Sozialdemokraten schmücken sich ja gern mit der Farbe Rot. Obwohl sie es im wirklichen Leben nicht so haben mit der Farbe Rot. Im Gegenteil. Zum Beispiel wenn sie hanebüchenes wahlkämpferisches Wortgeklapper absondern, ohne dabei schamrot zu werden.
Zum Beispiel der griechische Sozialdemokrat Venizelos von der PASOK Partei. Ohne rot zu werden, warnte er heute seine Landsleute eindringlich davor, dem "marschierenden Stechschritt der extremen Rechten" den Zugang zum Parlament zu ebnen bei den Wahlen am kommenden Wochenende. Insbesondere warnte er vor einem Wahlerfolg der rechtsextremistischen Partei Golden Dawn (Goldene Morgendämmerung):
"Golden Dawn ist ein extremes Phänomen, ich glaube, sie sind ein Beispiel für Faschismus, und wir lehnen sie radikal ab. Sie sind eine Beleidigung gegenüber unserer Geschichte und dem Parlament," erklärte er gegenüber Reuters und legte nahe, Griechenland könne womöglich seine eigene Version von Deutschlands "Weimar"-Jahren erleben, die zu einem Aufstieg der Nazi-Partei und Adolf Hitler führte.
Da hat er natürlich recht. Einerseits. Denn nicht nur tritt Golden Dawn an unter einer Flagge mit einem dem Hakenkreuz nachempfundenen Symbol, vielmehr hat die Partei es maßgeblich abgesehen auf Immigranten, die sie, ohne groß zu fackeln, am liebsten (unter Umständen auch mit Fackeln) aus dem Land rauswerfen möchte. Weshalb der Sozialdemokrat Venizelos fortfuhr:
Wir werden nicht zulassen, dass Neo-Nazis mit Stechschritt und Hitlergruß ins Parlament marschieren.
Das ist natürlich ehrenhaft für einen Sozialdemokraten. Einerseits.
Andererseits hätte ihm eine sattes schamhaftes Erröten gut zu Gesicht gestanden: Die sozialdemokratische Partei PASOK ist nämlich dermaßen alarmiert vom Aufstieg der extremen Rechten, dass eben sie, die PASOK Partei, in den letzten Wochen Tausende illegaler Immigranten in Athens Innenstadt wie Vieh zusammengetrieben und über 30 Internierungslager zu deren Unterbringung errichtet hat. Parteigenosse Chrysochoidis bezeichnet diese Lager in unverhohlen rechtspropagandistischer Manier nicht als das, was sie sind, sondern als "Geschlossene Zentren für Gastfreundschaft". Und keinem dieser sauberen, säuberungsfanatischen Genossen treibt es die Schamröte ins Gesicht.
Redner Venizelos richtete dann - unter Beibehaltung seiner neutralen Gesichtsfarbe - noch einen dringenden Appell an die Europäische Union, sich des Problems der morgendämmernden extremen Rechten anzunehmen, indem er anmerkte, der jüngste Wahlerfolg der französischen rechtsextremen Front-National-Führerin Marine Le Pen (rund ein Fünftel aller Stimmen) sei bedenklich, weil er "ein Beweis für den Rechtsruck" in Europa sei.
Ja, das ist bedenklich, noch bedenklicher ist allerdings, dass Sozialdemokraten das Erröten verlernt haben, wenn sie selbst sich ungeniert in die rechtsextreme Kurve legen, um den noch Rechtsextremeren Wählerstimmen abzujagen.
Scheint überhaupt ein neuer europäischer Politikersport zu sein, dieses Fischen in trüben rechtsextremen Gewässern. Bei open euro blog gibt es heute ein heiteres Ratespiel "Wer hat was gesagt?"
Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Disziplin für Grenzkontrollen. ... Wir wollen kein Europa mehr, das durchlässig ist wie ein Sieb. Ein Europa, das den Immigrantenfluss nicht kontrolliert, ist am Ende. ... Ohne Grenzen gibt es keine Nation, keinen Staat, keine Republik, keine Zivilisation.
Na, wer war's? Der holländische Rechtsaußen Wilders? Ein Hardliner von der italienischen Liga Nord? Die markige Le Pen vom französischen Front National? Alles falsch. Die verzweifelt wahlkämpfenden Kopisten sind mittlerweile mit rechten Parolen fast besser aufgestellt als die Originale. Rätsels Lösung: Es war der Franzose Nicolas Sarkozy, dem derzeit die Felle davonschwimmen. Zwar kein Sozialdemokrat. Aber rot werden tut er trotzdem nicht.
"Stichwahl"
via anticap
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