Montag, 17. August 2009

Heißhunger


Es war sechs Uhr abends, es war heiß ohne Ende, ich war hungrig ohne Ende, aber mir fehlte der Appetit. Weil es mir einfach zu heiß war, um Lust auf etwas Gutes zu bekommen. Mir war zu heiß zum Essen, mir war zu heiß zum Kochen, weil, beim Kochen wird mir ja noch wärmer. Wollte ich überhaupt eine warme Mahlzeit? Mir war doch schon so warm.
Außerdem, was hätte ich schon groß kochen können; im Kühlschrank schaut es heute aus wie Karfreitag, und warum? Weil es mir zu heiß war zum Einkaufen. Es lagen noch ein paar sehr reife Fleischtomaten herum, Basilikum wächst auf dem Balkon, in der Kühlschranktür fand ich einen verwaisten Klotz Parmesankäse. Davon wird kein Mensch satt. Andererseits verspürte ich keinerlei Lust, mich an einen heißen Herd zu stellen, die Tomaten zu einer heißen Sauce für Pasta zu verarbeiten, um dann eine warme Mahlzeit zu mir zu nehmen. Schwierig alles. Ich hatte Hunger, aber keine Lust.
Mir war auch zu heiß, um weiter übers Essen nachzudenken. Also schnitt ich mir ein Stück von dem Parmesankäse ab, setzte mich an den Computer und durchstreifte käseknabbernd das Netz. Entdeckte zu meiner Freude ein (mir) neues Blog mit klugen, süffig geschriebenen Texten eines Selbstdenkers - mit dunklen Satirerändern unter den Fingernägeln. Ich las mich fest. Ich fraß mich fest. Vergaß meinen Hunger und las.
Doch dann kehrte bracchial der Hunger zurück, diesmal in schöner Eintracht mit einem gewaltigen Appetit. Als nächstes stieß ich nämlich auf ein geniales Rezept, bei ebendiesem Blogger. Debugger heißt er übrigens, was lustig klingt, so nach Kammerjäger. Das Kammerjägerblog ist kein Kochblog; soweit ich das überblicke, sind die Spaghetti Calatafimi sein einziges Kochrezept. Das aber hat es in sich.
Er hat es aus Sizilien geklaut und nennt es 'Sicilian Down Home Cooking'. Das Geniale daran: heiße Spaghetti mit kalter Sauce (Sugo). Kalter Sauce! Das war mein Einsatz. Ich las die Zutaten: Tomaten, Basilikum, Knoblauch, Olivenöl. Alles da. Alles fröhlich mit der Gabel zermatscht (kalt!), ohne mich zu verausgaben (heiß!), denn es sollen unbedingt kleine bissfeste Tomatenstückchen in der Sauce verbleiben. Die Zubereitung macht Spass. Die Nudeln kochen von allein. Keine Spaghetti im Haus, dafür Tagliatelle - auch gut.
Das eigentlich Geniale ist aber nicht die genial einfache Zubereitung, sondern das Geschmackserlebnis, wenn Heiß und Kalt in innige Verbindung treten: Der Autor nennt es 'eine wahre Geschmacksexplosion zwischen Zunge und Gaumen'; er übertreibt keineswegs.
Die heißen Nudeln und die kalte Sauce vermischen sich im Mund zu einer lauwarmen Melange aus äußerst direkten, fast rabiaten Geschmäckern, die echter und unverfälschter nicht mehr sein können.
Die Emphase des Autors ist unbedingt zu teilen. In meinen Worten: Die Calatafimi sind der glatte Wahnsinn. Lauwarm genossen an einem heißen Sommerabend. In großen Mengen. Schließlich hatte ich großen Hunger. Und noch größeren Appetit.

5 Kommentare:

  1. klingt super - ich sichte. film leider immer noch nicht geguckt, ich hatte gestern zu arbeiten ^^. tab ist aber noch offen ;).

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  2. Unbedingt mal ausprobieren! Haben Sie nicht eh so einen 'Schlag' mit Sizilien? Irgendwas war da doch, oder? Lohnt sich! :)

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  3. ja, die cousine meiner mutter hat in den 40ern dort hingeheiratet. :)

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  4. Wusste ich's doch ;). Bitte bringen Sie mir von Ihrem nächsten Sizilientrip Knoblauch aus Calatafimi mit. Der in Deutschland erhältliche ist irgendwie fad. Machen Sie das?

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  5. ich fahre am 30. - vielleicht nicht an calatafimi vorbei, aber sizilien generell läßt sich sicher einrichten! :)

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