Mittwoch, 31. Juli 2013

Hartz V für alle


Es ist still geworden um P. Hartz. In Deutschland hat sich der Erfinder der Hartz-Reformen rar gemacht; jahrelang gab er kein Interview. Doch nun bricht der Erfinder von Hartz IV sein Schweigen - und spricht zu den Franzosen.
In wohlmeinender Absicht.
Er wolle Präsident Hollande keine Lektionen erteilen.
Nur ein bisschen nachhelfen.
Jedes Land müsse sich selbst reformieren.
Schließlich sei Deutschland kein Export-Modell, und Hartz IV sei nun mal Hartz IV, das mache den Deutschen so schnell keiner nach, und wenn überhaupt, dann habe Europa, allen voran Frankreich, etwas Besseres, ähm, Neueres, ähm, Deutscheres, ähm, also, einfach was ganz anderes verdient:
... skizziert er ein Hartz V-Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa.
Es geht voran. Deutschland geht voraus. 
Die jugendlichen Arbeitslosen sollen Sprachkurse erhalten, damit sie Jobs in einem anderen EU-Land (vermutlich Deutschland) annehmen können.
Deutschland, der kommende Export-Import-Weltmeister, möchte schließlich auch was abhaben vom großen europäischen Kuchen Jugendarbeitslosigkeit. Kommet her, ihr Jungverzweifelten, wie bieten euch eine Perspektive.
Doch die "Europatriatres", wie sie Hartz nennt, sollen nicht etwa selbst frei wählen.
Freizügigkeit? Als Perspektive? Für wen?
Vielmehr sollen die Unternehmen sich die benötigten Jugendlichen aussuchen - auf Grundlage einer gigantischen Datenbank, die "Big Data" auswertet.
Na endlich wird die ganze Ausspionier-Obsession einem guten Zweck zugeführt. Jetzt muss nur noch die Finanzierungsfrage geklärt werden.
Finanziert werden soll das gigantische Programm durch neue "Bildungs-Zertifikate" -
- gigantische Idee. Wer gibt die neuen Wertpapiere aus? Kann man überhaupt so dumm fragen?
- die die Banken ausgeben und die Staaten garantieren sollen.
Ah ja, natürlich, die Banken und Staaten. Alles unter einem Dach. Das hat Zukunft, das wird sich rechnen.
Nach einer Weile könnte sich daraus ein neuer Markt entwickeln, so Hartz.
Ein gigantischer neuer Markt für arbeitslose europäische Jugendliche.

Hartz V für alle.
Jobs für jeden.
Wir erschließen neue Märkte.
Krise als Chance.
Deutschland über alles.

Verarscht euch doch selber.

11 Kommentare:

  1. Lach. Gut geschrieben.
    Du hast ja recht - wir sind von Idioten umzingelt.

    Wie lange kann ich das noch aushalten?

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  2. ....solche Typen gehören schon lange einfach nur kaputtgeschlagen....

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  3. Derzeit wird Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen meist moralisierend sowie deskriptiv und a-theoretisch vorgetragen. Betroffenheits- und Empörungsdiskurse dominieren die Kommunikation im Internet. Ein soziologisches Verständnis für die herrschende gesellschaftliche Rationalität fehlt.

    So auch hier im Falle des „HartzV-Programms“.
    Was sich in diesem Programm manifestiert, sind die Gesetze der Marktwirtschaft - nichts anderes.
    Marktwirtschaft kann gar nicht anders funktionieren. Und die Politik kann nichts anderes tun, als das Funktionieren der Marktwirtschaft aufrechtzuerhalten. Das ist der berühmte Sachzwang, der vom marktwirtschaftlichen System vorgegeben wird.

    Um an den vorigen Kommentar anzuknüpfen: Tatsächlich ist man von „Marktidioten“ umgeben, die glauben, es könne beim heutigen Stand der Entwicklung von Produktionsverhältnissen und Produktivkräften von der Politik eine Rückkehr zu einer „sozialen Marktwirtschaft“ früherer Zeiten realisiert werden.

    Die Idiotie liegt im Glauben, unter marktwirtschaftlichen Bedingungen könne beim heutigen Stand des wissenschaftlich-technischen Fortschritts von der Politik - wenn sie nur wollte - „Wohlstand für alle“ bzw. „Arbeitsplätze für alle“ geschaffen werden. Dieser Glaube an politische Machbarkeit einer „sozialen Marktwirtschaft“ wird nicht nur von den „Rechten“, sondern auch von den etablierten „Linken“ gefördert.

    Der systemische Grund für die massenhafte Arbeitslosigkeit in Europa ist der Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen. Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen kann ein großer Teil des in Europa vorhandenen Arbeitskraftpotentials nicht mehr profitabel verwertet werden. Diese Menschen sind aus marktwirtschaftlicher Sicht nicht nur überflüssig, sondern belasten zudem das System als Kostenfaktor.

    Logischerweise wird die weitere „Modernisierung“ zum Zwecke der Aufrechterhaltung des marktwirtschaftlichen Systems den Sozialstaat weiter abbauen MÜSSEN, und zwar über die gegenwärtige "NEUE SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT" hinaus in Richtung eines Malthusianismus.

    Malthus, anglikanischer Pfarrer und später Professor für Geschichte und politische Ökonomie, sah die herrschende Ökonomie als gottgegebene, natürlich Ordnung an:
    „Ein Mensch, sagte er, der in einer schon occupirten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgend einen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde. Bei dem großen Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt. Die Natur gebietet ihm abzutreten , und sie säumt nicht, selbst diesen Befehl zur Ausführung zu bringen.“ (Wikipedia)

    It´s the system, stupid.

    Grüße
    HAM

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    1. @HAM

      Ich bin an Ihren strohtrockenen, humorlosen soziologischen Systembetrachtungen nicht interessiert. Schon deshalb nicht, weil diese Betrachtungen notorisch in einem dozierenden Duktus daherkommen, den ich als zwanghaft empfinde und der mich langweilt. Ich entsinne mich dunkel, bereits in früheren Zeiten auf meinem Blog mit Ihnen das Vergnügen gehabt zu haben und kann Ihnen versichern, es war mir kein Vergnügen. Aus genannten Gründen.

      Es hatte sich kein einziges Mal etwas entwickelt, was auch nur entfernt an einen Dialog erinnert; egal, was ich oder andere Kommentatoren Ihnen antworteten - Sie blieben stur am Dozieren, klaubten sich allenfalls Triggerbegriffe aus den jeweiligen Kontext heraus, um sich - unermüdlich weiterdozierend - daran abzuarbeiten.

      Ob das Niveau, auf dem ich in meinem Blog schreibe, von Ihnen oder irgendjemandem für soziologisch adäquat gehalten wird, kümmert mich wenig, denn ich betreibe dieses Blog aus allen möglichen Gründen, nur nicht dem einen, nämlich um mich als Soziologin zu produzieren.

      Ich empfand bereits damals Ihren (sich als Kommentar tarnenden) belehrenden Vortragsstil als ermüdend, habe deshalb das Antworten eingestellt und werde dies auch künftig so halten. Selbstverständlich bleibt es Ihnen unbenommen, dieses Blog weiterhin als Plattform zu benutzen, um mit Ihrem soziologischen Zeigefinger zu wackeln.

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    2. @ Mrs. Mop

      Im Vergleich zur affektgeladenen, oberflächlichen und unterhaltsamen Kommunikation mag die distanzierte und reflexive wissenschaftliche Betrachtungsweise als strohtrocken und humorlos erscheinen.

      Wissenschaftliche Erkenntnis systemischer Gesetzmäßigkeiten ist jedoch für das Gelingen einer individuellen und kollektiven Emanzipation notwendig und unverzichtbar.

      Unterhaltsames Infotainment und Empörungsdiskurse mögen zwar das Leben unter Lohnarbeiter- und Prekariatsbedingungen subjektiv erleichtern, ein Mittel der Emanzipation von diesen Bedingungen sind sie sicherlich nicht - im Gegenteil.

      HAM

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    3. Was ich persönlich an soziologischen Betrachtungen zu kritisieren hätte ist, dass diese über eine Analyse des jeweils vorfindbaren gesellschaftlichem Niveaus nicht hinausspringen will, ihre eigenes Verharren oder die eigene Beschränkheit nicht bei sich selbst erkennen will, aber anderen gerne zum Vorwurf macht.

      Nun muss ich aber zugeben, dass es sich bei HAM um eine radikale Kritik an den kap. Verhältnissen handelt und, wenn ich ihn richtig verstanden habe,so sein Ansatz, "linke Kritik" gerne auf der Erscheinungsebene verbleibt, sich an den Scheusslichkeiten dieser Welt ergebnislos abarbeitet.

      Diese Argumentation kann ich selbst ohne weitere Einschränkung nachvollziehen und auch als berechtigt anerkennen.

      "Nur" statt des "Aber"!

      Ich habe eine grosse Symphatie für gute Analysen. Nur! Haben diese einen Mehrwert gegenüber dem, was als Vorwurf daherkommt, als oberflächlich, affektgeladen? Unterhaltung hat auch seinen Wert.

      Wenn Beides nicht dazu führt,dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern lassen, dann verbleiben wir eben bei Null.

      Allemal gibt es einen Sinn, den Sinn der Selbstverständigung untereinander. Dafür hat die Bourgeoisie ihre FAZ und wir die Blogs.

      Gruss Troptard.

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  4. @Troptard

    Bekanntlich bestimmt das gesellschaftliche Sein das Bewusstsein.

    Die Perspektive einer betroffenen PrekarierIn ist eine andere als die eines Sozialwissenschaftlers, der sich die gesellschaftlichen Verhältnisse von „oben“ anschauen kann.

    So wie Patienten subjektive Krankheitstheorien entwickeln, die sie zum Opfer von Scharlatanen und Esoterikern werden lässt, so finden sich in den untern Klassen subjektive Theorien von Gesellschaft, mit denen sie sich zum Opfer politischer Rattenfängerei machen. Der eine fängt die Stimmen mit „Yes – we can“, linke PopulistInnen machen es heute mit der Erweckung falscher Hoffnungen, dass – wenn man sie wählt – durch ihre Politik eine Rückkehr zur „sozialen Marktwirtschaft“ möglich wird.

    Selbstverständlich sind derartige Hoffnungen irrational und ein Ausdruck des Verschwindens von rationaler Urteilskraft.

    Egal ob rechte oder linke Parteipolitiker, nahezu alle haben zum Ziel, selbst möglichst weit nach oben zu gelangen, gerade auch jene, die von unten kommen.

    Peter Hartz, Sohn eines Hüttenarbeiters, ist einer, der von ganz unten kommt. Ihm gelang der Aufstieg mittels einer Gewerkschaftskarriere, wo er zum Arbeitsdirektor und so zum Teil der Managerschicht wurde. Er erhielt in den Unternehmen ein Spitzeneinkommen, von Wissenschaft und Politik bekam er höchste Ehrungen. Von der Universität Trier erhielt Hartz 1994 die Ehrendoktorwürde. 2004 wurde ihm vom saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller der Titel Professor h.c. verliehen.
    2002 wurde Peter Hartz mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet.

    Ein Bilderbuchaufstieg eines Gewerkschafters, welcher das „Eherne Gesetz der Oligarchie“ (1911) des Soziologen Robert Michels bestätigt.

    So eine Karriere ist der Traum eines jeden aufstiegsorientierten Gewerkschaftsfunktionärs. Und so finden sich tausende Beispiele vom Aufstieg eines Lohnarbeiters zum „Arbeitsdirektor“ und Manager. Es ist ja Sinn und Zweck der „Mitbestimmung“, dass die Lohnarbeiter die markt- und betriebswirtschaftliche Profitlogik im vermeintlichen oder tatsächlichen Eigeninteresse übernehmen.

    Der ältere Bruder Kurt Hartz war Bevollmächtigter der IG Metall in Völklingen und 1980-1999 SPD-Landtagsabgeordneter. Auch er machte seinen Aufstieg in und über die Organisationen der Arbeiterklasse.

    Lohnarbeiter und Prekarisierte empören sich über derartige Karrieren, für einen Soziologen ist es nichts anders als Teil der gesellschaftlichen Normalität. Viele erfolgreiche Politiker im linken Spektrum kommen von „ganz unten“. Angefangen von Ebert, Noske hin zu Schröder, Fischer, Scharping …

    Lohnarbeiter und Prekarisierte sind dann ganz enttäuscht, wenn die von ihnen gewählten Figuren nicht ihre, sondern die eigenen Interessen vertreten. Statt die die soziologischen Gesetzmäßigkeiten zu begreifen (cf. R. Michels), projizieren sie dann ihre Hoffnungen auf andere linke Figuren, wie Lafontaine oder Wagenknecht.

    Wer an der Transformation der Gesellschaft ernsthaft interessiert ist, sollte seine Energie nicht damit verschwenden, sich über Figuren wie Peter Hartz aufzuregen, die als „Personifikationen von Kapitalverhältnissen“ nichts weiter als Ausdruck gesellschaftlicher Normalität sind, sondern sich mit kritischer Soziologie befassen, um überhaupt begreifen zu können, wie dieses Gesellschaftssystem funktioniert.

    Infotainment – gerade weil es psychischen Bedürfnissen entspricht – verwandelt die Betrachtung der Gesellschaft in emotionalisierte, oberflächliche Unterhaltung.
    Damit wird das Vermögen zu rationaler Analyse und Urteilsbildung – wie Neil Postman in seinem Buch „Wir amüsieren uns zu Tode“ ausführte - zerstört.
    Das gilt auch für linkes Infotainment und linkes Kabarett.

    Gruss
    HAM

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  5. P.S.

    Gestern war bei „Burks' Blog“ in der Rubrik „Zitate, die man sich merken sollte“ unter der Überschrift „Im Fieberwahn“ lesen:

    “Gerade das wiederholte Auftreten von Krisen in regelmäßigen Abständen trotz aller Warnungen der Vergangenheit schließt indessen die Vorstellung aus, ihre letzten Gründe in der Rücksichtslosigkeit einzelner zu suchen. Wenn die Spekulation gegen Ende einer bestimmten Handelsperiode als unmittelbarer Vorläufer des Zusammenbruchs auftritt, sollte man nicht vergessen, daß die Spekulation selbst in den vorausgehenden Phasen der Periode erzeugt worden ist und daher selbst ein Resultat und eine Erscheinung und nicht den letzten Grund und das Wesen darstellt. Die politischen Ökonomen, die vorgeben, die regelmäßigen Zuckungen von Industrie und Handel durch die Spekulation zu erklären, ähneln der jetzt ausgestorbenen Schule von Naturphilosophen, die das Fieber als den wahren Grund aller Krankheiten ansahen.”
    (Karl Marx über die Wahnideen der “Volks”wirtschaftler” und der SPD.)


    Dieses Zitat stammt aus dem Jahre 1857.

    HAM

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    1. Ich kenne dieses Zitat sehr gut, vermute aber, dass es bei den Linken, die sich davon angesprochen fühlen müssten, wenig Eindruck hinterlassen wird.

      Gruss Troptard.

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    2. @ Troptard

      Sehe ich auch so. Die sog. Linken sind heute gespalten in eine realitätsflüchtige Mehrheit und in eine sehr kleine realitätstüchtige Minderheit.

      Die Mehrheit der Bevölkerung kann ihren Alltag in den spätkapitalistischen Dekadenzgesellschaften nur noch mit Infotainment, Alkohol, Drogen etc. aushalten. Das ist bei den Linken nicht anders. Insofern stehe ich dem linkem Infotainment mit Gelassenheit gegenüber. Wer sich mit der psychosozialen Funktion von linken Blogs kritisch beschäftigen will, findet eine differenzierte Diskussion bei http://le-bohemien.net/2013/03/01/weltrevolution-in-der-szenekneipe/.

      Mir macht der Gedanke keine Angst, dass der „Zug nicht mehr aufzuhalten ist" und diese Gesellschaft „gegen die Wand fahren wird“. Das ist ein notwendiges Durchgangsstadium. So wie ein Suchtkranker erst nach einem völligen psychophysischen Zusammenbruch bereit ist, sein Leben zu verändern. Das sind die Gesetze des Lebens, als Arzt und Psychotherapeut habe ich dies x-mal erlebt.

      Kann man einen Süchtigen mit rationaler Argumentation überzeugen? Niemals.
      Der Süchtige bracht das Dope, um sich besser zu fühlen.

      Aus soziologischer Perspektive ist der Rationalitätsverlust der spätkapitalistischen Gesellschaften keineswegs etwas Überraschendes.

      Ich denke, dass wir noch 5-10 quälende Jahre erleben werden, aber bereits heute ist das Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Wir befinden uns inmitten einer welthistorischen Umbruchphase.

      Grüsse
      HAM

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  6. @M.Brand

    Der Ausdruck „depressiver Fatalismus“ charakterisiert sehr gut einen Aspekt des psychischen Zustands der Bevölkerung wie auch der Mehrheit der Linken. Zur Depression gehören Resignation und Regression, der Fatalismus ist Ausdruck des Unvermögens, die Zukunft des Gemeinwesens (mit)zugestalten. Er war und ist die Philosophie der beherrschten Klassen.

    Im Zentrum des zivilisatorischen Niedergangs in den spätkapitalistischen Gesellschaften steht jedoch der allgemeine Rationalitätsverlust, die Individuen sind – mit Ausnahme kleiner Minderheiten - nicht (mehr) in der Lage, gesellschaftliche Prozesse rational zu erfassen, geschweige denn, zu gestalten.

    Die Individuen erkennen keine logischen Widersprüche, z. B. wenn behauptet wird, man müsse die Renten kürzen, um diese sicherer zu machen. Eine sichere Rente wäre jedoch logischerweise eine, die KEINE Kürzungen erfährt.

    Der Satz: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“ müsste doch jedem denkfähigen Menschen sofort als Idiotie auffallen.

    Auch das linke Bewusstsein steckt voller Schizophrenie und Idiotien. Jedem müsste doch eigentlich klar sein, dass Kapitalismus nichts anderes ist als entwickelte Marktwirtschaft. Dennoch gibt es nicht wenige Linke, welche „Marktwirtschaft statt Kapitalismus“ fordern. Und die meisten können sich eine arbeitsteilige Gesellschaft ohne Marktwirtschaft gar nicht konkret vorstellen.

    Weit verbreitet bei den Linken ist der Irrglaube, man könne den Kapitalismus zum Wohle aller steuern bzw. zügeln.

    Wäre es so, warum ist dies nicht geschehen und warum geschieht es heute nicht? Dass Obsolenzproduktion die Umwelt zerstört und gesamtwirtschaftlich Ressourcen, also Arbeitskraft, Energie und Rohstoffe, vergeudet und deshalb Irrsinn ist, war ein wichtiger Grund für die Forderung der 68-er Linken nach Systemveränderung.

    Was ist daraus geworden? Die Obsolenzproduktion hat zugenommen, so wie jede Scheiße im Kapitalismus, wenn diese nur Profit bringt. Zum Beispiel wurde ein hervorragendes Gesundheitssystem ruiniert, weil sich in der Pharmaindustrie und mit Krankenhäusern so gut Profit machen lässt.

    Die Kritik an den kapitalistischen Verhältnissen ist alt, zum Positiven hat sich in den letzten 40 Jahren nichts geändert, im Gegenteil. Die Lohnarbeiterklasse hat sich buchstäblich arm gearbeitet. Der Arbeitsstress nimmt zu, die Reallöhne und Renten nehmen ab.

    Trotzdem behaupten die Reformlinken, man könne den Kapitalismus steuern, wenn es die Politik nur wolle. Und auch der linke Mainstream glaubt es, obwohl es im vollständigen Widerspruch zur gesellschaftlichen Wirklichkeit steht.

    Die größte Idiotie auf Seiten der Linken ist, das Gewinnmotiv moralisch zu verurteilen. Denn niemand ist wirtschaftlich aktiv, sei es als Investor, als Unternehmer oder auch als Lohnarbeiter, wenn er dabei nicht einen wirtschaftlichen Vorteil erreicht. In einer Marktwirtschaft ist die Gewinnmöglichkeit die unverzichtbare Grundlage des Systems, ohne Gewinnerwartung gibt es keine Wirtschaftsaktivität. Alles unterliegt dem Gesetz von G --> W --> G´, alles muss zur gewinnbringenden Ware gemacht werden, damit es überhaupt im Wirtschaftskreislauf bleibt. Wenn der Lohnarbeiter nicht gewinnbringend wirtschaftlich eingesetzt werden kann, dann wird er nicht eingestellt bzw. entlassen.

    Wer wie die Reformlinken propagiert, dass höhere Löhne ein wirtschaftliches Heilmittel seien, um wohlstandsförderndes Wirtschaftswachstum zu erreichen, muss erklären, wie Lohnerhöhungen möglich werden sollen, ohne die Gewinne zu reduzieren. Das wird niemandem gelingen. Trotzdem glaubt man diesen linken Schwachsinn, der nichts weiter ist als politische Rattenfängerei.

    Der Rationalitätsverlust der spätkapitalistischen Gesellschaften führt dazu, dass man geradezu von Idioten umzingelt ist. Wobei hier Idiot im ursprünglichen (griechischen) Sinne zu verstehen ist, nämlich als unmündiger Bürger, der unfähig ist, als Subjekt das Gemeinwesen vernünftig mitzugestalten.

    Dieser Rationalitätsverlust ist m.E. für Menschen, die noch über Verstand und Humanismus verfügen, am schwersten zu ertragen.

    MfG
    HAM

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