das griechische Parlament einzogen.Übrigens betreibt der Abgeordnete Ilias Panagiotaras in Athen ein gutgehendes Ladengeschäft für Vermummungs- und Tarnartikel, Masken sowie Uniformen.
Viele seiner Kunden sind Polizisten, die nicht nur ihre Schlägerausrüstung, sondern Accessoires für ihre Uniform in seinem Militärladen kaufen; dort hängen reguläre Polizeihemden neben T-Shirts mit Nazigruppen-Emblemen wie Combat 18 und Chelsea Headhunters.- und zwar mit prosperierenden Geschäftsaussichten:
"Ich denke, wir (Golden Dawn) haben jetzt mehr als 50 oder 60 Prozent Anhänger in der Polizei, vielleicht auch mehr, denn die Anhängerschaft wächst mit jedem Tag."Na gut, aber warum muss so ein durchgeknallter Kostümverleiher dann gleich von Bürgerkrieg daherquatschen? Deshalb:
"Es ist wie ein Modephänomen - unser dress code (Kleiderordnung) ist inzwischen extrem populär, und immer mehr Leute sind davon angetan. Unser Markenname ist gleichbedeutend mit Ordnung, mit Recht und Ordnung (law and order) und mit Leistungsfähigkeit (efficiency)...Der Markenname Golden Dawn ist höchst erfolgreich."Bürgerkrieg™ halt, wenn man so will.
"Letzte Nacht, draußen vor dem Theater, es war wie Kristallnacht, wissen Sie, während des Dritten Reiches in Deutschland."Sagt Laertis Vasiliou, der Athener Theaterdirektor des Stückes Corpus Christi, dessen Premiere am Vorabend gewaltsam verhindert wurde von einem Schlägertrupp der faschistischen Golden Dawn Partei.
"...wann immer religiöse Gefühle und die kollektive Geschichte von Griechen beleidigt werden, wird Golden Dawn dynamisch reagieren."Was heißt "dynamisch reagieren"? Dynamisch reagieren heißt, Zuschauer und Journalisten auf offener Straße zu verprügeln und zu bedrohen, sie als "Tunten" und "Arschfresser" zu beschimpfen, die Schauspieler im Theater einzusperren und sie zum Absetzen des Theaterstückes zu zwingen.
"Ich habe ihnen gesagt, dass ich für Lifo schreibe und dachte, das würde mich schützen. Stattdessen brüllten sie, 'Diese Tunte arbeitet für Lifo, kommt und seht euch diese Tunte an.' Sie haben sich um mich herum zusammengerottet, fingen an mich zu beschimpfen, zogen an meinem Bart und einer der Golden Dawn Parlamentarier spuckte mir ins Gesicht. Ich schaffte es wegzulaufen und sie schrien mir nach, 'jetzt rennst du weg, du Tunte, du Arschfresser', und dann kommt dieser andere Golden Dawn Parlamentarier zu mir rüber und schlägt mir mit der Faust ins Gesicht. 'Heul doch, du kleines Mädchen,' sagte er, 'heul, du Tunte'. Ich stürzte auf den Bordstein und er trat nach mir. Meine Brille war weg. Ich rief 'Polizei, Polizei, Hilfe, sie schlagen mich zusammen,' und die Polizisten drehten mir den Rücken zu und taten, als ob sie nichts sähen. Als ich mich davonschleppte, warf einer von ihnen mir eine Kusshand hinterher."Manolis ergänzt, er habe zu große Angst, Anzeige gegen die Polizei zu erstatten; weil, so sagt er, einer der Schläger ein "stadtbekannter Golden Dawn Parlamentarier" sei. Angst sei es auch, die ihn veranlasst habe, sein Facebookprofil zu schließen.
"Ich wurde bedroht. Mein Leben wurde bedroht, meine Familie wurde bedroht, meine Eltern wurden bedroht, ich werde am Telefon bedroht. Vor 20 Jahren kam ich von Albanien nach Griechenland, und Albanien war das größte Horrorregime des gesamten Ostblocks, ein totalitäres Regime, aber noch nicht mal sie brachten es fertig, ein Theater zu schließen. Letzte Nacht schrien sie meinen Namen, 'du abgefuckter Albanier, komm raus und wir werden dich bei lebendigem Leib verbrennen. Wir werden dir den Kopf abschneiden. Wir werden dich in Stücke schneiden, du abgefuckter Albanier. Wir stecken dir einen Stock hinten rein, bis er zum Mund wieder rauskommt und hängen dich draußen vor dem Theater auf, damit die ganze Welt dich sehen kann.' Ja, ich fühle mich bedroht. Würden Sie sich nicht bedroht fühlen?"An diesem Abend (12. Oktober) kommt das Stück Corpus Christi vor vollbesetztem Haus zur Aufführung - zum ersten und zum letzten Mal. Wegen der fortgesetzten Drohungen seitens Golden Dawn fürchten die Darsteller um ihr Leben und ziehen es vor, aufzugeben. Würden Sie sich nicht bedroht fühlen?
"Ich denke, in diesem Land gibt es kein Gesetz mehr. Jeder hier hat entweder Angst vor Golden Dawn oder steckt mit ihnen unter einer Decke, und du kannst beide nicht auseinanderhalten."Würden Sie sich nicht bedroht fühlen, wenn Sie in einem europäischen Land leben, wo es 1938 eine Kristallnacht gab?
"Ich bin hierher gekommen, um die Situation vor Ort zu verstehen."Verständnis. Kommt immer gut.
"Enge Kontakte führen zu einem besseren Verständnis."Besseres Verständnis kommt noch besser.
"Was der Besuch für die Griechen bedeutet, weiß ich nicht."Wie sollte sie auch. Mit denen pflegt sie ja keine engen Kontakte.
"Griechenland ist in einer schwierigen Phase, sollte aber den Weg zu Ende gehen, den es begonnen hat..."Kommt gut zuhause. Erst Verständnis, dann Härte.
"...sonst wird alles noch viel härter werden..."Eben. Härte zeigen.
"...es geht um unsere Kinder und Enkelkinder."Kommt auch gut. Erst Härte, dann ein bisschen Wischi-Waschi-Wärme. Um wessen Kinder und Enkelkinder ging es gleich nochmal? Egal, die Merkelversteher zuhause werden schon verstehen, was mit "unsere" gemeint war. Muss man denen doch nicht extra erklären, dass einem die arbeitslosen griechischen Kinder und Enkelkinder (knapp 55 Prozent) sonstwo vorbeigehen.
"Sie hat Respekt bekundet für die Opfer, die wir bringen."Respekt. Das Zauberwort schlechthin. Kommt gleich nach Verständnis. Kommt gut, kostet nix. Zwischen Respekt bekunden und Respekt haben liegen Welten, ist aber eh wurscht, so genau nimmt es der Merkelversteher zuhause nicht.
"Mit ihrem Besuch hat sie ihr Image in der internationalen Presse verbessert." (Samaras)Genau, ums Image. Hätten wir fast vergessen, vor lauter Respekt und Verständnis und Opfer und Härte. Wie, Merkel hat ein Imageproblem? Bei wem? Mit Sicherheit bei den Griechen. Muss man aber verstehen. Weil, ohne Imageproblem bei den Griechen hätte die Eiserne mit dem blutenden Herzen ein Imageproblem bei sich zuhause, bei den Merkelverstehern. Aber jetzt, wo die Griechen wie auf Knopfdruck reagiert haben und die zuhause alle sehen können, dass die da unten im Süden nicht nur faul, sondern obendrein undankbar und unverschämt sind, läuft alles wie am Schnürchen.
Samaras warnte, die explodierende Arbeitslosigkeit und politische Unruhen riskierten genau jenen Aufruhr, der die Weimarer Republik in Deutschland nach dem ersten Weltkrieg ausgehöhlt und den Nazis den Weg geebnet hatte.Och nö, lieber nicht. So sehr blutet das solidarisch pochende Kanzlerinnenherz dann doch nicht, und das mit der ungebührlichen deutschen Vergangenheit, och nö, warum sollte das ausgerechnet von einer deutschen Politikerin ausgerechnet in Griechenland aufs Tapet gebracht werden? Gut, die jüngsten rowdyhaften Auftritte von Golden-Dawn-Abgeordneten im griechischen Parlament erinnerten schon etwas ungut an ähnliche Szenen, wo Nazi-Vertreter zwischen 1929 und 1932 im Deutschen Reichstag randaliert hatten, aber bitte, wie lange sollen die ollen Kamellen denn noch aufgewärmt werden? Könnte ja ein paar alte Wunden aufreißen und eventuell ungemütlich werden, och nö, lieber nicht.
Die Weltwirtschaft wird mindestens zehn Jahre brauchen, um aus der Finanzkrise herauszukommen, die 2008 begann, sagte der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds Olivier Blanchard.Begründungen, Argumente, Zahlen, Fakten? Fehlanzeige. Die magische Zeitangabe von insgesamt zehn - also jetzt noch sechs - Jahren muss genügen. So lange müsst ihr euch halt irgendwie zur Decke strecken, Leute, und dann wird das schon wieder, versprochen, wir haben nämlich eben mal in unsere Kristallkugel geguckt. Wir, das sind jene global tätigen, von niemandem gewählten, niemandem Rechenschaft schuldigen internationalen Kredithaie, die wir uns fürstlich von Kahlfraß ernährt haben, und weil wir jetzt so richtig auf den Geschmack gekommen sind, fressen wir noch ein paar Jährchen weiter, bis das Maß oder halt die Dekade voll ist. Das Ganze nennen wir dann "Erholung" und beten euch bereits heute vor, don't you worry,
"Noch ist es kein verlorenes Jahrzehnt."Mit Sicherheit nicht, denn im Laufe von sechs weiteren Krisenjahren kann noch vieles zerstört und und die Krise satt ausgebeutet werden, können Regierungen in den Würgegriff genommen, Bahn- und Stromnetze privatisiert, Inseln gekauft, Gesundheitssysteme ruiniert und gewerkschaftlich erkämpfte Arbeiterrechte in die Knie gezwungen werden.
"Es muss Solidarität geben. Und ich denke, es gibt sie."Solidarität! Ein schönes Wort, kommt immer gut und geht zu Herzen. Gemeint ist natürlich die Solidarität der Plünderer, Kaputtsparer und Profiteure, die Solidarität der international vernetzten Büro- und Technokraten, damit sind sie bis jetzt gut gefahren, warum also nicht weiter so? Immer schön zusammenhalten, dann haben wir in sechs Jahren den Sack zugebunden und ihr sitzt sowieso alle im gleichen Boot.